Wesel. Ein illegaler Sondengänger hat in Wesel Büderich ein Frauengrab aus der Merowinger-Zeit entdeckt. Anonym gab er ein Schmuckstück beim LVR ab.

Diese Frau war wohlhabend, soviel steht fest. Sie hat in der zweiten Hälfte des siebten Jahrhunderts gelebt und wurde in Büderich beigesetzt. Ein illegaler Sondengänger hat ihre Goldfibel gefunden – eine üppig verzierte Spange, mit denen Frauen in der Merowinger-Zeit ihre Kleidung zusammen hielten. Sie funktionierte nach dem Prinzip der Sicherheitsnadel und war je nach Status ihrer Besitzerin mehr oder weniger fein verziert, mehr oder weniger sorgfältig gearbeitet.

Ungestörte Zusammenhänge sind bei archäologischen Entdeckungen wichtig

Zwar hat der Sondengänger seinen Fund anonym im LVR-Museum Krefeld abgegeben, samt Angabe des Fundortes. Leider hat er einiges unwiederbringlich zerstört, als er das ungewöhnliche Stück barg.

Dr. Marion Brüggler vom LVR - Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Außenstelle Xanten, hat sich mit dem Fund befasst. Sie ordnet ihn als von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung ein. „Es ist gut, dass er die Goldscheibenfibel vakuumiert hat“, sagt sie, „sonst fallen die feinen Einlagen heraus“. Dennoch: Für die Wissenschaftlerin sind ungestörte Zusammenhänge wichtig.

Archäologen hätten die Fibel an Ort und Stelle gelassen. Müssen solche Funde geborgen werden – beispielsweise weil dort gebaut wird – werden die Stellen flächig fachgerecht freigelegt, Profilschnitte gemacht und Proben entnommen. „Wir hätten über diese Frau viel mehr herausfinden können“, sagt Brüggeler bedauernd.

Finder gab weitere Artefakte ab, die Fragen aufwerfen

Diese Goldmünze hat eine Öse und wurde wohl als Schmuckstück getragen.   
Diese Goldmünze hat eine Öse und wurde wohl als Schmuckstück getragen.   © Jürgen Vogel/LandesMuseum Bonn

Neben der Fibel hat der Finder bronzene Schnallen, eine silberne Amulettkapsel und eine Goldmünze mit Öse abgegeben. „Wir können nicht herausfinden, ob das zusammen gehört“, erläutert Brüggler.

An der angegebenen Stelle war nicht mehr zu finden, normalerweise aber wurden bei den Franken Menschen nicht allein beigesetzt. Sie kannten Friedhöfe. Kommen die Dinge womöglich aus unterschiedlichen Gräbern? Die Fragen bleiben offen.

Typisch niederrheinische Handwerkskunst

Besonders an dieser Goldfibel ist, dass sie eine typische niederrheinische Handwerkskunst spiegelt. Jedes Stück ist individuell hergestellt. Die Schnalle ist aus hauchdünnem Schmuckblech mit Granateinlagen und stilisierten Insekten aus feinem Golddraht darauf, sehr exakt gearbeitet. „Sie muss zu einer gehobenen lokalen Schicht gehört haben, Großbauern oder Großgrundbesitzer“, sagt Archäologin Marion Brüggler.

Im LVR-Museum in Bonn ist das Schmuckstück geröntgt worden und im Computertomografen untersucht, um seine inneren Strukturen zu sehen. In Bonn soll es später auch ausgestellt werden.

Metallsucher sieht man häufig auf den Feldern am Niederrhein. Nicht alle sind illegal unterwegs, einige haben eine Lizenz. „Viele sind auf der Suche nach Münzen und Militaria aus dem Krieg. „Letzteres ist nicht immer ungefährlich“, sagt Brüggler. Legal dürfen nur Funde aus den oberen 30 Zentimetern geborgen werden, Pflugtiefe.

Oft darf man Gefundenes behalten - Schätze sehen oft nicht danach aus

„In der Regel dürfen sie die Funde behalten, sie müssen sie uns nur zeigen und den Fundort nennen“, erläutert Brüggler. Das LVR registriert solche Stellen. „Finden sich regelmäßig in einer bestimmten Gegend beispielsweise Münzen, vermuten wir, dass dort etwas ist.“ Aber auch dann werden die Archäologen nicht aktiv, „in der Regel sind die Dinge in der Erde gut aufgehoben“. Lediglich, wenn jemand dort bauen will, müssen Grabungen vorangehen.

Funde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung wie die Goldfibel gehen sofort als Eigentum an das Land NRW. Findet jemand etwas von Wert, Brüggler nennt als Beispiel einen Eimer Goldmünzen aus Kriegszeiten, ist das nicht von besonderem wissenschaftlichen Interesse.

In dem Falle teilen sich der Finder und der Grundstückseigentümer den Fund. Dagegen könnte eine einzelne Scherbe mitunter die Augen der Wissenschaftler aufleuchten lassen. Mancher, der auf der Suche nach einem vermeintlichen „Schatz“ ist, übersieht dabei das wirklich Wertvolle.