Wesel. Die Corona-Krise legt die Veranstaltungen seit März nahezu komplett auf Eis. In Wesel versuchen sich die Veranstalter ins neue Jahr zu retten.
Moritz Hußmann klingt erstaunlich gut gelaunt. Liegt wohl auch in der Natur seiner Sache. Als Künstlerischer Leiter der Weseler Eventagentur muss er gute Miene zur bösen Entwicklung machen, auch wenn’s in Corona-Zeiten für die Kultur überhaupt nicht gut aussieht. „Die Lage ist bescheiden“, gibt Hußmann offen zu. „Wir waren gefühlt die Ersten, die betroffen waren und sind die Letzten, um die sich gekümmert wird.“ Noch am Morgen hat er mit einem Künstler aus Köln gesprochen, der sich jetzt erst mal in seinem gelernten Beruf als Speditionskaufmann versucht.
Open Air im Sommer 20121
Immerhin, so Hußmann, habe er noch keine der 21 geplanten Veranstaltungen seit März absagen müssen, habe zunächst einmal alle auf 2021 verschoben. Und aus dem fürs übernächste Wochenende geplanten Nightwash-Doppeltermin im Lutherhaus wird jetzt eben ein großes Open Air im kommenden Sommer.
Ganze drei Veranstaltungen sollen noch unter coronakonformen Bedingungen im November und Dezember im Lutherhaus stattfinden. „Es ist schon ein Trauerspiel“, sagt Moritz Hußmann. „Es wäre unser Jahr gewesen, denn viele Veranstaltungen waren schon seit langem ausverkauft.“
Davon abgesehen gibt es noch eine zwischenmenschliche Komponente. „Das Gesellige fällt komplett weg, der Austausch, die Gespräche mit Künstlern und Technikern.“ Auch das Autokino-Programm in Wesel habe die Stimmung nur teilweise zurückholen können.
Auftritte bei der Landesgartenschau fielen aus
Hilmar Schulz von den Klanghelden in Wesel hat in normalen Zeiten zwischen 60 und 100 Kartenbestellungen pro Woche – momentan ganze zwei im Schnitt. Hauptsächlich ist er damit beschäftigt, sich um Stornierungen zu kümmern. Zu allem Übel kommt noch die Insolvenz der Betreiber der Niederrheinhalle, die den Klanghelden den dort geplanten Auftritt von Lioba Albus im Dezember kostet.
Und die 16 abgesagten Auftritte bei der Landesgartenschau in Kamp-Lintfort schlagen zudem mit einem sechsstelligen Betrag ins Kontor. „Wir planen erst Richtung Mai wieder mit Veranstaltungen“, sagt Hilmar Schulz. „Die Situation ist bescheiden, aber wir werden es irgendwie schaffen, die Zeit zu überbrücken – auch weil 2019 ein gutes Jahr für uns war.“
Karin Nienhaus, Geschäftsführerin des Scala-Kulturspielhauses, kann zumindest noch einige Veranstaltungen anbieten – beispielsweise am kommenden Wochenende den Auftritt des Kabarett-Duos „Die Puderdose“ und den Irish-Folk- Abend mit „The Willows“ & „Finnegans Five“. „Es findet einiges statt, damit wir nicht in Vergessenheit geraten“, schmunzelt die Scala-Chefin.
Konzerte verschoben, manche abgesagt
Auch weil man im Scala die Hygienevorschriften bestens umsetzen könne. Zu den Veranstaltungen kamen in der Regel zehn bis 50 Besucher. „Wir machen weiter unter den gegebenen Bedingungen, haben aber auch schon oft draufgezahlt.“ Zahlreiche Konzerte musste aber auch das Scala verschieben, eine Handvoll komplett absagen.
„Wir möchten uns bei unseren Stammgästen bedanken, von denen uns viele die Stange gehalten haben.“ Ansonsten gilt auch an der Wilhelmstraße das Hauptaugenmerk der Grobplanung für eine Open-Air-Saison 2021. Und insgeheim hofft Karin Nienhaus noch auf Fördermittel.
Die Saison komplett abgehakt hat Falk Baumeister, der in Wesel einen Eventservice hauptsächlich für Messen betreibt. „Diese Krise ist exorbitant dramatisch, wir haben einen Umsatzverlust von 97 Prozent“, verrät Baumeister.
Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt
Von der Politik sei die Branche lange nicht gehört worden, doch „inzwischen spricht man mit uns.“ Seine Mitarbeiter hat der Weseler allesamt in Kurzarbeit geschickt, in sein zweites Büro nach Düsseldorf fährt er nur noch, um die Post zu holen.
Er selbst mache Telefondienst im Homeoffice, schreibe Angebote. „Wir sind verdammt zum Warten.“ Eine große Messe in St. Pölten Ende März könnte die Situation verbessern. Doch ob sie stattfindet, ist eher fraglich. „Im Moment plant in der Branche niemand irgendetwas.“
Und doch kann Falk Baumeister der aktuellen Lage auch Positives abgewinnen. „Vielleicht kommen wir jetzt mal zur Ruhe, verlassen das Hamsterrad und entwickeln neue Konzepte.“