Hamminkeln/Rees. 29 Punktmalerei-Werke von Geflüchteten aus der Reeser Flüchtlingseinrichtung sind jetzt in Ringenberg zu sehen. Was dies bei den Menschen bewirkt.

Etwas schüchtern steht Humam Falahi im Ofensaal von Schloss Ringenberg und schaut auf das Bild der Ägypterin mit Wasserkrug. Sie ist sein Beitrag zur Ausstellung „...weil jeder Punkt zählt“, in deren Rahmen 29 Punktmalerei-Werke von Geflüchteten aus der Reeser Flüchtlingseinrichtung ZUE gezeigt werden, die am Sonntagnachmittag eröffnet wurde.

Kunstschaffen gegen Stress und negative Gefühle

Sämtliche Bilder eint, dass sie von Männern und Frauen stammen, die zuvor noch nie etwas mit bildender Kunst zu tun gehabt haben. Humam Falahi ist aus dem Irak geflohen und dem 33-Jährigen ging es nicht gut. „Ich hatte negative Gefühle, ich stand sehr unter Stress“, erinnert er sich. Dann entschloss sich Falahi, am Punktmalerei-Kurs von Betreuer Carlo Barresi teilzunehmen. Zunächst lernte er die Technik: Er musste eine Leinwand grundieren, dann zeichnete er mit Bleistift die Umrisse der Frau mit dem Wasserkrug auf und schließlich setzte er mit Acrylfarbe, in die er Stöckchen verschiedener Größe tauchte, die vielen kleinen Punkte, die das Bild ergeben. Drei Tage lang hat er daran gearbeitet, und allein die Tatsache, etwas Sinnvolles zu tun, half ihm.

Der Ofensaal des Schlosses ist jetzt ein Ausstellungsraum.
Der Ofensaal des Schlosses ist jetzt ein Ausstellungsraum. © FFS | Arnulf Stoffel

Die Punktmalerei zwingt außerdem zur Konzentration, man denkt an nichts anderes und so besserte sich Humams Stimmung, sagt er. In Bagdad war er auch bereits kreativ tätig, als Musiker. Er spielte Trommel, in Restaurants vor allem. Am liebsten würde er das auch hier machen.

29 farbintensive Bilder im Ofensaal

Die Motive der 29 farbintensiven Bilder, die dem nüchternen Ofensaal fast etwas Heimeliges geben, stammen aus Zeitungen, aus dem Internet, aus Büchern, erklärt Carlo Barresi. Dann wird in der Gruppe darüber diskutiert, was jeder Einzelne malen könnte.

Auch Skulpturen werden gezeigt.
Auch Skulpturen werden gezeigt. © FFS | Arnulf Stoffel

Humam Falahi hat die Ägypterin gewählt, weil er bereits einmal in Ägypten war und ihm die Kultur besonders zusagt. Die Motive der Ausstellungsstücke könnten unterschiedlicher kaum sein: Es sind Gärten dabei, Blumenranken, Fantasie-Girlanden, Tiere und Porträts, darunter ein weibliches Gesicht, zu dem das Werk „Die goldenen Tränen“ von Gustav Klimt den Künstler animiert hat. Und wer Leinwand nicht mochte, verzierte einen Stuhl mit Girlanden aus Acryl-Punkten.

Malen wirkt wie eine Therapie

Carlo Barresi stammt aus Australien und hat dort die Punktmalerei der Aborigines gelernt, die er nun nach Rees gebracht hat. „Malt man mit einem Pinsel, ist ein Bild möglicherweise sehr schnell fertig“, sagt er, „Punktmalerei dagegen braucht ihre Zeit, da jeder Punkt einzeln aufgetragen werden muss. Das wirkt wie eine Therapie“, hat er festgestellt. Und auch Nina Lantzerath, bei der Reeser Flüchtlingseinrichtung für die Betreuung verantwortlich, hat gemerkt, dass sich die Menschen dabei entspannen: „Sie öffnen sich, beginnen zu erzählen. Und dann kann man ihnen vielleicht helfen“, sagt sie. Viele von ihnen hätten Schlimmes erlebt.

Die bunten Plastiken in der Mitte des Ofensaales – ein Fahrrad, Schiffe, Masken – stammen von geflüchteten Frauen aus der Unterkunft. Sie haben sie, man glaubt es kaum, aus Yton-Steinen hergestellt, die sie erst abgeschmirgelt und dann bemalt haben. Auch das dauert. Und lenkt von den Sorgen ab.