Hamminkeln. Viele Investitionen, hohe Kosten und ständig neue Vorgaben: Zwei Landwirte aus Hamminkeln berichten über Herausforderungen in der Tierhaltung.
Der Discounter Aldi will bis zum Jahr 2030 nur noch Frischfleisch anbieten, das höheren Standards für das Tierwohl entspricht. „Das wird finanziell für die Bauern nicht umzusetzen sein“, zeigen sich die jungen Hamminkelner Landwirte Lena (26) und Tim Klötgen (28), die ihren Hof seit 2017 gemeinsam bewirtschaften, sehr skeptisch über diese Ankündigung.
Ihr Betrieb liegt in Loikum und ist seit 1880 in schriftlichen Aufzeichnungen zu finden. Der Vater der Jungbauern übernahm wiederum von seinen Eltern den Betrieb Ende der 80er Jahre, damals mit 20 Kühen und 20 Schweinen, sowie Ackerbau. Bis heute ist der Hof deutlich gewachsen: Mittlerweile leben auf dem Hof 130 Milchkühe, 250 Sauen und 300 Strohschweine.
Als der Nachbar im Jahr 2018 aufgeben musste, haben die Klötgens den Schweinemastbetrieb mit Rinderaufzucht übernommen. Ständige Investitionen, um am Markt bestehen, Arbeitsplätze erhalten und die drei Familien ernähren zu können, ziehen sich durch die Jahrzehnte. Spaß macht das der Familie längst nicht mehr: „Wir sind hier ein junges, schlagkräftiges Team mit motivierten Leuten und werden nur geknüppelt“, sagt Tim Klötgen, der es so auf den Punkt bringt: „Eigentlich habe ich keinen Bock mehr“.
Schweinebauer in Hamminkeln: Hohe Kosten durch Inflation
Hätten sie den Betrieb nicht auf mehrere Beine gestellt (Schweinemast, Rindermast, Ackerbau, Photovoltaikanlagen und Direktvermarktung), hätten sie bereits aufgeben müssen. Das Jahr 2020 war ein schlechtes, das Jahr 2021 ebenfalls und über das zu erwartende Ergebnis in diesem Jahr mag der Landwirt gar nicht sprechen. Wegen der massiven Preiserhöhungen durch die Inflation kämen Mehrkosten – durchschnittlich 8000 Euro im Monat – auf den Betrieb zu, von denen sie noch nicht wissen, wie sie diese auffangen. Private Rücklagen mussten sie bereits in den Hof stecken.
Landwirte müssten immer mehr Ertrag bringen, um überleben zu können und immer mehr Verwaltungsarbeit leisten, beklagen die Unternehmer. Die Tiere wären mittlerweile so etwas wie Hochleistungssportler. Das finden sie nicht so toll. „Mehr Leistung geht nicht“, sagen Lena und Tim Klötgen, die ihre Tiere lieben, wie sie betonen. Tim Klötgen lacht, als er sagt: „Muss ich ins Büro, bekomme ich schlechte Laune – kann ich in den Stall, geht’s mir gut“.
Vertrag mit Edeka bringt einen Mindestpreis
Mehr durch Zufall hat die Familie im Jahr 2019 eine Maschinenhalle zum zusätzlichen Stall umgebaut, denn die Schweinepest hatte damals einen Rückstau am Schlachthof ausgelöst, der aufgefangen werden musste. In diesem Stall haben sie begonnen, Schweine auf Stroh zu halten, ihnen mehr Platz zu geben und sie langsamer zu mästen. „Festgestellt haben wir dabei, dass diese Schweine wesentlich vitaler und gesunder sind und das Fleisch muskulöser“.
Für dieses Fleisch haben sie im letzten Jahr mit Edeka Rhein-Ruhr einen Abnahmevertrag abschließen können, der ihnen einen Mindestpreis und damit etwas Planungssicherheit garantiert. Für die restlichen Tiere erhalten sie vom Schlachthof um die 23 Euro pro Kilo, die Futterkosten betragen nach Angaben der Landwirte allerdings bereits 22 Euro, darin enthalten sind noch keine Lohn- und Bewirtschaftungskosten.
Der Stall, den sie im Jahr 2009 für die Mastschweine gebaut haben, ist erst in elf Jahren abbezahlt. Doch in fünf Jahren müssen sie wegen der neuen Tierschutzverordnung wieder investieren. „Wie soll das gehen?“, fragen sich die Klötgens ständig und hoffen auf Quersubventionierung durch neue Geschäftszweige, wie die Direktvermarktung des Schweinefleischs, welches sie begonnen haben und durch die Milch. Denn dieser Preis ist relativ stabil, so dass hier ein wenig schwarze Zahlen geschrieben würden.
Das Fazit von Lena und Tim Klötgen: „Wir treten finanziell auf der Stelle, ein Jahr verdienen wir, zwei Jahre haben wir Verluste“. Die Geschwister wünschen sich, dass die Verbraucher das Fleisch mehr wertschätzen und mehr Geld dafür ausgeben. Denn: „Je teurer das Fleisch ist, desto besser geht’s den Tieren“.