Wesel. Dr. Daniela Rezek über ihre Beweggründe für den Wechsel vom Marien-Hospital zum Evangelischen Krankenhaus Wesel und das, was sie dort vor hat.

Es war eine spektakuläre Meldung in diesem Jahr. Daniela Rezek, Chefärztin für Senologie am Marien-Hospital Wesel (MHW), wechselt im kommenden Jahr zum Evangelischen Krankenhaus (EVK). Die Hintergründe erläutert Dr. Rezek im Interview.

Wie lange waren Sie am Marien- Hospital tätig und was haben Sie in dieser Zeit aufgebaut?

Im Januar 2005 habe ich im Marien-Hospital angefangen, zunächst als Oberärztin in Teilzeit. 2008 hat der Aufsichtsrat die Frauenklinik in zwei Abteilungen geteilt, und ich wurde Chefärztin. Seitdem habe ich das größte Brustzentrum hier in der Region aufgebaut mit mehr als 250 primär erkrankten Frauen und über 500 Operationen.

Wann erfolgte die erste Zertifizierung als Brustzentrum?

Die erste Zertifizierung durch die Ärztekammer Westfalen-Lippe erfolgte 2007. Wir wurden als kooperatives Brustzentrum zusammen mit dem Evangelischen Krankenhaus zertifiziert. Die damaligen Geschäftsführer Heinrich Schnieders und Rainer Rabsahl hatten das gemeinsam beantragt, denn kein Haus hatte für sich alleine die erforderlichen 150 „primären Fälle“. In 2016 wurde meine Abteilung alleine als Brustkrebszentrum von der Deutschen Krebsgesellschaft (OnkoZert) zertifiziert.

Wie viele Brust-Operationen hatte Ihre Abteilung im Jahr?

Brustoperationen hatten wir zuletzt sehr viele, Ende 2019 waren es über 500. In 2020 ist durch die Pandemie die Anzahl der Brustrekonstruktionen und vor allem der ästhetischen Operationen gesunken. Mein persönlicher Schwerpunkt sind ja wiederherstellende Operationen und natürlich auch die ästhetische Chirurgie. Zum einen war ich die vergangenen vier Jahre Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie. Zum anderen bin ich ja eine der wenigen „Master of Senology“.

Dr. Daniela Rezek, Chefärztin für Senologie und Ästhetische Chirurgie am Marien-Hospital Wesel spricht beim Brustkrebs-Informationstag.
Dr. Daniela Rezek, Chefärztin für Senologie und Ästhetische Chirurgie am Marien-Hospital Wesel spricht beim Brustkrebs-Informationstag. © FFS | Sivani Boxall

Das ist zwar in Deutschland nicht als Schwerpunktbezeichnung anerkannt, aber trotzdem für die Patientinnen eine sehr wichtige Qualifikation. Denn es kommt eben nicht nur darauf an, dass der Tumor im Gesamten aus der Brust entfernt wird, sondern auch, dass die Brust danach möglichst unbeschadet aussieht.

Warum wurde die Kooperation mit dem Evangelischen Krankenhaus vom Marien-Hospital Ende 2018 gekündigt?

Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Die Geschäftsführung des MHW kündigte die Kooperation mit dem EVK, mir wurde das lediglich Ende 2018 mitgeteilt.

Hätten Sie bei Ihren Qualifikationen nicht auch in Krankenhäusern in großen Städten eine Chefarztstelle bekommen? Warum bleiben Sie in Wesel?

Ja, Sie haben recht, ich habe alle für die Leitung einer Klinik für Brustheilkunde erforderlichen Qualifikationen und darf als Seniorbrustoperateur und Master of Senology sogar Brustoperateure prüfen, die diese Qualifikation erwerben möchten. Den Schwerpunkt medikamentöse Tumortherapie habe ich ebenfalls und darf in diesem Bereich weiterbilden.

Wahrscheinlich hatte ich deshalb Angebote in Köln, Düsseldorf, Duisburg, Münster und Berlin. Ich bleibe aber in Wesel, weil ich mich hier sehr wohl fühle und richtig gut vernetzt bin. Ich bin von den Bewohnerinnen der Stadt vor 15 Jahren sehr herzlich aufgenommen worden und habe mittlerweile in Wesel mehr Freunde als in Köln, wo ich zwar zusammen mit meinem Mann lebe, aber im Grunde nur die Abende und die Wochenenden verbringe.

