Kreis Wesel. Robin Lind ist einer der so genannten Peerberater der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) im Kreis Wesel. Er selbst ist Autist.

Eine wichtige Anlaufstelle für die Fragen und Nöte von Menschen mit Behinderungen ist das Büro der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) an der Viktoriastraße 10 in Wesel. Zum Team an den beiden Standorten - auch in Moers gibt es ein Büro - gehören auch insgesamt fünf ehrenamtliche Peerberater. Sie können die Distanz in den Gesprächen zu den Hilfesuchenden verringern, auch weil sie selbst von einer Erkrankung betroffen sind.

So gibt es zwei Berater mit psychischen Erkrankungen, eine Mutter mit einem behinderten Kind, eine junge Dame im Rollstuhl und einem jungen Mann, der das Asperger-Syndrom hat. „Es geht dabei gar nicht um eine spezielle fachliche Beratung“, sagt Sandra Tinnefeld, eine der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen. „Die Peerberater sehen die Probleme aus ganz anderen Perspektiven, haben selbst Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht.“

Ein Leben in Selbstständigkeit

Robin Lind ist einer der fünf Peerberater. „Bei mir wurde im Jahr 2015 eine Autismusspektrumstörung diagnostiziert. An meinem Wohnort suchte ich mir Unterstützung bei einem Kompetenzzentrum für Menschen mit Autismus. Im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung kam bei mir der Wunsch auf, mich mehr sozial zu engagieren. Dabei stieß ich auf die in Deutschland noch recht neue Möglichkeit der Peer-Beratung.“ Zunächst wandte sich Lind als Ratsuchender an die Beratungsstelle in Wesel, bekundete aber direkt auch das Interesse, anderen Betroffenen aus dem Autismusspektrum zur Seite zu stehen. „Praktisch sofort erhielt ich die Chance, mich für die ehrenamtliche Tätigkeit zu qualifizieren und wurde Teil des Beratungsteams.“

Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, das ist möglich

Lind gehört zu den Menschen mit Autismus, bei denen eine offizielle Diagnose erst recht spät im Erwachsenenalter erfolgt ist. „Eine spezifische Unterstützung oder Nachteilsausgleiche hatte ich deshalb zuvor nicht erhalten. Dennoch gelang es mir, ein Leben in Selbstständigkeit aufzubauen, ein Studium zu absolvieren, verschiedene Berufe auszuüben, Partnerschaften zu führen, Reisen zu unternehmen und einiges mehr.“

Sein bisheriges Leben habe ihn gelehrt, „dass mit Autismus zwar vieles schwierig, aber im Grunde doch alles möglich sein kann.“ Das wolle er anderen Betroffenen zeigen – ihnen sozusagen als Wegweiser dienen, um ihren Zielen näher zu kommen und den Mut zu haben, selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten. Auch mit Hilfe von Unterstützungsangeboten, wenn das sinnvoll ist.

Die Inhalte seiner Peer-Beratung sind vielfältig. „In meiner Beratung gibt es keine Tabuthemen“, so Lind. „Zwar bringe ich natürlich nicht aus allen Bereichen Erfahrung und Kompetenz mit, möchte aber keine Vorgaben machen, worüber gesprochen werden darf und worüber nicht.“

Herausforderungen des Alltags

Häufig ginge es um Herausforderungen des Alltags – zum Beispiel im Job/Studium sowie beim Umgang mit Menschen aus dem eigenen Umfeld – oder um persönliche Veränderungen wie einen Umzug, einen Wechsel der beruflichen Tätigkeit. Oder auch einfach um die Frage, wo es spezifische Unterstützung gibt und wie man sie bekommen kann.

>>>Die Peer-Beratung>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Seit 2018 wurde ein Netzwerk von rund 500 Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen (EUTB) bundesweit aufgebaut. Die Beratungsangebote werden durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert. Dabei unterstützen die Mitarbeiter Menschen mit Behinderung und deren Angehörige bei allen Fragen zur Rehabilitation und Teilhabe. Neben den hauptamtlichen Mitarbeitern wird die EUTB im Kreis Wesel von ehrenamtlichen Peer-Beratern unterstützt. Das sogenannte Peer-Counceling ist ein Beratungsangebot von Betroffenen für Betroffene. Ursprünglich stammt das Konzept des Peer-Counceling aus den USA und wurde in den 80- er Jahren in Deutschland durch die Selbstbestimmt- leben- Bewegung etabliert.