Schermbeck. Kämmerer Frank Hindricksen stellte in der letzten Ratssitzung 2020 einen Haushaltsentwurf vor, der von der Aktualität überholt wurde
Wirklich überraschend kommt diese Erkenntnis nicht: „Der Haushalt ist geprägt von Einbußen durch die Corona-Pandemie“, verkündet Schermbecks Kämmerer Frank Hindricksen. Er stellte am Dienstag im Rat den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr vor. Dabei sprach er von einer "äußerst besorgniserregenden Haushaltslage mit wenigen positiven Aspekten". Haushaltssicherung schon in 2022?
In 2021 sollen die Schermbecker Bürger auf jedenfall noch von Steuererhöhungen verschont bleiben, doch ab 2022 könnte sich das ändern. „Wir sind sonst nicht in der Lage bis 2023 einen ausgeglichenen vorzulegen, wie es uns das Haushaltssicherungskonzept zwingend vorschreibt, begründete der Kämmerer seinen Vorschlag, der allerdings kurz vor der Ratssitzung noch von einem ganz aktuellen Erlass des Ministeriums für Kommunales beeinflusst wurde, die Hindricksen zur einer Neuberechnung zwingt. Grund: Sogenannte "Corona-Isolationen", dies seien "Bilanzierungshilfen", so Hindricksen, sind nun doch über 2021 hinaus möglich.
Der ursprüngliche Entwurf sieht im Detail vor, die Grundsteuer B für das Jahr auf 670 Prozentpunkte zu erhöhen, im Jahr 2023 dann auf 735 Prozentpunkte. Ganz grob sei dies eine Erhöhung um rund ein Drittel, rechnete Hindricksen ursprünglich vor. Er sagte dazu: „Wir sind nicht in der Lage aufgrund der gegenwärtigen Plandaten ohne diese vorgesehenen Erhöhungen den Haushaltsausgleich tatsächlich sicherzustellen.“
Gewerbesteuer ist gestiegen
Doch durch die Bilanzierungs-Hilfe könnten nun die Steuererhöhung in 2022 und eventuell auch in 2023 nicht mehr nötig sein, so der Kämmerer in der Ratssitzung. Hindricksen konkret: "Der neue Erlass lässt mich stark darauf hoffe, dass sowohl die Erhöhungen in 2022 wie auch in 2023 stark reduziert werden können - ich vermute sogar, dass wir sie 2022 sogar gänzlich aussetzen können."
Rückblickend auf das Jahr 2020 konnte Hindricksen erfreulicherweise sogar mehr Gewerbesteuer registrieren, als vermutet: Statt 6 Millionen kommen im laufenden Jahr mindestens 6,2 Millionen Euro ins die Kasse. Allerdings liegt der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit 7,7 Millionen Euro unter den prognostizieren 8,3 Millionen.
Zweierlei Bilanzierungshilfen
Der „Mann der Zahlen“ bei der Gemeindeverwaltung stellte alle relevanten Einnahmen und Ausgaben gegenüber. Der eigentliche Fehlbetrag für das kommende Jahr dürfte sich auf rund 3,4 Millionen Euro belaufen – durch „Bilanzierungshilfen“ wurde dieser Fehlbetrag auf 1,76 Millionen Euro heruntergerechnet. Unter anderem „darf“ der Kämmerer von allen Aufwendungen pauschal ein Prozent rausrechnen – dieser „globaler Minderaufwand“ bringt rechnerisch immerhin rund 400.000 Euro.
Das Problem dabei: Das Geld fällt ja nicht vom Himmel und muss irgendwie eingespart werden (zum Beispiel bei den Personalkosten). Eine „Krücke des Gesetzgebers“ nennt Frank Hindricksen, diese völlig legale „Verschönerung“ des Haushaltsansatzes.
Durch die „Corona-Isolation“ darf er zusätzliche 700.000 Euro als „außerordentliche Erträge“ verbuchen, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Immerhin: Völlig transparent und offen stellt er die "geschönte" und die wirkliche Finanzsituation der Gemeinde gegenüber. "Es hilft uns beim Haushaltausgleich. Letztlich mehr Geld haben wir dadurch nicht zur Verfügung", so Hindricksen.
Im Gesamtergebnisplan wurden die Erträge gegenüber dem ursprünglichen Plan um 7 Millionen Euro von 36,5 Millionen auf 29,5 Millionen Aufwendungen gegenüberstehen. Die Liquidität dürfte sich auf 0,3 Millionen Euro in 2021 reduzieren – doch danach soll sie wieder steigen: Für 2022 sind 0,5, im Jahr darauf 3,9 und 2024 7,1 Millionen Euro prognostiziert.
Zusammenfassend stellt der Kämmerer fest, dass mit seinem Entwurf die Ziele des Haushaltssicherungskonzeptes nicht nur eingehalten würden, sondern der erstmalige Haushaltsausgleich jetzt schon im Jahr 2022 statt in 2023 erreicht werde.
Unterstützung vom Bürgermeister
Bürgermeister Mike Rexforth unterstützt den Kurs des Gemeindekämmerers mit Blick auf den ursprünglichen Haushalt: „Wenn sich da nichts tut auf Zuweisungsebene, sind wir gezwungen dieses Loch zu decken, indem wir die eigenen Erträge anpassen.
In dem sehr engen HSK-Haushalt nochmal 1,2 Millionen Euro im Aufwandsbereich einzusparen, da fehlt einem die Phantasie.“ Insgesamt urteilt der Bürgermeister: „Die Corona-Pandemie ist ein Umstand, der uns alle fordert. Die Änderungen sind Ausflüsse aus dem war wir alle im Moment erleben.“
Am Ende seiner Ausführungen sagte Frank Hindricksen passend zur Weihnachtszeit: „Mein frommer Wunsch lautet wie jeder Jahr, keine ergebnisverschlechternden Veränderungen ohne Kompensationen.“ Ich glaube aber, dieser Wunsch sei selten erfüllt wurden, deshalb fügte er hinzu: „Weitere Ergebnisverschlechterungen haben automatisch einen weiteren Anstieg der Steuerhebestätze zur Folge.“