Wesel. Die Stadtwerke Wesel gehen derzeit nicht davon aus, dass es Engpässe bei der Gasbelieferung gibt. Dennoch bereiten sie sich auf diesen Fall vor.

Rainer Hegmann setzt volles Vertrauen in Robert Habeck. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Wesel ist sich sicher, dass die Gasversorgung in der Hansestadt in den kommenden Monaten gesichert ist. Genau das hat auch der Bundeswirtschaftsminister vor einigen Tagen gesagt: „Wir kommen gut durch den Winter, wir kommen gut durch das Jahr“, betonte der Grünen-Politiker Habeck.

Im Ernstfall müsste bei der Versorgung priorisiert werden

Dennoch bereiten sich die Stadtwerke, die in Wesel die Grundversorgung mit Gas übernehmen, auf den Ernstfall vor. Sollten die russischen Gaslieferungen nach Deutschland in Folge des Krieges in der Ukraine eingestellt werden, würde ein Notfallplan greifen. „Sollte ein derartiger Fall eintreten, wovon wir derzeit aber überhaupt nicht ausgehen, wären wir vorbereitet“, sagt Hegmann.

Sollte von den zuständigen Behörden eine sogenannte Gasmangel-Lage ausgerufen werden, müssten die Stadtwerke in der Versorgung priorisieren. Heißt konkret: Die kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser, Feuerwehr oder die Stadtverwaltung, aber auch Privathaushalte, würden vorrangig mit dem dann noch zur Verfügung stehenden Gas versorgt. Weiter hinten auf der Liste stehen Industrie und Gewerbe. Unternehmen müssten also im schlimmsten Fall damit rechnen, ihren Betrieb oder ihre Produktion mangels Gas zwischenzeitlich einzustellen.

Wie hoch der Anteil des russischen Gases in Wesel ist, kann Hegmann nicht beziffern. Die Stadtwerke beziehen ihre Mengen vom Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas, dessen Netze sind mit internationalen Leitungen und Speicheranlagen in ganz Deutschland verbunden. „Auf Deutschland bezogen kommen rund 55 Prozent des Gases aus Russland, gut 35 Prozent aus Norwegen und der übrige Teil aus den Niederlanden“, sagt der Stadtwerke-Chef. Die Anteile in den Weseler Leitungen dürften vom bundesweiten Schnitt kaum abweichen.

Versorgung in Wesel: Der nächste Gasspeicher ist in Xanten

Der nächste Gasspeicher aus Sicht der Hansestand befindet sich auf der anderen Rheinseite in Xanten. Weitere für Wesel relevante Speicheranlagen gibt es in der Nähe von Gronau im Nachbarkreis Borken. Die Speicher sind ausreichend gefüllt, so Hegmann. Bundesweit liegt die Füllmenge derzeit bei 25 Prozent – angesichts der wärmer werdenden Temperaturen sei das genug. Allerdings betont auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dass die Gasvorräte bis zum nächsten Winter wieder gefüllt werden müssen.

Rainer Hegmann ist Geschäftsführer der Stadtwerke Wesel.
Rainer Hegmann ist Geschäftsführer der Stadtwerke Wesel. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Wie das umgesetzt werden soll, ist nicht Sache der Stadtwerke. Womit sich Rainer Hegmann und seine Teams aber umso intensiver beschäftigen, sind die steigenden Preise für Gas. Bereits vor knapp zwei Monaten bezeichnete Hegmann die Lage an den Strom- und Gasbörsen als „historisch“ – seitdem hat sich die Situation noch mal deutlich verschärft. „Mir gehen so langsam die Superlative aus“, so der Stadtwerke-Geschäftsführer. Während Anfang 2021 die Kilowattstunde Gas im Terminmarkt an der Börse noch 2,9 Cent gekostet hat, waren es Ende Dezember im Spottmarkt 14,5 Cent – seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine erreicht der Spottmarktgaspreis Spitzenwerte von bis zu 21 Cent pro Kilowattstunde.

Die Auswirkungen sind für die meisten Verbraucher laut Hegmann noch nicht zu spüren – da die Kundinnen und Kunden aktuell noch Festpreisverträge haben. Allerdings hatten die Stadtwerke bereits Anfang des Jahres einen neuen Grundtarif für Neukunden eingeführt, die etwa durch die Pleite von Billiganbietern wie gas.de, in die Grundversorgung gerutscht waren, dieser Tarif ist rund 150 Prozent teurer.

Während die Vorgehensweise, die von vielen Grundversorgern angewendet wird, aus Sicht des Stadtwerke-Chefs fair ist, um die Bestandskunden vor höheren Kosten zu schützen, gibt es scharfe Kritik von den Verbraucherzentralen. Sie sehen darin eine „fragwürdige Ungleichbehandlung“ und eine Bestrafung der Kunden, die einem freien Markt widerspreche. Das Oberlandesgericht in Köln hatte jüngst eine Beschwerde der Verbraucherzentrale zurückgewiesen, betont Hegmann.