Wesel. Die Bombenentschärfung in der Innenstadt hat Wesel am Donnerstag auf Trab gehalten. Die Einsatzkräfte bekamen Unterstützung aus anderen Städten.

Die Nachricht, dass in Wesel eine Bombe entschärft werden muss, nimmt man als Einheimischer in der Regel gelassen hin. Im Zuge von Bauarbeiten wird regelmäßig so ein Weltkriegsrelikt gefunden, dessen Unschädlichmachung die Evakuierung bestimmter Bereiche der Stadt notwendig macht. Bei der amerikanischen Zehn-Zentner-Bombe, die am Donnerstag an der Kettlerstraße in der Innenstadt entschärft wurde, lag die Sache nun aber doch etwas anders.

Durch die zentrale Lage mitten in der Innenstadt sind so viele Anwohner betroffen wie selten. Rund 8000 Bürgerinnen und Bürger müssen sich aus dem inneren Kreis, schätzen Feuerwehr und Stadtverwaltung am Vormittag – rund 15.000 wohnen im äußeren Kreis, dürfen sich demnach während der Entschärfung nicht nach draußen wagen. „Bei dieser Zahl kann man von 50 bis 80 Personen ausgehen, die gehbehindert oder bettlägerig sind“, erläutert Einsatzleiter Heiko Hemmers von der Weseler Feuerwehr.

Rund 250 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten sammeln sich daher schon am Vormittag am Schulzentrum Nord. In der Sporthalle wird eine Sammelstelle eingerichtet. Platz wäre für 500 Menschen. Wesel erfährt dabei Unterstützung aus halb NRW – natürlich sind die benachbarten Kommunen dabei, aber selbst aus Krefeld, Mönchengladbach, Duisburg oder Essen kommt Hilfe.

Bombe in der Weseler Innenstadt: Stimmung am Nachmittag entspannt

Derweil ist die Stimmung in der Innenstadt noch entspannt. Wenngleich immer wieder das Martinshorn zu hören ist und an den Geschäften in der Fußgängerzone Zettel ausgehängt worden sind, die darauf hinweisen, dass die Innenstadt von 15 bis etwa 17 Uhr geräumt werden muss. Gegen 12.30 Uhr machen sich die ersten Menschen auf den Weg raus aus der Gefahrenzone. Torben Röstel (36) ist mit Frau und Tochter unterwegs. Er bleibt gelassen: „Ich lebe hier seit 36 Jahren. Für mich ist das nichts Neues.“

Zwei Altenheime in Wesel mussten evakuiert werden.
Zwei Altenheime in Wesel mussten evakuiert werden. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Was allerdings an diesem Bombenfund besonders heikel ist: Im Evakuierungsradius liegen zwei Pflegeheime – der Martinistift und das Altenheim am Willibrordi-Platz. Hier wird nach dem Mittagessen evakuiert. Mit Bussen für die gehfähigen Bewohner und Patienten-Transportzügen der Rettungsdienste für Rollstuhlfahrer und Bettlägerige. „Das ist eine Herausforderung“, sagt Jasmin Spaltmann von der Pflegedienstleitung im Altenheim am Willibrordiplatz. Die Bewohner sind alle sehr nervös. Gebracht werden die 75 Senioren und rund 25 Mitarbeiter des Heims in das Haus Kiek in den Busch.

Zwei Altenheime in Wesel müssten evakuiert werden

Auch der Martinistift nutzt als Evakuierungsstelle ein Partner-Haus, nämlich den Nikolausstift. Rund eine Stunde dauert es, alle 45 Senioren plus Mitarbeiter und die neun Bewohner der benachbarten Altenwohnungen zu evakuieren – gegen 14.15 Uhr ist auch das geschafft. „Es war sehr gut organisiert“, freut sich Heim-Bewohnerin Elisabeth Bischof (82). „Erstaunlich finde ich das.“

Denn für die Senioren sei die Situation sehr überraschend gekommen, aber dank der Betreuung der Mitarbeiter, die zum Teil extra aus dem Urlaub gekommen sind, um zu helfen, habe alles gut funktioniert. In der Cafeteria des Nikolausstifts gibt es nun Kaffee und eine Runde Bingo. Das Marien-Hospital lag indes so günstig, dass nicht evakuiert werden musste. Lediglich 50 Patienten mussten von der einen Seite des Gebäudes auf die andere gebracht werden.

Michael Hoff und Tim Hoferichter vom Kampfmittelräumdienst entschärften die Bombe.
Michael Hoff und Tim Hoferichter vom Kampfmittelräumdienst entschärften die Bombe. © FFS | Arnulf Stoffel

Gegen 15 Uhr beginnen Polizei und Verwaltung mit den Straßensperrungen. 44 Stellen sind es insgesamt, dazu gehören vor allem die großen Ein- und Ausfahrtstraßen, wie die B 8 oder die B 58. Zur gleichen Zeit schließen die Geschäfte in der Innenstadt. „Früher Feierabend“, ruft ein Mitarbeiter des Vodafone-Shops an der Hohen Straße lachend und macht sich auf den Heimweg. Zuvor war die Feuerwehr mit einem Fahrzeug durch die Straßen gefahren und hatte die Menschen aufgefordert, Wohnungen und Ladenlokale zu verlassen.

Bombenentschärfung: Gegen 17.30 Uhr gibt die Stadt Wesel Entwarnung

Am Schulzentrum Nord, wo die Sammelstelle in der Turnhalle eingerichtet ist, ist die Evakuierung gegen 16 Uhr in den letzten Zügen. 108 mobilitätseingeschränkte Personen wurden mittlerweile von den Rettungsdiensten hierher evakuiert, einige Transporte sind noch auf dem Weg. Zudem mussten Sammelunterkünfte von Flüchtlingen und Obdachlosen in der Innenstadt leergezogen werden – weitere 75 Menschen, darunter rund 20 Kinder, warten ebenfalls in der Turnhalle darauf, dass die Entschärfung vorangeht.

Die ist eigentlich für 16 Uhr geplant, verzögert sich dann aber doch um gut anderthalb Stunden. Das liegt laut Ordnungsdezernent Klaus Schütz an einigen Menschen, die sich bis zum Schluss noch innerhalb des Sicherheitskreises aufgehalten haben. Polizei und Ordnungskräfte mussten letztlich einschreiten. Gegen 17.30 Uhr ist die Bombe entschärft. „Wir sind zufrieden, dank der vielen Helfer hat alles gut geklappt“, zieht der Ordnungsdezernent eine kurze Bilanz.