Hamminkeln. Ingeborg Tersek aus Dingden engagiert sich bei der Bewegung Maria 2.0. Trotz der Skandale in der Katholischen Kirche will sie nicht austreten.
In der katholischen Kirche brennt es an allen Ecken und Enden. Ob das Münchener Gutachten zum Missbrauchsskandal, die fehlerhaften Aussagen des emeritierten Papst Benedikt, das Coming-out von 125 kirchlich Beschäftigten – die katholische Kirche beherrscht die Schlagzeilen.
Für Ingeborg Tersek als gläubige und aktive Katholikin sind die Ereignisse rund um das Gutachten zum Missbrauchsskandal Themen, die in ihr „Empörung bis ins letzte“ auslösen. „Und dann lügt so ein Benedikt auch noch“, regt sich die 78-jährige Dingdenerin auf und nennt das Kind damit beim Namen. Die Vergehen, die in der Kirche begangen wurden, seien schlimm. Genauso schlimm sei aber auch der Umgang mit den Vorgängen.
Skandale in der katholischen Kirche haben Fundament zerstört
Ein Austritt stand für Ingeborg Tersek nie in der Diskussion: „Ich bleibe drin, aber es muss sich was ändern.“ So sei eine öffentliche Entschuldigung des emeritierten Papstes das mindeste. Denn: „Das Schlimme ist, dass man der Kirche nichts mehr glaubt.“ Da sei das Fundament zerstört worden, das auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit basiere. Dennoch heiße es jetzt „rebellieren, aber drin bleiben.“ Denn ihr habe der Glaube Sinn im Leben gegeben: „Nicht die Kirche, aber die Botschaft.“
Die 78-Jährige engagiert sich im Liturgiekreis, im Dingdener Ökumene-Ausschuss und bei Maria 2.0 in Hamminkeln. Die Frauen-Initiative, die 2019 in Münster ursprünglich zum Kirchenstreik aufgerufen hatte, fordert Zugang für Frauen zu allen kirchlichen Ämtern, die Aufhebung des Pflichtzölibats und eine umfassende Aufklärung von Missbrauchsfällen in der Kirche.
Auch der Umgang mit den Opfern der Missbrauchsfälle wird kritisiert. Die Forderungen der Initiative richten sich auch gegen Machtstrukturen in der Kirche. Aber, und das bedauert Ingeborg Tersek ausdrücklich, in Hamminkeln sind alle Frauen über 50 Jahre alt. „Es sind die Alten, die aufbegehren. Den jungen Frauen scheint die Kirche nicht so wichtig zu sein.“
Die Bedeutung der katholischen Kirche schwindet
Und genau das sei auch das Problem der katholischen Kirche. Ihre Bedeutung in Deutschland, in Europa schwinde. Deshalb sei ihr auch die Ökumene sehr wichtig. Was vielleicht in der familiären Historie begründet ist. Ingeborg Terseks Mutter war eine evangelische Gläubige, der Vater aus dem Sauerland bekennend katholisch. „Evangelisch, katholisch… das ist doch nicht wichtig“, findet die Dingdenerin: „Christen müssen zusammenhalten.“
Das gelte vor allem in Deutschland. Deshalb hält sie auch wenig von einer einheitlichen Ausrichtung als Weltkirche. „Die afrikanische Kirche legt den Glauben doch ganz anders aus als hier die katholischen und evangelischen Christen.“ Da müsse man auch andere Maßstäbe anlegen: „Die Kirche darf nicht alles weltumfassend machen wollen.“
Sie selbst erinnert sich noch gerne an die Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. „Das war eine Befreiung.“ Die Priester, die nach dem Konzil ins Amt kamen, seien sehr offen gewesen, die Jugendarbeit toll und Rom weit weg. Das habe sie als Jugendliche angezogen. Auch heute sagt sie: „Ich will nicht über Dingden klagen, aber was über die Ortsgrenze hinausgeht...“ Die Amtskirche habe viel zu lange geschwiegen. „Und jetzt nimmt ihr niemand mehr die Entschuldigungen ab.“