Wesel. Am Tag nach der langen Kommunalwahlnacht beginnen die Analysen und das Prüfen von möglichen Bündnissen. Dabei sind Kompromisse gefragt.
Es war eine lange Nacht für die Kommunalpolitiker. Vor allem in der Bürgermeisterfrage. Und so hat auch die alte und neue Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (SPD) erst um 2 Uhr morgens die Heimfahrt in die Feldmark angetreten.
Bis dahin saß sie mit den Genossen zusammen im Ratskeller, wo unter anderem auch CDU-Herausforderer Sebastian Hense und sein Fraktionschef Jürgen Linz vorbeischauten, um ihr zu gratulieren. Obwohl die Freude bei der Stadtverwaltungschefin groß war, wurde nicht etwa mit einem Glas Sekt angestoßen. Nein, es gab Wasser zur deftigen Gulaschsuppe.
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Am Morgen danach wurde die 61-Jährige von ihren Büromitarbeitern klatschend und mit langstieligen Rosen empfangen. Denn schon um kurz nach neun war Westkamp wieder in ihrer Amtsstube, in die schnell wieder der Alltag einkehrte.
Bald kommt der Zweithund
Derweil wurde Hense am Andreas-Vesalius-Gymnasium freundschaftlich von seinem Kollegium begrüßt. „Schön, dass du bei uns bleibst“, hätten sie gesagt. Sein AVG fange ihn auf. „Ich werde in keine Depressionen verfallen.“ Denn er sei guten Mutes, eine gute Politik für Wesel zu machen. Das Parteiergebnis sei schließlich ordentlich. Er selbst hätte sich natürlich ein besseres Resultat erhofft. Aber: „Der Amtsbonus wiegt schwer“, schlussfolgert er. Vielleicht kommt dann bald der langersehnte Zweithund ins Haus der Henses, ein bisschen zum Trost soll es möglichst ein Beagle werden, gern auch ein älterer, um ihm noch ein paar schöne Jahre zu bereiten.
CDU-Fraktionschef Jürgen Linz sieht Licht und Schatten über dem Wahlergebnis. So habe man neue Wahlbezirke gewinnen können, aber auch Stammbezirke an die SPD abgeben müssen. Woran das liegt, soll noch ergründet werden. Schon am Montagabend beginnen erste Gespräche zwischen den Fraktionen, um Bündnisse auszuloten. Dabei stelle sich für die CDU die Frage, ob man wieder mit der SPD zusammenarbeite oder eine kleine Jamaika-Koalition zustande komme mit FDP und Grünen, wofür einige wohl bereits eine Schwäche hätten.
WfW: Mit der FDP auf Augenhöhe
Wichtig sei es, die großen Themen abzuarbeiten, wobei die Basis dafür der Haushalt sei, der am 10. November in den Rat eingebracht wird. Die CDU-Abtrünnigen, die nun in der Fraktion „Wir für Wesel“ (WfW) gemeinsame Sache machen, lässt Linz außen vor. „Ich sehe nicht, wie uns die WfW zu einer soliden Grundlage verhelfen kann.“ Anders als er schließt Hense eine Zusammenarbeit allerdings nicht aus.
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Das gilt auch für Jürgen Lantermann (WfW). „Das muss eben passen“, sagt er und verweist darauf, dass man sich als bürgerliche Mitte sehe. Mit dem WfW-Wahldebüt ist er sehr zufrieden. Denn man sei auf Anhieb auf Augenhöhe mit der FDP, die ebenfalls drei Sitze erreicht hat.
Zünglein an der Waage
„Vielleicht setzt man ja auf uns, und wenn wir dann das Zünglein an der Waage wären, wäre das hervorragend“, freut sich Lantermann schon. Gingen die beiden Großen erneut miteinander, sei das Thema allerdings durch. Für die WfW sei es wichtig, auch mal zu verzichten. Denn ob sich eine Stadt wie Wesel ein Kombibad, den Neubau der Niederrheinhalle und anderes mehr leisten kann, hält er für fraglich. Dazu müssten die Dinge endlich einmal realistisch gesehen und das Geld dürfe nicht mit vollen Händen ausgegeben werden.
Gewinner und Verlierer
Gewinner der Ratswahl sind die Grünen. Sie legten um 6,73 % zu, während CDU 5,60 % und SPD 3,97 % verloren. Ein Minus von 0,6 % gab es für die Linke, ein Plus von 1,21 % für die FDP. Und die erstmals angetretene WfW sowie Die Partei erhielten 4,97 % beziehungsweise 2,67 %.
CDU-Bürgermeisterkandidat Sebastian Hense verlor gegenüber Jürgen Linz im Jahr 2014 9,74 %, Westkamp 2,15 % und Barbara Wagner (Linke) 0,81 % gegenüber Norbert Segerath.