Wesel. Am Amtsgericht in Wesel werden nur noch wenige Immobilien versteigert. Wie hoch die Chance auf Schnäppchen ist und was Bieter wissen müssen.
Auf der Suche nach einer Immobilie in Wesel und Umgebung sind die Möglichkeiten begrenzt. Besonders viele Angebote sind nicht verfügbar – und die, die es gibt sind in der Regel ziemlich hochpreisig. Da klingen Immobilienversteigerungen am Amtsgericht wie eine attraktive Möglichkeit, um günstig ans Traumhaus zu kommen. Schließlich muss der amtlich ermittelte Verkehrswert dabei nicht erreicht werden.
Claudia Schlüter ist Rechtspflegerin am Amtsgericht in Wesel und gemeinsam mit einer Kollegin für die Versteigerungen zuständig. Sie bestätigt ein „hohes Interesse“ daran, selbst bei Immobilien, die aus professioneller Sicht nicht unbedingt interessant erscheinen. 30, 40, oder sogar 50 Teilnehmer sind keine Seltenheit, sondern die Regel. Und viele sind darunter, die die Hoffnung aufs Eigenheim hertreibt.
„Diese Hoffnung wird dann häufig durch uns zerstört“, sagt Schlüter. Denn zum einen gibt es wegen der Marktlage nur noch wenige Versteigerungen. Waren es vor zehn Jahren noch 140 bis 150 im Jahr, sind es mittlerweile noch knapp ein Drittel – 44 waren es noch 2021.
Zwangsversteigerungen in Wesel: Verkehrswert wird oftmals überboten
Zum anderen haben die seit einigen Jahren niedrigen Zinsen auch Investoren auf den Plan gerufen, die oft mehr Geld im Rücken haben. Sie kommen aus Frankfurt, München, Hamburg, sogar aus dem Ausland um ihr Kapital anzulegen. „Die Hälfte der Verfahren geht an Profis“, schätzt Claudia Schlüter. Und: „Der Preis, der im Internet steht, wird oft überboten.“
Im Internet werden auf der Website des Amtsgerichts jeweils die nächsten zehn Versteigerungstermine bekanntgegeben – samt Gutachten zu dem jeweiligen Objekt. Die nächste ist für Montag, 23. Mai, angesetzt. Da geht es um eine 89 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Wesel, Verkehrswert: 53.850 Euro. Mit versteigert wird ein Tiefgaragenstellplatz (6.400 Euro). Im Juli und August geht es mal um ein Dreifamilienhaus in Obrighoven (462.000 Euro), um eine Eigentumswohnung in Flüren (89.500 Euro) oder um ein Reiheneckhaus in Mehrhoog (280.900 Euro). Auch zwei Grundstücke in Hünxe sollen demnächst unter den Hammer kommen.
Immobilienversteigerung: Gekauft wird „die Katze im Sack“
Die Krux bei den Immobilienversteigerungen ist allerdings, dass die Bieter nur das Gutachten haben und das oft ohne Hausbegehung erstellt wird. „Sie wissen nicht, ob da Schimmel ist oder ob die Leute das verwohnt haben“, führt Claudia Schlüter aus. „Sie kaufen in der Regel die Katze im Sack.“ Gerade bei Zwangsversteigerungen kann es auch passieren, dass die Vorbesitzer nicht ausziehen wollen, was dann für die neuen Eigentümer Ärger bedeutet. Bei Teilungsversteigerungen gibt es zudem oft noch Rechte die beachtet werden müssen – zum Beispiel Schulden auf der Immobilie, die der Bieter dann mitersteigert.
Wer trotzdem sein Glück versuchen will, kann ohne Anmeldung zu den Versteigerungsterminen gehen. Allerdings rät Schlüter Interessenten, sich zuvor schon einmal eine Versteigerung anzuschauen, damit man weiß, wie es abläuft. Ort des Geschehens ist immer montags der Flur vor dem Saal 220. „Wir raten aber immer dazu, am Morgen vorher noch einmal ins Internet zu schauen“, sagt die Rechtspflegerin. Denn immer wieder passiert es, dass Versteigerungen im letzten Moment platzen.
So läuft ein Versteigerungstermin ab
Ist das aber nicht der Fall, geht es meistens um 9.30 Uhr los. „Es ist aber nicht so, dass ich da mit einem Hammer sitze“, betont Claudia Schlüter und auch das Bieten funktioniert nicht mit Bieterkärtchen. Stattdessen müssen die Bieter, die ein Gebot machen wollen aufstehen, nach vorne kommen und sich zunächst ausweisen. „Dann frage ich die Bank, ob eine Sicherheitsleistung erbracht werden muss“, führt sie weiter aus. Ist das der Fall, kommt dies als nächstes. Sie beträgt meist zehn Prozent des Verkehrswerts und kann entweder bereits vor dem Versteigerungstermin überwiesen, durch einen Verrechnungsscheck oder die Bürgschaft eines Kreditinstituts erbracht werden.
Dann können weitere Gebote gemacht werden, am Ende wird noch einmal aufgerufen – zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – und dann über den Zuschlag beraten. Wenn er erteilt wird, wechselt in diesem Augenblick das Eigentum. Zwar gibt es für die Vorbesitzer dann noch zwei Wochen die Möglichkeit, Rechtsmittel dagegen einzulegen. Nur selten passiert es aber, dass eine Entscheidung im Nachhinein aufgehoben wird.