Wesel. Realpolitik mit durchaus ernsten Themen will der neue Ortsverband von „Die Partei“ auf der politischen Bühne in Wesel betreiben.

Erst im Dezember ist der Ortsverband von „Die Partei“ gegründet worden – mit dem Ziel bei der Kommunalwahl „neue Perspektiven in den Rat zu bringen“, so formuliert es der 1. Vorsitzende Marcel Schoierer. Mit einem Wahlergebnis von 2,67 Prozent und einem Sitz im Stadtparlament sind die Gestaltungsmöglichkeiten der neuen politischen Gruppierung eher begrenzt – aber egal, der 37-jährige Verwaltungsbeamte freut sich dennoch, dass es direkt gelungen ist, ein Mandat zu erringen.

Und Spaßpartei, wie es häufiger zu hören ist, will die Partei schon gar nicht sein, „eher Satirepartei, das geht so gerade eben“, stellt der neue Ratsherr klar. Realpolitik wollen die Neulinge betreiben, mit „ein bisschen Quatsch“.

Satire statt Spaß

Warum Satire statt Spaß? „Es ist ein Mittel, um Missstände anzuprangern und wichtige Themen in den Fokus zu bringen“, beschreibt Marcel Schoierer, der aus Gelsenkirchen stammt und nun mit Frau und Eltern in Bislich wohnt, wo er sich sehr wohl fühlt. „Cleverer Humor“ nennt er das. Der Bundesvorsitzende Martin Sonneborn und der Abgeordnete Nico Semsrott nutzen das Mittel im Europaparlament, erklärt Schoierer. Auf ihre Weise bringen sie Themen wie das Versagen Europas in der Flüchtlingspolitik oder das „Postengeschacher“ in Brüssel unter. https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/so-setzt-sich-der-neue-rat-in-wesel-zusammen-id230417794.html

Auf lokaler Ebene ist der Ortsverband ebenfalls mit durchaus ernstzunehmenden Anliegen angetreten: Transparenz und Öffentlichkeit sei ihnen wichtig, sagt der 37-Jährige. Die Partei möchte, dass Ratssitzungen im Internet übertragen werden – wenn nicht live, dann wenigstens zeitverzögert. Digitalisierung ist überhaupt ein wesentliches Stichwort: Sie müsse in der Stadt vorangetrieben werden, um junge Unternehmen nach Wesel zu locken.

Städtische Gründungshilfen für Start-Up-Betriebe

Die neue Partei kann sich auch städtische Gründungshilfen für Start-Up-Betriebe vorstellen und wünscht sich Unterstützung für Händler und Betriebe beim Online-Handel, zum Beispiel indem mit städtischer Hilfe der Versand und die digitale Infrastruktur dafür unterstützt werden. Das Geld sei so sinnvoller investiert als in kommunal bezuschusste Einkaufsgutscheine, die derzeit im Gespräch sind, findet Marcel Schoierer.

Auch Provokation gehört zum Stil der Partei: Das Plakat „Nazis töten“ zum Beispiel hat viel Aufsehen erregt, ist in einigen Städten sogar abgehängt worden. Das Amtsgericht Bielefeld musste richterlich feststellen, dass es keinen Aufruf zur Gewalt an Rechtsextremen enthält, sondern völlig anders gemeint ist.

Auch an den Weseler Wahlständen hat der Slogan für Diskussionen gesorgt. „Nazis zu töten finde ich nicht in Ordnung“, hörten die Partei-Mitglieder etwa. Viele Menschen hätten jedoch dann verstanden: Es ging darum aufzuzeigen, dass es Nazis sind, die Menschen töten, wie eben den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, so Schoierer. Provokation ist in diesem Fall das Mittel zum Zweck. „Dass Nazis in Parlamenten sitzen, prangern wir an, das ist eine Fehlentwicklung“.

14 Mandatsträger im Kreis Wesel

Aber welche Chance hat ein Einzelkämpfer im Stadtrat, seine Anliegen umzusetzen? Marcel Schoierer ist da optimistisch: „Wir haben keine Antipathien gegen die anderen Parteien und hoffen, dass sinnvolle Anträge auf Mehrheiten stoßen.“ Natürlich werden auch Gespräche geführt mit den anderen politischen Kräften in Wesel, mit denen es auch einige Gemeinsamkeiten gebe. Vielleicht komme ja eine Zusammenarbeit zustande. Wenn nicht, dann bleibt Schoierer eben Einzelkämpfer. Immerhin gibt es im Kreis Wesel ein parteiinternes Netzwerk mit nun 14 Mandatsträgern – und bei der nächsten Kommunalwahl, so Schoierers Ziel, soll das Ergebnis noch einmal um den einen oder anderen Sitz verbessert werden.