Schermbeck. In der jüngsten Ratssitzung löste ein Dringlichkeitsantrag der Grünen eine heftige Debatte aus – mit einer überraschenden Erkenntnis.

War der Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Haushaltsführung der Gemeinde Schermbeck wirklich notwendig, um die „finanzielle Notbremse“ zu ziehen und den Haushaltsausgleich 2023 zu erreichen – oder war es verzweifelter Aktionismus, vielleicht sogar blanker Populismus? Darüber stritten sich die Ratsmitglieder in der jüngsten Sitzung teils sehr emotional.

„Die Zeit läuft uns davon“, begründete Grünen-Fraktionsvorsitzende Ulrike Trick ihren Antrag, alle freiwilligen Leistungen, die noch nicht begonnen oder noch nicht beauftragt sind, noch mal vom Rat hinterfragen zu lassen. Dieser solle dazu von seinem Rückholrecht Gebrauch machen. Sie begründete dies unter anderem damit, dass im laufenden Jahr rechnerisch rund vier Millionen Euro fehlen würden.

Vorwurf an Klaus Roth: „Böswillige Unterstellung“

Unter anderem wunderte sich zunächst Bürgermeister Mike Rexforth über das Vorgehen der Grünen: „Ich hatte gedacht, dass wir uns im interfraktionellen Gespräch genau darauf verständigt haben.“ Besonders scharf ging Klaus Roth (BfB) mit den Grünen ins Gericht: Er behauptete, die Grünen hatten damit unerlaubterweise Informationen aus dem interfraktionellen Gespräch vom 15. September öffentlich gemacht. „Das ist eine böswillige Unterstellung, es handelt sich um ganz offensichtliche Sachen. Wir hatten schon auf ein bisschen mehr Gemeinsamkeit gehofft und mir gewünscht, dass wir uns zusammen angucken, was wir streichen könnten“, konterte Grünen-Ratsherr Jürgen Trick.

BfB-Vorsitzender Klaus Roth war mit dem Vorgehen der Grünen nicht einverstanden.
BfB-Vorsitzender Klaus Roth war mit dem Vorgehen der Grünen nicht einverstanden. © FFS | Judith Michaelis

Auch Manuel Schmidt (Die Partei) gefiel das Vorgehen der Grünen ganz und gar nicht: „Das ist Effekthascherei par excellence. Im Grunde ist dieser Antrag Unsinn!“ Auch CDU-Fraktionschef Rainer Gardemann, der zugleich Kreistagsmitglied ist, schaltete sich in die Diskussion ein und nahm die Politik und Verwaltung in Schutz: Schermbeck habe schon lange einen sorgfältigen Blick auf die Finanzen, ganz im Gegensatz zu anderen Nachbarkommunen: „Kreisweit ist das noch nicht bei allen so angekommen.“

Diskussion um den Ehrenamtspreis

Hubert Große-Ruiken (CDU), der langjährige Kämmerer der Stadt Dorsten, urteile so: „Das sind Dinge, die gehören in die Haushaltsberatungen.“ Über den Vorschlag der Grünen, den Ehrenamtspreis in Frage zu stellen, echauffierte er sich jedoch besonders: „Wenn Sie den streichen, machen wir uns alles kaputt: Gerade in der jetzigen Zeit müssen wir doch das Ehrenamt stärken.“ Konkret sagte er in Richtung Ulrike Trick zu dem Vorschlag alle freiwilligen Leistungen zu streichen: „So degradieren Sie das Leben in Schermbeck auf wohnen, schlafen und arbeiten!“ Das sei ja kein Leben mehr!

Am Ende der langen Diskussion äußerte Timo Gätzschmann (Die Partei) wohltuend unaufgeregt eine überraschende Erkenntnis, der alle zustimmen konnten: „Es bringt doch nichts, jetzt in Aktionismus zu verfallen: Im Grunde sind wir uns doch alle einig, dass wir sparen müssen.“

Mit Gegenstimmen der vier Grünen-Ratsmitgliedern bei einer Enthaltung von Thomas Heiske (Zukunft Schernbeck) wurde der Dringlichkeitsantrag der Grünen abgelehnt.

Zu Beginn der Ratssitzung hatte Kämmerer Alexander Thomann den aktuellen Kassenstand der Gemeinde mitgeteilt – die liquiden Mittel betragen 6,9 Millionen Euro.