Wesel/Duisburg. Am zweiten Prozesstag gibt der 58-jährige Niederländer einen Teil der Vorwürfe über seinen Anwalt zu. Die Vergewaltigung bestreitet er jedoch.

Rund 40 Anklagepunkte, darunter zahlreiche Misshandlungen und Sexualtaten, werden einem 58-jährigen Niederländer vorgeworfen. Zwischen 2017 und seiner Festnahme im Juli 2020 soll der spirituelle Führer einer sektenähnlichen Gruppierung in Wesel und Hamminkeln Mitglieder der Gruppe gedemütigt und gequält haben. Am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Duisburg brach der Angeklagte sein Schweigen.

Genauer gesagt, ließ er seinen Verteidiger einen Teil der Anklagevorwürfe einräumen. Geständnisse gab es für eine Reihe von Gewalttaten: So wurden Schläge mit einem Bambusstock und mit einem Hammer eingeräumt. Schläge mit einer Grillzange in das Gesicht einer Zeugin, die versehentlich in der Küche des vom „Life Balance Recovery Center“ betriebenen „Haus Constanze“ Öl verschüttet hatte, gab der Angeklagte ebenfalls zu.

Angeklagter bestreitet sexuelle Demütigung und Vergewaltigung

Auch andere Strafaktionen räumte er durch seinen Verteidiger ein: Der Angeklagte hatte 2018 die Hand eines Zeugen auf einen Grillrost gedrückt und ihm so erhebliche Brandverletzungen zugefügt. Ein Auszubildender, der an seinem freien Tag nicht hatte arbeiten wollen, wurde mit Schlägen eines Teppichklopfers bestraft. Wegen Fehlverhaltens in der Küche wurden andere mit Schlägen auf die Ohren und mit Tritten in die Rippen traktiert. Der Angeklagte bestätigte die Worte seines Anwaltes mit einem Kopfnicken und einem knappen „Ja.“

An andere Taten hat der Angeklagte angeblich keine Erinnerung mehr. Und jene Punkte, die ihm die sexuelle Demütigung und Vergewaltigung männlicher Gruppenmitglieder vorwerfen, weist er zurück: „Es hat derartige sexuelle Handlungen gegeben, aber Zwang spielte dabei keine Rolle“, so der Verteidiger. Der in einem kleinen Ort in den Niederlanden geborene und aufgewachsene Angeklagte hatte einen erfolgreichen Berufsstart gehabt.

Sektenführer: „Ich muss da irgendwie in Dunkelheit geraten sein.“

Als Kaufmann, der sich später auf die Versicherungsbranche spezialisierte, hatte er gutes Geld verdient. 2001 sei sein Mandant erstmals mit „Energiearbeit“ und den Lehren vom Michael Barnett in Berührung gekommen, dessen Assistent er einige Jahre war. „Und er hat gemerkt, dass man damit auch Geld verdienen kann.“ So habe der Niederländer bald selbst Kurse angeboten, schließlich in Wesel das „Life Balance Recovery Center“ gegründet, um Menschen spirituelle Erfahrungen zu vermitteln und in Lebenskrisen zu beraten.

Wie es zu den eingestandenen Taten kommen konnte, dafür habe sein Mandant selbst keine rechte Erklärung, so der Verteidiger. „Er sagt: Ich muss da irgendwie in Dunkelheit geraten sein.“ Jedenfalls widerspreche das fundamental den Absichten, die der Angeklagte mit seiner spirituellen Tätigkeit eigentlich umsetzen wollte.

Urteil könnte Ende Mai fallen

Am 7. Mai sollen wie schon am ersten Verhandlungstag Zeugen vernommen werden. Das weitere Beweis-Programm kann voraussichtlich angesichts des Teil-Geständnisses des 58-Jährigen aber wohl verkürzt werden. Bislang sind bis Ende Mai zwei weitere Sitzungstage anberaumt.