Hamminkeln. Gänsezüchter Lukas Willing arbeitet auf dem Melkmannshof, wo 240 Gänse leben. In der Zeit um den Martinstag sind sie bei vielen Familien beliebt.
Der Legende nach versteckte sich der Heilige Martin, weil er nicht Bischof von Tours werden wollte. Eine Gans verriet ihn jedoch mit ihrem Geschnatter, so dass sich am Ende doch noch alles zum Guten wendete. Diese Überlieferung führte zu einer schönen Tradition: Bis heute essen viele Menschen Gerichte aus schmackhaftem Gänsefleisch rund um den Martinstag am 11. November.
Vielleicht hat es aber auch einen ganz praktischen Grund, weshalb gerade jetzt im Herbst und demnächst rund um Weihnachten Hochsaison für den Gänsebraten ist, wie Gänsebauer Lukas Willing erläutert: „Im Juni schlüpfen die Gänseküken – nach etwa vier Monaten sind sie dann ausgewachsen und können geschlachtet werden“, so der 30-Jährige, der in der fünften Generation im Familienbetrieb Willing auf dem Melkmannshof an der Borkener Straße in Dingden-Berg unter anderem Gänse züchtet.
Als 300 Küken im Sommer auf den Hof kamen, waren sie winzig, noch gelb und erst wenige Tage alt. „Anfang November bringen sie dann vier bis sieben Kilogramm auf die Waage, wobei die Ganter etwas schwerer sind als die Hennen“, erläutert Willing.
240 Gänse leben noch auf dem Geflügelhof, außerdem züchtet die Bauern-Familie jedes Jahr rund 320 Enten und 150 Puten. Hinzu kommen noch etwa 4500 Legehennen und rund 50 Hähnchen.
Nachts hat der Fuchs keine Chance
Übrigens: Der Spruch „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ gilt auch in Dingden. „Deshalb holen wir die Gänse jeden Abend in den Stall, damit sie der Fuchs nicht erwischt“, berichtet Willing. Der 30-Jährige vermutet, dass kürzlich ein Mader auch Appetit auf Gänse hatte. „Wir haben ein paar Tiere mit Bissspuren am Hals entdeckt“, erläutert der Jung-Landwirt, der vermutlich in ein paar Jahren den Hof von seinem Vater Wilhelm übernehmen wird.
Der 60-Jährige sagt, bei ihm wäre von Geburt an klar gewesen, dass er als erstgeborener Sohn den traditionsreichen Bauernhof einmal übernehmen werde. „Bereut habe ich das noch nie“, sagt er und ist sich ziemlich sicher, dass er auch mit 65 Jahren noch nicht ganz aufhören wird zu arbeiten.
Bis ins hohe Alter auf dem Traktor
„Mein Opa hat noch mit 80 Jahren auf dem Trecker gesessen und gepflügt“, berichtet der Senior-Chef schmunzelnd.
Zurück zur Martinsgans: „Die Gänse haben hier ein glückliches Leben“, sagt Junior-Chef Lukas Willing. „Die bekommen keine Flügel gestutzt und fliegen trotzdem nicht weg. Abends gehen sie sogar ganz von alleine in den Stall und freuen sich auf ihr Kraftfutter.“
Auch die Schlachtung sei für die Tiere „völlig stressfrei“. Noch im Dunkeln würden die ausgewählten Vögel vorsichtig aus dem Stall geholt und dann betäubt. Nach der Schlachtung werden die Tiere aufbereitet und kommen ins Kühlhaus, wo sie von dem Verkauf möglichst noch ein paar Tage hängen sollen.
Enorme Nachfrage in diesem Jahr
Familie Willing verkauft nur an Privatkunden, doch die stehen gerade in diesem Jahr regelrecht Schlange: „Wir vermuten, das hat auch mit Corona zu tun“, sagt Lukas Willing.
>>> OMA MATHILDES FAMILIENREZEPT FÜR DEN GÄNSEBRATEN:
Schon seit 71 Jahren bereitet Mathilde Willing mehrmals jährlich das Lieblingsgericht ihrer Familie zu. Die 90-Jährige hat es bei ihrer Ausbildung in der Küche des Weseler Marien-Hospitals erlernt. „Das ist eigentlich ganz einfach“, sagt die Seniorin.
Die Kunden des Geflügelhofs erhalten das Rezept gratis beim Gänsekauf dazu.
So geht es: Gans waschen, Hals und Flügel abschneiden und dann von innen und außen salzen und pfeffern.
Nach Belieben füllen – zum Beispiel mit Äpfeln und Trockenpflaumen oder Mischobst. Nachdem die Gans zugesteckt ist, mit der Brust nach unten in den Bräter legen, etwas Wasser hinzufügen und von allen Seiten hellbraun anbraten bei 210 Grad.
Wenn der Braten rundum hellbraun ist, mit Deckel auf 180 Grad weiterbraten, bis die Gans weich ist. Zwischendurch ab und zu umdrehen. Die Garzeit einer 4,5 Kilogramm schweren Gans beträgt etwa vier Stunden.
Nach dem Herausnehmen ein Teil des Fettes abschöpfen und mit Kartoffelwasser auffüllen, mit Soßenbinder andicken und mit einem guten Schuss Sahne verfeinern. Guten Appetit!