Wesel. Bei der Friedenskundgebung am Sonntag war der Große Markt in Wesel voll: Viele Menschen zeigten sich solidarisch mit der Ukraine.
An diesem Sonntagvormittag erlebt Wesel eine Sternstunde der Demokratie. Bei strahlendem Sonnenschein haben sich mehrere hundert Menschen, Schätzungen gegen von fast 500 aus, auf dem Großen Markt versammelt. Sie sind einem Aufruf der Jusos gefolgt, der rasch auch von allen politischen Parteien unterstützt wurde. Mit einer Friedensdemonstration und einer Solidaritätskundgebung für die Ukraine wollen alle parteiübergreifend ein Zeichen setzen gegen die Aggression Russlands.
Viele Plakate bei der Friedensdemo in Wesel
Viele Teilnehmer haben selbst gestaltete Plakate dabei, auf denen sie für Frieden und gegen Gewalt und Krieg aufrufen. Überall sieht man die Farben der Ukraine: blau und gelb. In den nächsten 75 Minuten werden sich nicht weniger als 13 Redner und Rednerinnen mit der Situation in der Ukraine auseinandersetzen. Eine hohe Übereinstimmung in der grundsätzlichen Bewertung der angespannten Situation zeigt sich in fast allen Redebeiträgen: Solidarität mit der Ukraine, Verurteilung der russischen Aggression, Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen, aber auch Stärkung der Demokratie.
Bürgermeisterin Ulrike Westkamp ist sofort sehr klar in ihrer Beurteilung. Der Angriff auf die Ukraine sei „völkerrechtswidrig – er ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, stellt sie unmissverständlich fest. Auch Charlotte Quik von der CDU verurteilt aufs Schärfste das Vorgehen Russlands. Das Selbstbestimmungsrecht und das Recht, ein demokratisches Land zu sein, könne keinem vorenthalten werden.
Ukraine: Ein großes Zeichen der Solidarität in Wesel
Bisweilen verlagert sich die Beschäftigung mit dem Thema auf die Person Wladimir Putins. So meint die SPD-Landtagskandidatin Kerstin Löwenstein, Putin habe mit dem Westen „Katz und Maus gespielt“ und wolle „ein großrussisches Reich gründen.“ Pfarrerin Martina Biebersdorf verweist auf die Botschaft der Bibel: „Selig sind die Frieden Stiftenden“ und rät dazu, im gemeinsamen Gebet nicht nachzulassen. „Mit jeder abgeschossenen Rakete stirbt ein Stück Menschlichkeit“, urteilt Kaplan Jan Henrik Röttgers. Seinen Appell „Stopp den Krieg!“ wiederholen mehrmals lautstark die Teilnehmer der Veranstaltung. Und Horst Münnich von den Grünen betont: „Wir stehen solidarisch an der Seite der Ukraine.“
Für Nadine Kleinsteinberg von der FDP ist es wichtig zu zeigen, „wie stark Solidarität ist.“ Bei dem Verhängen von Sanktionen müsse man bereit sein, die Auswirkungen zu ertragen. Der Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Wesel, Cihan Sarica, lenkt den Blick auch auf die bedrohlichen Geschäfte der Waffenhändler, Hilmar Schulz von der Partei „Die Linke“ will einen „sicheren Hafen für Flüchtlinge gewähren“ und Jürgen Lantermann von der Partei WfW sieht auch in der politischen Erziehung eine wichtige Aufgabe, um die Demokratie zu stärken. Marcel Schoierer („Die Partei“) ist sicher, Wesel sende mit der heutigen Veranstaltung ein Signal an die Welt.
Demo in Wesel: „Wir wollen in Frieden leben“
Halyna Fritz, ehemalige Vorsitzende des Integrationsrates, ist selbst Ukrainerin und emotional besonders betroffen. Man müsse für die Unabhängigkeit kämpfen und dürfe sich nicht einschüchtern lassen. Sie drückt noch einmal aus, was alle verbindet: „Wir wollen in Frieden leben.“ Hierfür gibt es lang anhaltenden Applaus. Am Abend folgte dann im Willibrordi-Dom noch ein ökumenisches Gebet, zu dem sich ebenfalls sehr viele Besucher einfanden.
Schon am Freitag hatte es in Wesel erste Friedens-Aktionen gegeben: Rund ein Dutzend Menschen hatten sich an einer privaten Mahnwache gegen den Krieg in der Ukraine beteiligt. Die Initiatoren Christian Riehm und Katja Neumann hatten spontan zu der Aktion gegen Krieg und Gewaltherrschaft am Denkmal an der Caspar-Baur-Straße eingeladen. „Wir haben uns kurzentschlossen zusammengetan, nachdem wir frustriert und entsetzt waren von den Geschehnissen“, berichtete Katja Neumann. „Wir können zwar nicht viel machen für die Menschen in der Ukraine, wollten aber einfach ein kleines Zeichen setzen.“ Die Mahnwache war bei der Polizei angemeldet.