Hamminkeln. Beim Haupt- und Finanzausschuss stand der Haushaltsplan im Mittelpunkt. Und die Diskussion über den Stellenplan und die freiwilligen Leistungen.

Was darf sich eine Kommune in der heutigen Zeit noch leisten, was kann sie sich aufgrund der allerorten prekären Haushaltslage überhaupt noch leisten? Welche freiwilligen Aufgaben will sie sich gegenüber ihren Pflichtaufgaben noch erhalten? Das ist eine zentrale Frage, die auch die Verwaltung in Hamminkeln dauerhaft umtreibt. Und gerade jetzt mit den Auswirkungen der Pandemie in vielen Bereichen noch gar nicht absehbar ist. So bestimmten die Begriffe „Freiwillig“ und „Pflicht“ auch die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwoch.

Bürgermeister Bernd Romanski präsentierte eingangs eine Liste der freiwilligen Stellen in der Verwaltung, die sich im vergangenen Jahr auf insgesamt 9,65 Stellen verteilten. Dazu gehören unter anderem die Sozialpädagogen für Flüchtlinge mit zwei Stellen, die aufsuchende Jugendarbeit mit einer halben Stelle, die Schulsozialarbeit mit insgesamt zwei Stellen oder auch die Geschäftsführung Dritte Orte. „Überflüssiges Personal im Rathaus haben wir nicht, das kann ich Ihnen versichern“, betonte Romanski. Im Stellenplan für 2022 indes sind 1,75 Stellen mehr vorgesehen. Das hatte die USD auf den Plan gerufen, die den Antrag gestellt hatte, den Stellenplan auf den Vorjahreswert von 215,83 Stellen (38,78 Beamte/177,05 tariflich
Beschäftigte) oder noch weiter zu reduzieren. Auch die Grünen hatten wie berichtet erklärt, der Stellenplan müsse „kritisch im Auge behalten werden.“

Offene Fragen beim Stellenplan

Im Ausschuss wiederholte Fraktionschef Johannes Flaswinkel noch einmal seine Bedenken: „Wir haben allergrößten Respekt vor den Mitarbeitern, doch im Stellenplan sind für uns viele Frage offen.“ Auch die von seiner Fraktion beantragte Zertifizierung der Verwaltung solle nicht als Angriffs aufs Personal verstanden werden. „Es geht um ein Miteinander, nicht um ein Gegeneinander.“ Jörg Adams (SPD) betonte, dass die Verwaltung den Personalbedarf am besten beurteilen könne. „Ich verstehe nicht so ganz, das diskutieren wir doch schon jahrelang. Die Aufgaben nehmen zu – und wenn ich mehr Aufgaben habe, brauche ich auch mehr Personal.“

Marcel Opladen (CDU) betonte, dass man über manche der freiwilligen Stellen sicherlich diskutieren könne, nicht aber über den Stellenplan an sich. „Das ist eine Unverschämtheit, da wird der Verwaltung gegenüber die Kompetenz abgesprochen.“ Seine Fraktion habe lange das Thema durchdiskutiert, verriet Helmut Wisniewski (USD). „Wenn wir freie Unternehmer wären, müssten wir Stellen abbauen. In einer Verwaltung ist das anders, da gibt es Pflichtaufgaben, die wir erfüllen wollen.“ Martin Wente (FWI) räumte ein, dass man die gesamte Haushaltssituation im Blick haben müsse. „Mitnichten ist eine Reduzierung des Stellenplans gegen die Mitarbeiter gerichtet, aber es gibt Möglichkeiten der Optimierung.“ Vor dem Hintergrund einer drohenden Haushaltskonsolidierung sei es falsch, sich nicht auch den Bereich der Pflichtaufgaben anzuschauen. „Wir würden es begrüßen, wenn man alle Bereiche kritisch hinterfragt.“

Bürgermeister Romanski erklärte, dass sich die Stellenzahl auch vor dem Hintergrund des gerade laufenden Digitalisierungsprozesses der Verwaltung in den kommenden Jahren reduzieren könne, vieles in Bewegung sei und man auch nicht wisse, welche Aufgaben man in den nächsten Jahren bekomme. Er sei durchaus ein Freund der Zertifizierung, doch davor solle erst einmal die Digitalisierung abgeschlossen werden. Auch weil seine Fraktion noch Beratungsbedarf habe, so Flaswinkel, wurde der Beschluss über den Antrag letztendlich auf den Rat vertagt.

FWI fordert Konzept für den Schuldenabbau

Für Gesprächsstoff sorgte auch der Antrag der Grünen, die Mittel für eine Öffentlichkeitsarbeit seitens der Verwaltung in den Sozialen Medien zu erhöhen - ein Beispiel hätte die Diskussionen um den Schulneubau sein können. „Eigene, redaktionelle Beiträge verfassen können wir nicht“, entgegnete Bürgermeister Romanski. Hingegen sei eine Verlinkung von Vorlagen möglich. Hinsichtlich des Grünen-Antrags für eine Zertifizierung, für eine Optimierung und Verbesserung von Arbeitsabläufen betonte Fraktionschef Johannes Flaswinkel nochmals: „Das ist kein Angriff auf die Verwaltung, sie leistet in vielen Bereichen hervorragende Arbeit. Aber es gibt auch Verbesserungsvorschläge, die bitten wir aufzuzeigen.“

Den Antrag der FWI für den im Produktbereich „Allgemeine Finanzwirtschaft“, ein Konzept zum Haushaltsausgleich und Schuldenabbau aufzustellen, konterte Bürgermeister Romanski zunächst mit einer Übersicht über die freiwilligen Leistungen der Stadt in 2021. Bei den insgesamt 6,61 Millionen Euro entfallen beispielsweise rund 1,5 Millionen auf Sportstätten und Sportförderung, 330.000 Euro auf Kulturförderung, 300.000 Euro auf Spielplätze und 1,4 Millionen auf Schülerbeförderung und Schulsozialarbeit. „Würden alle diese Leistungen entfallen, läge die Grundsteuer B bei Null“, verdeutlichte Bernd Romanski. Seiner Meinung nach seien diese Aufgaben aber alle notwendig und erforderlich.

„Es geht nicht ums Kaputtsparen, aber wir brauchen ein Konzept“, so Martin Wente. „Auch Pflichtaufgaben sind in der Höhe beeinflussbar, es gibt Einsparpotentiale.“ An das Versprechen von 2012 zum Schuldenabbau erinnere sich plötzlich keiner mehr. Den Vorwurf der „kollektiven Ahnungslosigkeit“ hielt Bürgermeister Romanski für respektlos. „Wir wären dankbar, wenn Sie ihre Aussagen mal hinterlegen würden.“ Ähnlich sahen es Jörg Adams und Johannes Flaswinkel, der den Umgangston scharf kritisierte: „In die Schulden treiben uns Bund und Land, daher kommt das Problem. Das ist eine unanständige Diskussion.“ Helmut Wisniewski sah seine jahrelange, ehrenamtliche Arbeit torpediert. „Das heißt ja, wir hätten nicht vernünftig gearbeitet.“ Letztendlich stimmte der Ausschuss mehrheitlich gegen den Antrag - und verabschiedete den Haushaltsplan bei vier Enthaltungen.