Ich werde in Wesel von allen Seiten unterstützt. Die niedergelassenen Ärzte, vor allem Frauenärzte, aber auch die politischen Frauen, wie Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, die Gleichstellungsbeauftragten, die Unternehmerinnen, die Landfrauen, die Geschäftsfrauen und vielen Menschen des öffentlichen Lebens, wie die Werbegemeinschaft, die Banken, die politischen Parteien standen und stehen hinter meinen Projekten. Dafür bin ich sehr dankbar, denn das ist nicht selbstverständlich. Warum sollte ich das also aufgeben?

Sie würden gerne erläutern, warum Sie sich nun entschieden haben, zum Evangelischen Krankenhaus zu wechseln. Was sind die Hintergründe?

Richtigstellen möchte ich, dass ich dem Geschäftsführer des Marien-Hospitals dankbar bin für die Unterstützung und die guten Aspekte in den letzten zwei Jahren. Denn wir haben ja seit zwei Jahren einen neuen Geschäftsführer.

Ich danke Herrn Hartmann für die Beurlaubung, so habe ich mehr Zeit, mich auf „meine“ neue Klinik für Senologie/ästhetische Chirurgie und Brustkrebszentrum im EVK Wesel gründlich vorzubereiten. Ich werde das bisher Erlebte als Erfahrung mitnehmen und überlasse die Frauenklinik des MHW ihrer weiteren Entwicklung.

Dr. Daniela Rezek, Anika Nobel und Barbara Muhr (von links) stellten 2019 das neue Konzept vom Pink Shoe Day in Wesel vor.
Dr. Daniela Rezek, Anika Nobel und Barbara Muhr (von links) stellten 2019 das neue Konzept vom Pink Shoe Day in Wesel vor. © FFS | Markus Weissenfels

Im August 2020 habe ich das Angebot vom Evangelischen Krankenhaus bekommen, dort das Brustzentrum und Brustkrebszentrum zu übernehmen und ein großes Zentrum für Brustgesundheit aufzubauen. Dabei habe ich für mich optimale Bedingungen vorgefunden.

Dort ist alles vor Ort, alles aus der gleichen Hand. Von der Diagnostik über die Therapiemöglichkeiten, wie auch die Strahlentherapie bis zur Palliativstation und demnächst das Hospiz. Das Tumorzentrum im Evangelischen Krankenhaus ist von der DGHO zertifiziert und gut aufgestellt.

Obwohl ich dort noch gar nicht arbeite, haben mich alle zukünftigen Kollegen und der Geschäftsführer sehr herzlich willkommen geheißen.

Meinen Kollegen Dr. Bernhard Uhl, den überregional sehr bekannten und anerkannten Experten, der die Gynäkologie übernehmen wird, kenne ich seit vielen Jahren. Wir verstehen uns sehr gut. Bereits 2015 wollten wir zusammenarbeiten. Endlich können wir zusammen ein europäisches Zentrum für Frauengesundheit aufbauen.

Nehmen Sie Kollegen mit?

Ich hatte ein großartiges Team, welches ich sehr vermissen werde, natürlich kann ich nicht alle mitnehmen. Einige meiner engsten Mitarbeiterinnen haben sich entschieden, mitzukommen, worüber ich sehr glücklich bin. Ich freue mich aber auch auf die Kollegen im Evangelischen Krankenhaus, die ich ja seit Jahren kenne und schätze.

Was planen Sie im Evangelischen Krankenhaus?

Zuerst möchte ich ein ganzheitliches Zentrum für Brustgesundheit aufbauen. Ganzheitlich bedeutet, dass neben der Diagnostik und der operativen Therapie in der Systemtherapie auch die integrative Medizin in Form von Naturheilkunde, Mind-Body-Medizin und Psychoonkologie einen großen Stellenwert hat. Ein Brustzentrum, in dem die körperliche, geistige und seelische Gesundheit wichtig ist.

Diese neue Klinik wird also auf mehreren Säulen stehen. In neuen Räumen, in denen Frauen sich wohl fühlen. Dafür wird jetzt investiert.

Ich plane, dass die Patientinnen von einem Expertenteam betreut werden. Wir werden alle Spezialisierungen in einem großen Netzwerk vorhalten. Dazu werden wir auch mit mehreren Universitätskliniken kooperieren.

Dieses Zentrum wird ein wichtiger Baustein des Tumorzentrums und des Zentrums für Frauengesundheit, in dem alle Aspekte der Frauengesundheit abgedeckt werden. Letztendlich möchte ich meine ganze Erfahrung und Energie für die Brustgesundheit einsetzen. Ich danke jetzt schon allen, die mich dabei unterstützen und den Kampf gegen Brustkrebs aufnehmen.