Schermbeck. Katholische St.-Ludgerus-Gemeinde übt heftige Kritik an den aktuellen Planungen für ein neues Rewe-Center samt Wohnbebauung an der Erler Straße.

Um das seit Jahren von der Gemeinde Schermbeck herbeigesehnte Großbauprojekt an der Erler Straße gibt es großen Ärger. Die katholische St.-Ludgerus-Gemeinde übt heftige Kritik an den aktuellen Planungen für ein neues Rewe-Center samt Wohnbebauung – sie fühlte sich in vielen Punkten übergangen und rechne mit negativen Auswirkungen, falls der Bau wie geplant umgesetzt werde, erklärt die Anwaltskanzlei der Kirche. Dies geht aus den Stellungnahmen der St.-Ludgerus-Gemeinde zum Bebauungsplan „Lebensmittelmarkt an der Erler Straße“ für den Planungs- und Umweltausschuss in der vergangenen Woche hervor.

Liegt eine unzulässige Gefälligkeitsplanung vor?

Konkret: „Die vorliegende erfolgte Festsetzung einer maximalen Verkaufsfläche ist unzulässig“, behauptet der Anwalt der Kirche. Der Bebauungsplan entspräche nicht dem Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit sondern es handele es sich um eine „(unzulässige) ,Gefälligkeitsplanung‘“.

Es habe zudem keine hinreichende Prüfung von Alternativstandorten gegeben, lautet ein weiterer Vorwurf. Nur das Vorhabengrundstück, sondern das gesamte Gemeindegebiet hätten betrachtet werden sollen. Zudem gebe es keine hinreichende Begründung neuen Wohnraums, so St. Ludgerus weiter.

Kirche sieht „unüberwindbare Probleme“

Bei der geplanten Verkehrsführung für die Erler Straße als Haupterschließungsstraße gibt es aus Sicht der Kirche „unüberwindbaren Probleme“: Zwingende Vorschriften des Immissionsschutzrechts und der Rücksichtnahme würden hier nicht erfüllt.

Beispielhafter Kritikpunkt: „Die Verkehrsuntersuchung geht von rund 2000-Kfz-Bewegungen pro Tag aus, die sich sämtlich entweder über die Tiefgaragenzufahrt oder über die Stellplatzzufahrt direkt an den in Eigentum der Kirchengemeinde stehenden Gebäuden entlang direkt auf das Vorhabengrundstück bewegen bzw. von dem Vorhabengrundstück wieder auf die Erler Straße fahren.“ Die Haupterschließungsstraße sei jedoch nicht geeignet und in der Lage, den von dem Bauvorhaben zusätzlichen Verkehr aufzunehmen. Daraus ergebe sich eine „unzumutbare Erschließungssituation für die Anwohner.“ Der Anwalt der Kirchengemeinde schreibt dazu: „Einer Realisierung dieser Zuwegung stehen die berechtigten Interessen unserer Mandantschaft dauerhaft entgegen.“

„Gesicherte Erschließung nicht möglich“

Laut Kirchengemeinde stehe darüber hinaus zu erwarten, dass die Verkehrsuntersuchung am Knotenpunkt Erler Straße/Mittelstraße/Süderschließung einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten werde. Auch die Prognosen für die Radfahrer würden sich widersprechen, so St. Ludgerus. Nach aktuellem Stand erfülle die Erler Straße für das Bauvorhaben nicht die Anforderungen an eine gesicherte Erschließung. Auch eine „hinreichend gefahrlose Verbindung“ mit dem übrigen Verkehrsnetz der Gemeinde sei aktuell nicht vorhanden. Die Lösung dieses Konflikts könne auch nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, da der Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen sei.

Gerät die Kirche in den Hintergrund?

Dann ergänzt der Anwalt: „Es sind Abwägungsfehler in Hinblick auf die Erschließung sowie Auswirkungen auf die St.-Ludgerus-Kirche in ihrer Funktion als Denkmal zu verzeichnen.“ Die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals würden durch das Bauvorhaben „erheblich beeinträchtigt“. Und auch auf das Pfarrheim habe der neue Komplex eine „erdrückende Wirkung“. Laut katholischer Kirchengemeinde würde das „streitbefangene Bauvorhaben“ äußerst modern gestaltet, was dazu beitrage, dass die 1915 eingeweihte St.-Ludgerus-Kirche für den objektiven Betrachter in den Hintergrund gerate.

Sorgen um das Pfarrheim St. Ludgerus (rechts) äußert die katholische Kirchengemeinde mit Blick auf die Baupläne für das Großprojekt, das direkt angrenzen würde.
Sorgen um das Pfarrheim St. Ludgerus (rechts) äußert die katholische Kirchengemeinde mit Blick auf die Baupläne für das Großprojekt, das direkt angrenzen würde. © Johannes Kruck

Und auch die zu erwartende Lärmbelästigung sei nicht hinnehmbar: Kirche, Pfarrheim und Bibliothek seinen besonders schützenswerte Orte. In diesen Räumen übten Gläubige ihre Religion aus: „Die Räume werden also zur Besinnung und Spiritualität und zum Gesang genutzt.“ Anliefernde Lkw und tausende Fahrzeugbewegungen stunden dazu im Widerspruch. Laut Kirche bahne sich hier ein „erheblicher Nutzungskonflikt“ an. Fazit der Kirchengemeinde: Es liegt ein „Verstoß gegen das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung“ vor.

Gemeindeverwaltung teilt die Bedenken nicht

In allen von der Kirchengemeinde vorgebrachten Kritikpunkten sieht sich die Gemeindeverwaltung im Recht. Die Bedenken der Kirchengemeinde würden allesamt nicht geteilt, heißt es in den Stellungnahmen der Verwaltung. Und auch die Politik bestätigte den Kurs der Gemeindeverwaltung und beschloss im Planungs- und Umweltausschuss die Änderung des Flächennutzungsplanes mit den Abwägungsvorschlägen der Verwaltung für einen Monat öffentlich auszulegen. Das gleiche gilt für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Lebensmittelmarkt an der Erler Straße“.

Versöhnlichere Worte von Pfarrer Sühling

Für die katholische Kirche relativiert Pfarrer Stefan Sühling jedoch die drastischen Worte seines Anwalts: „Wir wissen natürlich, dass Altschermbeck dort einen Lebensmittelmarkt benötigt und dass wir auch Wohnraum ohne Ende brauchen. Deshalb sind wir ja gar nicht gegen das Projekt, doch wir müssen natürlich die Interessen unseres eigenen Grundstücks bewahren und darauf achten, dass der Wert nicht gemindert wird. Deshalb werden wir jetzt die Offenlage abwarten und die Stellungnahme der Kommune prüfen, ob das dann ausreicht.“ Was Sühling sagt, klingt sogar recht versöhnlich: „Ich bin optimistisch, dass unsere Bedenken letztlich ausgeräumt werden.“