Schermbeck. Überzogen sei es wie der Kreis agiert, findet der Anwalt der Camper. Schließlich sei die Situation in Schermbeck lange bekannt gewesen.

Jahrelang wohnten Menschen auf dem Campingplatz „Hohes Ufer“ an der Hünxer Straße. Erlaubt war es nie, einen festen Wohnsitz auf dem Platz zu haben. Geduldet hat der Kreis Wesel dies aber über lange Zeit – bis im Januar Nutzungsuntersagungen gegen Betreiber und einige Bewohner ausgesprochen wurden. Grund dafür sind Mängel im Brandschutz. 80 der 120 Nutzer des Campingplatzes, die dort lebten, sind nun obdachlos. Dieses abrupte Vorgehen stößt auf Kritik in Schermbeck und Umgebung.

Anwalt kritisiert Vorgehen des Kreis Wesel

Einige der Leute sind auf dem Campingplatz gemeldet und haben dort ihren Wohnsitz. „Das Einwohnermeldeamt weiß, dass Leute dort wohnen. Allen war das bekannt, aber keiner hat das Eisen angepackt“, bemängelt Rechtsanwalt Christian Helfenbein. Fast ein Dutzend der Bewohner vom „Hohen Ufer“ haben sich an den Dorstener Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht gewand. Dieser findet die Art und Weise, wie der Kreis Wesel vorging, überzogen.

„Der Zustand beim Brandschutz auf dem Campingplatz ist nichts Neues. Es ist ja nicht so, dass da gestern jemand einen Gastank auf dem Platz abgestellt hat.“ Er verstehe nicht, warum man nicht versucht habe, mit den Pächtern eine Lösung zu finden, sagt Helfenbein und ergänzt: „Man hätte eine Frist oder eine Übergangslösung einrichten können. Auch eine Brandwache vor Ort wäre möglich gewesen. Die hätte die Nutzer zwar Geld gekostet, wäre aber günstiger als die jetzige Situation.“

Anwalt Christian Helfenbein berät fast ein Dutzend der 120 Nutzer des Campingplatzes
Anwalt Christian Helfenbein berät fast ein Dutzend der 120 Nutzer des Campingplatzes "Hohes Ufer", dessen Nutzung der Kreis Wesel per Allgemeinverfügung untersagte. © KTH & Partner

Nutzung kann bald wieder gestattet werden

Auch müsse man dem Betreiber vielleicht den Vorwurf machen, dass er den Brandschutz nicht ernst genommen habe, so der Fachanwalt weiter. Nun müsse „so viel wie möglich von der To-do-Liste abgearbeitet werden“. Denn wenn der Brandschutz wiederhergestellt ist, könne auch die Nutzung des „Hohen Ufers“ wieder gestattet werden. Allerdings sei dies keine Genehmigung für einen Wochenend- oder Campingplatz. Darauf weist der Kreis in seiner Allgemeinverfügung hin. Das Wohnen auf dem „Hohen Ufer“ könnte künftig dauerhaft untersagt werden.

Grüne in Schermbeck vermissen planvolles Vorgehen

Auch die Grünen in Schermbeck zeigen sich in einer Stellungnahme irritiert über das Vorgehen des Kreises. Es sei zwar nachvollziehbar, dass nun gehandelt wird, da im Schadensfall von Behördenversagen die Rede sei. Dennoch fragt die Fraktion, warum erst jetzt und auf diese Art gehandelt wird. „Das Gericht hat bestätigt, dass der Kreis Wesel jahrzehntelang die Zustände geduldet hat. Regelmäßige Kontrollen hätten weitere Zubauten verhindert und den Wildwuchs gar nicht erst entstehen lassen“, heißt es.

Zudem hätte auch der Status als Wochenend- oder Campingplatz behördlich abgeklärt werden können, schreiben die Grünen weiter. „Ein planvolles Vorgehen, sowie eine frühzeitige Information der Bewohner mit Terminsetzung hätte den Betroffenen und der Kommune die Chance gegeben, angemessene Unterkünfte zu finden und eine geordnete Räumung zu vollziehen. Der Kreis Wesel möchte bürgerfreundlich sein. Vorfälle wie diese zeigen, dass da noch viel Luft nach oben ist.“

Gemeinde musste noch keine Bewohner unterbringen

Was die Versorgung der nun obdachlosen Bewohner angeht, so musste die Gemeinde Schermbeck noch niemanden unterbringen, erklärt Gerd Abelt, allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters, auf NRZ-Anfrage. Die Leute hätten dies selbst organisiert. Nur wenn jemand keine Unterkunft fände, müsste die Gemeinde die Leute unterbringen, so Abelt. „Einige haben sich erkundigt, aber bis heute musste von uns keiner untergebracht werden.“