Wesel/Hamminkeln. Die Vogelgrippe ist auf dem Vormarsch in Richtung Niederrhein. Besonders für Betriebe mit Freilandhaltung kann ein Ausbruch zum Problem werden.
Corona ist nicht die einzige bedrohliche Seuche: Die Afrikanische Schweinepest rückt näher und auch die Vogelgrippe – beide Krankheiten gefährden heimische Betriebe. Zahlreiche am Erreger H5N8 verendete Vögel sind an der Küste und in den Niederlanden gefunden worden, auch in Rees wurde eine verendete Wildgans entdeckt. Wo in Ställen Tiere erkranken, wird der gesamte Bestand getötet – „gekeult“.
„Wildvögel haben verschiedene Viren, H5N8, aber auch N5 und N1. Alle sind gefährlich“, sagt Dr. Antonius Dicke, Kreisveterinär. Das Problem: Wildvögel bringen das Virus mit. Gänse, aber auch Raubvögel können die Krankheit über ihren Kot auf die Weiden und in die Ställe bringen.
Kommt die Aufstallpflicht, haben vor allem kleine Betriebe Probleme, „häufig ist gar kein richtiger Stall vorhanden“, sagt Dicke.
Vogelgrippe: Geflügelhalter müssen wachsam sein
In der Praxis müssen Geflügelhalter wachsam sein. Martin Gimken betreibt seine Putenmast in Bergerfurth. „Die Wildvögel bringen das Virus jeden Herbst mit“, sagt er. „Seit rund fünf Jahren sind meine Ställe deshalb Ende November leer.“ Das bleiben sie auch für sechs Wochen, bevor junge Puten kommen. Sturm sei ein Faktor, wenn sich Wildgänse nahe des Stalls niedergelassen haben. Der muss gut belüftet sein – in diesem kann Fall die „frische“ Luft infektiös sein.
Wie hat Gimken seine – inzwischen verkauften – 5000 Puten und 5000 Hühner geschützt? Der Hof wird zum Hygienegebiet, die Schuhe werden getauscht, bevor es in den Stall geht. „Ich habe eine Maschine im Stall, die ich per Radlader auf einer Palette über den Hof in den nächsten Stall fahre.“ Das Gerät soll nicht in Kontakt mit dem Boden im Freien kommen. Die Einstreu muss vor Wildvögeln, aber auch vor Ratten und Mäusen geschützt werden.
Lkw desinfizieren ihre Räder, bevor sie auf den Hof fahren und die Fahrer ziehen Schutzkleidung an, bevor sie ihn betreten. „Niemand will die Krankheit von Hof zu Hof getragen haben“, sagt Gimken. Lastwagen erhalten mehrfach Desinfektionsduschen. Gimken kann jetzt entspannen. Seine Ställe sind leer.
Aufstallung ist im Hühnermobil kaum möglich
Hühnermobile, sonst ein tierfreundlicher Fortschritt in der Haltung, sind im Fall einer Aufstallung ein Problem. Die mobilen Ställe sind nicht dafür gedacht, dass die Hühner darin eingeschlossen werden. „Ich will hoffen, dass die Aufstallung nicht kommt. Kannibalismus ist ein Effekt, der auftritt, wenn die Tiere zu wenig Platz haben“, sagt Peter Heinen aus Obrighoven, der mit seinen 500 Hühnern „unter Kollegen fast als Hobbyhalter zählt“. Sein Hauptgeschäft sind Äpfel, Spargel und Erdbeeren. Und „glückliche Eier“ aus dem mobilen Stall auf der Weide.
Auch der Biolandhof Groß-Weege in Dingden hält Legehennen in Hühnermobilen: Die Vögel können auf der Weide herumlaufen und picken. „Das macht die Eier zum absoluten Prämiumprodukt“, erläutert Bernd Groß-Weege. Das Grün fressen bringt den Geschmack ins Bio-Ei. Aufstallen ist schwierig. „Vor vier Jahren haben wir ein Partyzelt aufgebaut“, sagt Groß-Weege. Leider hat der Sturm es fortgeweht. „Wir werden die Maschinen aus der Scheune fahren und dort die Hühner halten“, plant Junior Niklas, falls eine Aufstallpflicht kommt.
Aufstalltung: Bauer fürchtet um Bio-Status
Das ist für den Bauer auf Dauer eine schlechte Lösung: „Nach sieben Wochen würden wir den Bio-Status verlieren“, erläutert Bernd Groß-Weege, denn nur Hühner mit Freilauf sind Bio.
Die Seuche bedroht zwar die Hühner – seinen Betrieb gefährdet sie nicht. Mit zwei Mobilen zu je 220 Hennen falle das eher unter Kleintierhaltung, sagt der 62-Jährige. Getreu der Bioland-Philosophie setzt er auf Vielfalt: Gemüse, Fleischrinder, Schweine, Wasserbüffel – der Vorzeigehof hat viele Standbeine. Ohnehin sieht Große-Weege das Keulen zehntausender Tiere als Vorbeugung kritisch.