Kreis Wesel. Bis Land, Bund und Kreis sich bewegen, haben viele kleinere Weidetierhalter bereits aufgegeben, fürchtet die SPD im Kreistag Wesel.

Für viele Nutztierhalter ist das regionale Herdenschutzzentrum, das bei den Kreistierzuchtberatern angesiedelt sein soll (die NRZ berichtete) zu kurz gesprungen - und es dauert zu lange, bis zum Herbst können sie nicht mehr warten. Die Kreis-SPD drückt aufs Tempo, ist aber in der Opposition und konnte sich bislang mit ihren Forderungen nicht durchsetzen: Um die Situation darzustellen lud die SPD-Fraktion jetzt auf den Hof von Bauer Heinrich Heselmann in Lackhausen ein, der Mutterkühe hält. Ebenfalls im Boot war Stefan Lotzmann, Schreinermeister und Nebenerwerbsschäfer aus Ringenberg.

Hunde sind für kleinere Haltungen keine Lösung

Letzterer sagt: „Viele kleinere Halter werden aufgeben, wenn es nicht schnell Lösungen gibt.“ Hunde seien vielleicht für die großen Herden eine Lösung, für ihn nicht: Sie sind teuer in Unterhaltung und Ausbildung, sie kommen für Nebenerwerbs- und Kleinschafhalter nicht in Frage. Zudem darf man sie nicht hinter Elektrozäunen halten.

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Die Herdenschutzvorschriften seien „am geraden Schreibtisch gebaut“, kritisiert er. Nötig seien regionale Herdenschutzstellen mit Experten, die auch rauskommen und individuelle Lösungen erarbeiten. „Aber du stellst einen Antrag und dann stehst du ganz alleine damit.“ Den Plan der Verwaltung, das Zentrum bei den Tierzuchtberatern anzusiedeln, kritisiert die SPD. Gabriele Wegner, umweltpolitische Sprecherin, fordert einen konkreten Zeitrahmen und einen Ressourcenplan.

Kerstin Löwenstein ist sachkundige Bürgerin der SPD-Fraktion und bringt Fachwissen mit: Als Forstwissenschaftlerin und Mitglied der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe hat sie sich in das Thema gründlich eingearbeitet. „Die Nutztierhalter benötigen schnelle und unbürokratische Hilfe“, sagt sie. Eine, die immer greifbar wäre. „Wenn alle jetzt aufgeben, ist es zu spät.“ Dabei sei es nicht sinnvoll, das Wolfsrudel jetzt zu zerstören, „dann werden die Probleme noch größer“.

Es dauert zu lange, bis die zuständigen Stellen reagieren

Bauer und Sozialdemokrat Heselmann fürchtet sich, seine Tiere wie gewohnt im April auf die Weide zu stellen.
Bauer und Sozialdemokrat Heselmann fürchtet sich, seine Tiere wie gewohnt im April auf die Weide zu stellen. © FFS | Markus Weissenfels

Heinrich Heselmann kritisiert, dass Rinder- und Pferdehalter überhaupt nicht in der aktuellen Herdenschutz- und Entschädigungskulisse vorkommen. Und auch er fühlt sich allein gelassen. „Wenn eine verängstigte Herde herumrennt: Wer hilft mir, die wieder einzufangen?“ Anfang April kommen seine Tiere auf die Weide, mit den Kälbern. „Ich habe das immer sehr gerne gemacht, aber jetzt habe ich Angst“, sagt er. Es sei zermürbend.

Löwenstein kritisiert, dass Land und Bund sich den Schwarzen Peter in Sachen Herdenschutz gegenseitig zuschieben. Und sie kritisiert vertane Chancen:
Ein Euregioprojekt hatte ihr vor Augen gestanden. Zusammen mit dem Kreis Kleve und den Niederländern hätte aus den Fördertöpfen ein Herdenschutzzentrum mit Forschungsabteilung entstehen können. „Das funktioniert, man hätte ohne Ende Mittel bekommen können“, sagt sie. Im Kreistag habe das keine Mehrheit gefunden, „und in zwei Jahren sind die Töpfe leer“.

Kreistag hat am Donnerstag das letzte Wort

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Max Sonnenschein, SPD-Kreistagsmitglied, kritisiert die allgemeine Zögerlichkeit - und wundert sich, dass die Grünen die SPD in ihrem Antrag nicht unterstützt haben. „Wir brauchen viel konkretere Pläne, der Druck ist groß“, sagt er. Am Donnerstag wird der Kreistag endgültig entscheiden, doch die Mehrheit hat sich in den Fachausschüssen gegen den SPD-Antrag oder Kompromisse ausgesprochen.