Wesel. Rentner Walter Testrut spielt aus Solidarität jeden Abend um 18 Uhr die ukrainische Nationalhymne in Wesel-Feldmark. Zuhörer spenden Applaus.

Wer in den frühen Abendstunden schonmal durch die Jülicher Straße in Wesel geschlendert ist, hatte vielleicht Glück und konnte den Klavierklängen von Walter Testrut lauschen. Schon seit Kriegsbeginn im Februar spielt der Hobbymusiker aus der Feldmark jeden Abend gegen 18 Uhr die ukrainische Nationalhymne auf seinem Keyboard. Mit dieser berührenden Aktion möchte er ein ganz wichtiges Zeichen setzten: „Wir vergessen die Ukraine nicht!“

Aktion in Wesel: Gemeinsam für die Ukraine

Inspiriert wurde Testrut damals durch die Sozialen Medien. Denn mit seinem neuen Hobby ist er nicht alleine. Viele Leute in NRW haben sich mit der Ukraine solidarisch erklärt und spielen seitdem täglich die Hymne. Doch nicht jeder spielt sie auf dem E-Piano wie der 76-Jährige. Zudem präsentiert er die Melodie immer in einer anderen Klangfarbe und sorgt damit für Abwechslung. Mal spielt er eine sakrale Version und ein anderes Mal spielt er die Hymne in Slow Beat.

Die Noten für die ukrainische Nationalhymne stehen auf Walters Keyboard. So oft wie er die Hymne schon gespielt hat, kennt er sie wahrscheinlich schon auswendig.
Die Noten für die ukrainische Nationalhymne stehen auf Walters Keyboard. So oft wie er die Hymne schon gespielt hat, kennt er sie wahrscheinlich schon auswendig. © FFS | Lars Fröhlich

Seine Nachbarn fühlen sich durch das tägliche Klavierstück nicht gestört. Im Gegenteil: Manchmal applaudieren sie sogar für ihn. Negative Reaktionen gab es bis jetzt noch nie. Testrut, der außerdem im Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde tätig ist, bleibt eine Reaktion ganz besonders in Erinnerung: Einmal bemerkte er von seinem Fenster aus eine Mutter mit zwei kleinen Kindern, vermutlich Ukrainer. Alle drei winkten ihm begeistert zu, nachdem er die Hymne gespielt hatte.

Musik ist seine Leidenschaft

Klavierspielen hat dem Rentner schon immer Freude bereitet. „Ich habe im Alter von sechs Jahren mit Klavierunterricht angefangen“, erzählt er stolz. 1963 gründete er dann seine erste Band in Wesel namens „Tale Stars“. „Damals haben wir jeden Sonntag in der Niederrheinhalle gespielt. Die ganze Jugend von Wesel war da.“ Als er pensioniert wurde, kaufte er sich dann das E-Piano. Wenn er mal nicht die ukrainische Nationalhymne spielt, widmet er sich gerne der klassischen Musik. Aber auch die moderne und lateinamerikanische Musik gefallen ihm sehr gut.