Wesel/Hamminkeln/Hünxe. Die Energiesteuer auf Kraftstoff sinkt und lässt die Preise an den Zapfsäulen purzeln. Wie reagieren Kunden und Lieferanten am Mittwoch, 1. Juni?

Ulrich Schmidt redet Klartext: „Das wird wohl ein ziemliches Chaos geben!“ Der Eigentümer der Avia-Tankstelle an der Hoogefeldstraße in Mehrhoog blickt schon mal voraus auf die Situation am Morgen des 1. Juni an seinen Zapfsäulen. Hintergrund: Bundestag und Bundesrat haben einer Senkung der Energiesteuer ab diesem Zeitpunkt zugestimmt, befristet für drei Monate. „Viele meinen jetzt sicher, sie könnten dann am Mittwoch um 7 Uhr morgens bei uns vorfahren und den billigen Sprit tanken – das wird aber nicht so sein“, klärt Schmidt auf.

Rat: Nicht den Tank ganz leerfahren

Denn zunächst würden alle Tankstellen natürlich der hochversteuerten Kraftstoff abverkaufen müssen, zum alten (also noch höheren) Preis. Danach – vielleicht ein oder zwei Tage später – komme der günstigere Sprit aus den Zapfsäulen.

Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Lieferungen rechtzeitig an den Tankstellen eintreffen, denn: „Um die Tankwagen schlagen sich dann natürlich alle, doch es überhaupt nicht absehbar, wie viel wir wann bekommen.“

Christian Peters ist der Betreiber der Bft-Tankstelle an der Alten Weseler Straße in Hünxe.
Christian Peters ist der Betreiber der Bft-Tankstelle an der Alten Weseler Straße in Hünxe. © FFS | Lars Fröhlich

Einen guten Tipp hat Schmidt jedenfalls für alle Autofahrer: „Ich kann jedem nur raten, nicht am Dienstag den Tank bis zum letzten Tropfen leer zu fahren – das wäre sehr riskant, falls man mal dringend irgendwo hin muss.“

Ob sich am 1. Juni dann lange Schlangen vor allen Tankstellen bilden, kann Schmidt nicht genau abschätzen. Er ist sich aber ziemlich sicher: „Wenn auch am 1. Juni der höhere Preis noch auf Anzeigen steht, wird sich das schnell rumsprechen.“

Geht den Tankstellen der Sprit aus?

Ähnlich sieht das Kollege Christian Peters. Er betreibt zwei Bft-Tankstellen – eine in Rees und eine an der Alten Weseler Straße in Hünxe. Auch er spricht von einer „sehr problematischen Situation“ zum Monatswechsel, kann aber noch überhaupt nicht einschätzen, wie sich das Verhalten der Kunden und das der Lieferanten dann gestalten werde. „Es kann passieren, dass wir leerlaufen“, nennt er seine größte Sorge, falls die Autofahrer seine Tankstellen stürmen und nichts nachgeliefert wird.

„Verscherbeln“ wollen Betreiber nichts

Wie sich der Preis am 1. Juni gestalten werde, sei noch nicht ganz klar: Er werde den teuer eingekauften Kraftstoff nicht viel billiger abgeben und dadurch letztlich selber draufzahlen. „Wir können ja schlecht 100.000 Liter verscherbeln“, erklärt der Bft-Betreiber. Andererseits möchte er aber auch nicht auf dem Sprit sitzenbleiben. „Das wird ein ziemlicher Spagat“, fügt Peters hinzu, der sich von der Politik dabei ziemlich alleingelassen fühlt.

Claudia Born bleibt relativ gelassen: Die Stationsleiterin der Shell-Tanke in Wesel rechnet nicht mit größerem Chaos.
Claudia Born bleibt relativ gelassen: Die Stationsleiterin der Shell-Tanke in Wesel rechnet nicht mit größerem Chaos. © FFS | Erwin Pottgießer

Er hätte sich einen fließenden Übergang der Preise gewünscht und nicht eine so plötzliche Senkung um 14 bis 30 Cent je Liter. „Sowas hat es ja noch nie gegeben, das stellt uns vor eine Riesen-Herausforderung – und natürlich auch die Spediteure und Lieferanten.“

Manche bleiben auch gelassen

Relativ entspannt lässt Claudia Born, die Stationsleiterin der Shell-Tankstelle an der Schermbecker Landstraße in Wesel, den 1. Juni auf sich zukommen. Dies habe zwei Gründe, erläutert sie: „Unsere Disponenten in Hamburg werden schon wissen, was zu tun ist. Ich mache mir da keine Sorgen, außerdem haben wir hier in Wesel darauf ohnehin keinen Einfluss.“

Andererseits rechne sie auch nicht mit einem größeren Chaos am Mittwochmorgen, weil alle Autofahrer dann mit leerem Tank den günstigeren Sprit zapfen wollen. „Viele unserer Kunden sind Mitarbeiter von Firmen und zahlen ohnehin mit Firmenkarten. Denen ist es also vollkommen egal, wie viel der Liter dann kostet – die mussten immer genug im Fahrzeug haben, um ihrer Arbeit nachgehen zu können.“