Wesel. Die Prüfungen zum Abitur sollen trotz Corona stattfinden. Julius Willich und Helena Goerke vom KDG in Wesel bereiten sich darauf vor.

Das Motto stand schon lange vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie fest. An ihr "Mafiabi" dürften sich Helena Goerke und Julius Willich vom Konrad-Duden-Gymnasium in Wesel aber auch so noch lange erinnern - gehören die Schüler doch zum Corona-Abiturjahrgang 2021. Ihre Prüfungen sollen - Stand jetzt - wie geplant im April und Mai stattfinden. Die Redaktion sprach mit den beiden 17-Jährigen über Schule auf Distanz, das Lernen im Homeoffice und ihre Zukunftspläne.

NRZ: Wie habt ihr Schule, das Lernen für euer Abi seit dem Ausbruch der Pandemie erlebt? Wie waren eure ersten Erfahrungen?

Julius: Es war ganz komisch damals, wir hatten ja vorher noch nicht einmal Onlineseminare in der Schule. Plötzlich hat der Leistungskurs dann aber digital stattgefunden. Zwischen dem ersten und zweiten Lockdown haben wir uns zum Unterricht manchmal noch in der Sporthalle getroffen. Jetzt ist man dagegen schon an Schule in dieser Form gewöhnt.
Helena: Das stimmt, inzwischen läuft der Unterricht definitiv besser als zu Beginn von Corona. Aber es ist für mich trotzdem keine Alternative zum Präsenzunterricht. Der soziale Austausch untereinander fehlt einfach. Ich hatte aber schon damals ein ungutes Gefühl, als wir im Oktober mit 30 Schülern in der Klasse saßen - und dann im vollen Bus. Wir hatten unzählige Kontakte und auf der anderen Seite auch eine Verantwortung gegenüber den Gesunden.

NRZ: Und was ist der Unterschied jetzt im zweiten Lockdown? Wie laufen die Klausuren ab?

Julius: Es läuft jetzt alles ein bisschen geordneter ab, der Unterricht erfolgt zu festen Zeiten. Es gibt fast keinen Ausfall, aber wir fahren nur noch zu den Klausuren in die Schule - und man freut sich, mal die Leute zu sehen.
Helena: Seit Dezember waren wir nicht mehr in der Schule. Das wird auch in nächster Zeit nur noch zu den Klausuren in der Aula oder Mensa sein. Irgendwie kommen wir nur noch hierhin, um unsere Leistung nachzuweisen. Das ist schon ein seltsames Gefühl.

NRZ: Was läuft denn gut im virtuellen Unterreicht, was weniger?

Julius: Die Organisation ist eigentlich gut, die Internetverbindung steht auch in der Regel. Der Lehrer startet den Unterricht und bestimmt auch die Pausen. Wir arbeiten nach einem geregelten Stundenplan. Nur zwischendurch setzt mal bei dem einen oder anderen die Kamera oder der Ton aus.
Helena: Ich finde aber, dass nach einer gewissen Zeit das Konzentrationsvermögen abnimmt. Denn es ist viel schwieriger, den Stoff am Laptop aufzunehmen als in der Schule mit geregeltem Ablauf. Mit den Darstellungsformen wie beispielsweise Präsentationen funktioniert es technisch sehr gut. Es ist insgesamt lernintensiver, weil auch weniger hängenbleibt - digitaler Unterricht ist die größere Herausforderung. Wir müssen jetzt mehr in Eigenarbeit erledigen. Was es für uns schwierig macht, ist die Ungewissheit, die fehlende Planbarkeit, wie es bis zu den Prüfungen weitergeht.

NRZ: Wie intensiv würdet ihr den Kontakt zu euern Mitschülern und den Lehrern beschreiben?

Helena: Es gibt kaum Verständigungsprobleme, die Lehrer sind gut erreichbar und sind auch sehr engagiert. Andererseits stört diese ständige Erreichbarkeit auch etwas. Man ist immer etwas gezwungen, abends um 18 Uhr seine Nachrichten abzurufen, sich Informationen zum Unterricht zu beschaffen. Mit Freunden und Mitschülern vermeide ich momentan den persönlichen Kontakt. Eigentlich ist man tatsächlich nur noch mit der Schule beschäftigt. Wir arbeiten die Schule ein Stück weit ab, haben im Moment keinen Ausgleich.
Julius: Man kann jeden fast zu jeder Zeit anschreiben - wir arbeiten zurzeit viel mit dem Programm Teams. Auf der anderen Seite heißt es aber auch: Man kann wenig abschalten, sitzt wirklich den ganzen Tag am Schreibtisch. Nur mit einem Freund treffe ich mich noch persönlich. Das fehlt als Motivationsfaktor.

NRZ: Man spricht oft vom Corona-Abitur. Habt ihr Angst, dass es als Notabitur betrachtet wird?

Julius: Na ja, es ist ja keinesfalls leichter als vorher. Wir müssen uns alles selbstständig erarbeiten, in digitalen Lerngruppen. Wir machen am Ende ganz normale Abiturprüfungen, deshalb wird es auch nicht so auffallen. Eine gewisse Sorge bleibt, aber Angst wäre vielleicht übertrieben. Es könnte im Februar durchaus noch Anpassungen geben. Dennoch ist es wichtig, in Deutschland einheitliche Regelungen zu haben.
Helena: Ich denke auch, dass unser Abi eher schwerer ist. Was die Auswahlmöglichkeiten und die Chancengleichheit betrifft, muss man erst mal die nächsten Wochen abwarten. Ich bin aber dagegen, dass Themen gekürzt und Auswahlmöglichkeiten eingeschränkt werden - und man in Englisch beispielsweise nicht nur Shakespeare bekommt. Unser Abitur soll vergleichbar bleiben - und ein Abitur ohne Klausuren wäre deshalb keine Alternative.

NRZ: Was wird euch am Ende eurer Schulzeit fehlen? Und wie sehen eure Pläne für die Zeit danach aus?

Julius: Die Abschlussfahrt ist ausgefallen, die Chaoswoche wird es auch nicht geben. Und wir hätten gerne mit allen noch mal gefeiert. Nun kann man sich praktisch gar nicht verabschieden. Ich möchte dann nach dem Abitur BWL studieren.
Helena: Das Schöne, das Zusammensein mit den Mitschülern fällt weg, aber die Pflicht bleibt. Das ist traurig auch für das Gemeinschaftsgefühl. Denn man macht ja nur einmal Abi. Danach möchte ich Medizin oder Lehramt studieren, die Zeit vorher vielleicht mit einem Auslandsaufenthalt überbrücken.