Wesel. Anja Jansen und Karla Blaswich haben die erste Fläche, auf denen zuvor politische Werbung stand, umgestaltet – mit Humor und Kreativität.
Mit einem „Augenzwinkern“ wollen die beiden Künstlerinnen Anja Jansen und Karla Blaswich ihre Gesellschaftskritik auf dem ehemaligen Wahlplakat an der Schermbecker Landstraße verstanden wissen. Wo Tage zuvor noch Politiker um Stimmen für die Bundestagswahl mit markigen Sprüchen und vollmundigen Versprechungen warben, prangt jetzt ein riesiger Kürbis und ein kleiner Prinz mit einem überdimensionalen Lineal. Darunter ist zu lesen, dass Größe nicht wichtig sei.
Botschaft gegen Angeberei
Dieser Spruch darf durchaus auch auf die vorherige Nutzung bezogen werden, erklären die beiden Frauen vom Weseler Atelier „Am Wasserwerk“ mit einem Lächeln. Dass sich „manche vielleicht nicht ganz so wichtig nehmen sollten“, wollen die beiden Weselerinnen damit ausdrücken – selbstverständlich dürfe man das auch gerne auf den Wahlkampf der vergangenen Wochen beziehen. Aber auch gerne aufs gesamte Leben. Die „Botschaft gegen Angeberei“ wollen Anja Jansen und Karla Blaswich jedoch keineswegs mit erhobenen Zeigefinger, stattdessen lieber mit viel Humor rüberbringen. Jeder könne ja für sich selbst entscheiden, was er als wichtig empfinde.
Dazu haben sie einige Vorüberlegungen angestellt und sich dann die Arbeit geteilt: Karla Blaswich sagt „der kleine König ist meiner“, weil sie diese Figur schon mehrfach gezeichnet und als ihr Markenzeichen entwickelt hat. Anja Jansens Spezialität sei da eher das Realistische und Plastische. Und warum der Mega-Kürbis? „Es sollte etwas sein, was zur Jahreszeit Herbst passt, außerdem ein Eyecatcher“, erläutert Anja Jansen. Die 54-jährige wohnt in Wesel und arbeitet bei den Stadtwerken. Gemeinsam mit der 55-jährigen Karla Blaswich, die Chefin einer Weseler Unternehmensberatung ist, hat sie nebenberuflich Kunst studiert. Nach zehn Semestern am Institut für Ausbildung in bildender Kunst und Kunsttherapie (IBKK) in Bochum haben die beiden den Abschluss „Master of Art“ absolviert. 2013 gründeten sich dann das Atelier „Am Wasserwerk“.
Grundschulen werden am Bahnhof aktiv
Dass sie jetzt die 2,50 Meter Breite und 1,75 Meter große Plakatwand umgestalten durften, freut Anja Jansen und Karla Blaswich ganz besonders. Dieses Kunstwerk im öffentlichen Raum auf einer Grünfläche direkt an der Bundesstraße 58 direkt gegenüber der Einmündung der Kurt-Kräcker-Straße passieren Tag für Tag hunderte Autofahrer, Radler und Fußgänger – und es springt sofort ins Auge.
„Toll, dass wir diese Chance hatten. Auch wenn es anstrengend war, hat es Spaß gemacht“, bilanzieren die beiden Malerinnen. Beide berichten, dass während des stundenlangen Schaffensprozess schon mehrere Passanten sich lobend geäußert haben über das, was die beiden Damen dort auf die Fläche des ehemaligen Wahlplakates pinselten. Offenbar gefällt es dem einen oder anderen also besser, als viele der Botschaften, die in den Wochen davor in der Hansestadt auf diesen Plakatständern zu lesen waren.
Plakat wurde direkt umgeworfen
Bis Ende Oktober sollen der kleine König und der große Kürbis das Straßenbild zieren. Doch schon kurz nach der Fertigstellung lag das Plakat im Gras: „Ich habe die Info, dass ,Vandalen’ die Wand umgeschmissen und beschädigt haben. Leider!“, erklärte Karla Blaswich. Die Stadt Wesel schickte allerdings sofort den ASG los, um das Kürbis-König-Kunstwerk schnellstmöglich wieder aufzurichten.
In den nächsten Tagen sollen – unter anderen von den Kindern der Konrad-Duden-Grundschule – weitere ehemalige Wahlplakate künstlerisch gestaltet werden. Man darf gespannt sein auf deren Motive und Botschaften.