Wesel/Hamminkeln/Schermbeck. In Wesel hat die Zahl der Schottergärten zugenommen. Warum auch Hamminkeln und Schermbeck nicht gegen alle Steinwüsten vorgehen können.

Das Thema Schottergärten ist schon seit Jahren in der Diskussion, nun hat Landesbauministerin Ina Scharrenbach die „Gärten des Grauens“ wieder ins Visier genommen und für den Herbst Verschärfungen im NRW-Bauordnungsrecht angekündigt. Dabei sollen auch rechtliche Verfügungen zur Begrünung von Schotterwüsten in den Blick genommen werden, heißt es. Die Kommunen haben das Thema zwar längst auf dem Schirm, können aber derzeit nicht ausreichend gegen die grauen Vorgärten vorgehen.

Zwar gibt in der Landesbauordnung den Paragraf 8, der vorschreibt, dass unbebaute Flächen wasserdurchlässig und begrünt oder bepflanzt sein müssen. In der Praxis sei die Abwägung jedoch schwierig, sagt Klemens Bienen, zuständiger Fachdienstleiter der Stadt Hamminkeln.

So geht Hamminkeln mit Schottergärten um

Ab wann gilt eine Fläche als begrünt? „Wenn es da eine klare Regel gäbe, das wäre schön.“ Hamminkeln setzt auf derzeit Aufklärung und Appelle. „Wir weisen in jeder Baugenehmigung auf den Paragrafen hin und legen einen Flyer bei“, berichtet Bienen. Die Umsetzung anschließend zu kontrollieren, sei allerdings kaum zu leisten. „Wenn wir die Bauabnahme machen, sind die Vorgärten noch nicht fertig.“

Gezielt Mitarbeiter zu späteren Kontrollen losschicken könne die Stadt nicht – außerdem bekomme die Kommune selten mit, wenn Häuslebesitzer ihren grünen Vorgarten in eine Schotterfläche verwandeln. Dabei sind die Steinwüsten oft gar nicht so pflegeleicht wie mancher Bürger meint, weiß Bienen. Unkraut sucht sich seinen Weg, auch Algen und Moose lassen sich von Steinen nicht aufhalten. Bisher habe die Stadt aber noch keinen Hausbesitzer aufgefordert, den grauen Vorgarten zu bepflanzen.

Schottergärten: Wesel kontrolliert Neubaugebiete

In Wesel setzt man stärker auf Kontrollen: Das Thema hat einen hohen Stellenwert, denn die Stadt hat sich Klimaziele gesetzt, erklärt Swen Coralic von der Stadtverwaltung. Daher belässt es die Kommune nicht bei Aufklärungsflyern und mündlichen Hinweisen bei Neubauprojekten. Sie schickt Baukontrolleure los, die auch Monate nach der Fertigstellung noch einen Blick auf die Gärten werfen. Für Besitzer älterer Häuser, die jegliches Grün aus ihrem Vorgarten verbannt haben, gibt es ein städtisches Förderprogramm zur Flächenentsiegelung, Bürger erhalten bis zu 30 Euro Zuschuss je Quadratmeter.

Umso enttäuschender ist es, so Coralic, dass es immer mehr Fälle gibt, wo die Stadt eingreifen muss. Kontrollen seien aber nur in Neubaugebieten möglich, so Coralic. Fällt ein grauer Garten auf, werden die Besitzer angehört und aufgefordert, die Fläche zu begrünen.

Als Maßstab, ob ein Grundstück als versiegelt gilt oder nicht, legt die Kommune übrigens die Frage zugrunde, ob die Bodenschicht belebt ist, etwa als Lebensraum für Regenwürmer taugt, erklärt Coralic. Gleichwohl würde sich die Stadt Wesel klare rechtliche Grundlagen wünschen, um Entsiegelungen durchsetzen zu können. Da die Vorgaben derzeit nicht im Detail ausgearbeitet sind, ziehen sich solche Auseinandersetzungen hin.

Steinwüsten in Schermbeck: Änderung der Bauordnung hätte Signalwirkung

Selbst im ländlichen Schermbeck gibt es Bürger, die ihre Vorgärten als Steinwüste gestaltet haben, weiß Gerd Abelt, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. „Das ist mir ein Dorn im Auge.“ Auch hier werde in Neubaugebieten darauf geachtet, dass das Bauordnungsrecht beachtet wird - ältere Vorgärten können nicht kontrolliert werden. Für Abelt wirft die Ankündigung der NRW-Ministerin noch Fragen auf: Müssen auch ältere Bebauungspläne nachträglich geändert werden, um Schottergärten verbieten zu können? Gibt es Bestandschutz?

„Wir müssen abwarten, welche rechtlichen Möglichkeiten aufgenommen werden. Ich bin gespannt auf die konkrete Ausgestaltung.“ Eine Änderung der Bauordnung hätte aber auf jeden Fall eine Signalwirkung, meint Abelt. Sie würde dafür sorgen, dass das Thema Klima- und Hitzeschutz bei allen ankommt. In Schermbeck wird sich ab dem 1. September übrigens die neue Klimaschutzmanagerin Feya Jockenhövel um das Thema kümmern.