Wesel. Die Frage nach Immobilienwerten ist reizvoll. Scoperty schätzt ungefragt Preise von Weseler Gebäuden, liegt mit den Schätzungen aber oft daneben.

Die Internetplattform Scoperty stellt millionenfach Preisschätzungen für Immobilien in ganz Deutschland ungefragt ins Netz. Geht man auf die Internetseite und gibt beispielsweise Wesel ein, landet man auf einer Google-Maps-Ansicht, mit der Ergänzung, dass an fast allen Häusern ein geschätzter Immobilienwert steht.

Dabei wird eine sehr grobe Preisspanne angezeigt, welche in etwa den Wert der Immobilie treffen soll. Die Werte werden durch einen Algorithmus berechnet, der in Kooperation mit weiteren Unternehmen (Sprengnetter, Infas 360) öffentlich zugängliche Immobiliendaten in Deutschland in seine Berechnung einspeist.

Bei Maklern ist die Plattform umstritten. Immobilienkauffrau Jennifer Berndsen aus Wesel sieht schon mit einem ersten geschulten Blick, dass das Portal wahrscheinlich vor allem Daten abgreifen will. „Von diesen Portalen gibt es ja viele. Die Frage, wie viel die eigene Immobilie wert ist, reizt ja auch, obwohl man vielleicht gar kein Verkaufsinteresse hat“, erklärt die Maklerin.

Profis sehen die Plattform kritisch

Um an die Informationen zu kommen, müssten dann aber jede Menge Daten angegeben werden und am Ende natürlich auch der Name. „Und plötzlich meldet sich 2-3 Tage später, wie aus dem nichts ein Makler und fragt, ob Sie nicht vielleicht ihr Haus verkaufen wollen.“

Wenn kein wirkliches Interesse bestünde seine Immobilie zu verkaufen, solle man davon die Finger lassen oder eine richtige Schätzung von einem vertrauensvollen Experten vor Ort durchführen lassen.

Ungenaue Werte

Daten sind das Stichwort in der ganzen Thematik. Je mehr Informationen die Plattform zugreifen kann, desto genauer werden vielleicht irgendwann auch die Schätzpreise durch Scoperty.

Bislang sind die angegebenen Preise aber noch ziemlich willkürlich, findet Daniel Vasta, Kaufmann für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft: „Unser Büro hat eine Stichprobe gemacht. Scopertys Schätzwerte weichen aktuell leider von den realen Verkaufspreisen deutlich ab.“

Diese Stichprobe sei zwar nicht repräsentativ, zeige aber wie ungenau so manche Immobilien geschätzt werden. Ein Einfamilienhaus, Baujahr 2014, zentral in Wesel gelegen, mit großem Grundstück und einer Wohnfläche von 150 m² wird von Scoperty auf 150.000 bis 224.000 Euro geschätzt.

Der reale Kaufpreis liege allerdings bei über 430.000 Euro. „Ein neuwertiges, junges Einfamilienhaus in dieser Größe gibt es in ganz Wesel nicht, für nur 224.000 Euro“. Genauso habe das Büro von Daniel Vasta aber auch Immobilien gefunden, die durch die Online-Plattform deutlich zu hoch eingestuft wurden.

Beide Makler beteuerten, dass Immobilienwerte nicht durch reine Algorithmen, die entsprechende Daten auswerten, eingestuft werden können. „Man braucht sehr viele Informationen, um eine Immobilie richtig zu bewerten“, so Jennifer Berndsen.

„Beispielsweise muss man die Immobilie natürlich auch mal von innen gesehen haben.“ Neben den reinen Zahlendaten und der Außenansicht, müsse unter anderem der Zustand, die Ausstattung und die Umgebung berücksichtigt werden. Würde man sich nur an Zahlen orientieren, könnte man durchaus auch mal böse überrascht werden.

„Ich kenne bis heute keinen Algorithmus, der es schafft, Immobilienpreise korrekt und erschöpfend zu ermitteln“, erklärt dazu auch Daniel Vasta.

Wo man valide Daten findet

Daten sind für die Preisbestimmung von Immobilien jedoch trotzdem sehr wichtig. Diese Daten seien aber besonders Präzise dem Marktbericht des Gutachterausschusses zu entnehmen. Dieser ist ebenfalls frei einzusehen.

„Im Gutachterausschuss werden die Daten sauber aufgearbeitet“, heißt es seitens der Stadt Wesel. Die Gutachter bekommen echte Kaufverträge zugesendet und befragen Käufer zum Zustand der Immobilie. Hierdurch entstehen reale Richtwerte aus einer fundierten Datenlage.

Daniel Vasta hat die Schätzung von Scoperty an seiner eigenen Immobilie entfernen lassen: „Ich will kein öffentliches Preisschild an meiner Immobilie haben. Zumal es mir völlig willkürlich erscheint.“

Er würde dies auch jedem empfehlen, der das nicht möchte. Am Ende der Website von Scoperty findet sich unter der Überschrift Kontakt eine Möglichkeit zum Widerspruch. Mit dieser Widerspruchslösung geht die Internetplattform wohl auch mit dem Datenschutz konform.