Wesel. Mathis Kock koordiniert in Wesel die Aktionen von Fridays for Future. In Pandemiezeiten ist das allerdings eine echte Herausforderung.
In Zeiten der Corona-Krise ist auch die Fridays for Future-Bewegung etwas in den Hintergrund getreten -- die Aktionen pausieren momentan. Christian Schyma sprach mit Mathis Kock, der die Aktionen in Wesel koordiniert, über künftige Ziele, die Aufgaben der Politik und die Nachhaltigkeit vor der eigenen Haustüre.
Hat die Corona-Pandemie die Diskussionen um die Klimakrise in den Hintergrund treten lassen und vielleicht sogar verdrängt? Welche nachhaltige Wirkung hat Corona auf die Bewegung?
Natürlich hat die Klimakrise durch die Pandemie nicht den Fokus in der öffentlichen Diskussion, den sie einmal hatte. Dazu kommt auch noch die fehlende Möglichkeit durch große Demonstrationen Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Dennoch bin ich überzeugt, dass die Klimakrise, wenn das Pandemiegeschehen nachlässt, wieder zu einem der relevantesten Themen wird. Einfach, weil sie eine der größten Bedrohungen unserer Zeit ist. Deshalb sind viele Menschen in und außerhalb von FFF weiter sehr motiviert etwas gegen sie zu tun.
Wie hat man sich intern in Wesel bei der Gruppe verständigt – pausieren die Aktivitäten lokal und bundesweit? Wie sind die Pläne für Aktionen in nächster Zeit?
Wir in Wesel versuchen auch in der Pandemie Aktionen durchzuführen wie zum Beispiel die Sprühkreideaktion am 19. März. Bundesweit laufen momentan die Planungen für den nächsten großen Aktionstag. Es ist aber natürlich momentan schwierig, Aktionen durchzuführen, die sowohl öffentlichkeitswirksam als auch in Pandemiezeiten ungefährlich sind.
Welche Rolle spielt die Bundestagswahl, welchen Einfluss kann man da auf die Parteien nehmen?
Die Bundestagswahl ist sehr zentral. FFF Deutschland hat für die Bundestagswahl eine Strategie entwickelt. Für uns ist klar, dass momentan noch keine Partei ein für das 1,5°C-Ziel ausreichendes Klimaprogramm hat. Daher werden wir vor und nach der Wahl versuchen auf die Politik Einfluss zu nehmen, damit endlich konkrete Maßnahmen ergriffen werden.
Welche Resonanz bekommen Sie auf Ihre Arbeit für FFF in Wesel?
Das ist unterschiedlich. Ich habe das Gefühl, dass die meisten unsere Arbeit schätzen. Mit anderen diskutiere ich, wie wichtig jetzt ergriffene Klimaschutzmaßnahmen sind und dann gibt es natürlich Schwurbler, mit denen ich nicht einmal zielführend diskutieren kann. Das ist aber eine absolute Minderheit.
Die Menschen fahren weniger Auto, fliegen weniger. Kann man sich darüber freuen, oder sieht man es „nur“ als Folge der Pandemie und nicht als Lernprozess?
Die Coronapandemie senkt zwar die CO2-Emissionen, jedoch nicht nachhaltig. Uns ist klar, dass die derzeitige Situation nur eine Ausnahme ist und es nach der Pandemie wie vor der Pandemie weitergehen wird, wenn nicht systematisch etwas verändert wird.
Was raten Sie den Menschen hier in Wesel und am Niederrhein, wie können sie nachhaltiger leben?
Privatpersonen können hauptsächlich Einfluss auf Ernährung und Verkehr nehmen. Bei der Ernährung können durch weniger Fleischkonsum und mehr regionale und saisonale Produkte Emissionen eingespart werden. Beim Verkehr bietet es sich an, Kurz- und Mittellangstrecken zu Fuß oder mit dem Rad zu bewältigen. Bei Langstrecken auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen ist definitiv auch gut. Das ist aber leider immer noch für viele Menschen schwierig. Da braucht es noch politische Veränderung.
Worin sehen Sie die wichtigsten Aspekte des Klimaschutzes in den nächsten Jahren, was sind die wichtigsten Eckpunkte für mehr Nachhaltigkeit?
Letztendlich müssen in allen Bereichen die CO2-Emissionen zurückgehen, es müssen eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen werden. Die Sektoren, die 2020 die meisten Treibhausgase ausstießen, waren die Energiewirtschaft, hier muss die Energiewende gefördert und nicht mehr behindert werden. Weitere Aspekte sind die Industrie und der Verkehr, hier müssen öffentliche Verkehrsmittel und Fuß- und Radverkehr attraktiver gemacht werden.
Gibt es Momente in Ihrem Leben, in denen Sie sich erwischen, selbst nicht nachhaltig zu leben?
Zum Beispiel kaufe ich Produkte, die nicht nachhaltig produziert oder verpackt sind. Derzeit leben die wenigsten wirklich nachhaltig. Daher braucht es politische Veränderung, denn es ist nicht möglich die Klimakrise durch individuelles Verhalten zu bewältigen.
Welche vordergründigen Aufgaben hat die Politik in Sachen Klima in der nächsten Zeit?
Das Problem an der Klimakrise ist, dass es keine einzelne Patentlösung für sie gibt. CO2-Emissionen entstehen leider an einer Vielzahl von Stellen. Daher muss die Politik an vielen Stellschrauben drehen. Sei es bei der Energiewende, der Umstellung auf eine nachhaltige Industrie, einer umfassenden Bahnreform, oder bei der energetischen Sanierung von Gebäuden.“
Macht die Stadt genug fürs Klima?
Ich sehe schon viele Entwicklungen in die richtige Richtung zum Beispiel die Stadtbuslinien oder den Fahrradanteil am Verkehr. Klar ist aber auch, dass in vielen Bereichen noch deutlich mehr möglich ist.