Kreis Wesel. Die Kandidaten für die Kommunalwahl verlagern ihren Wahlkampf wegen Corona mehr auf die digitale Schiene.

Der Kommunalwahlkampf 2020 ist ein anderer als seine Vorgänger – darin sind sich auch die hiesigen Kandidaten einig. Weniger Veranstaltungen, weniger Austausch mit den Bürgern, dafür mehr Digitalarbeit und Diskussion über die sozialen Medien. Die Redaktion hat einige Kandidaten nach ihren Erfahrungen gefragt.

Auf eine Tasse Kaffee

„Wir sind eigentlich am liebsten ganz nah am Bürger, doch das ist wegen Corona zurzeit leider nur sehr eingeschränkt möglich“, bedauert Stefan Bremkens, der Weseler FDP-Bürgermeisterkandidat. Er hatte sich schon darauf gefreut, von Haus zu Haus zu gehen und sich auch mal „auf eine Tasse Kaffee“ zum Gespräch mit den potenziellen Wählern an einen Tisch zu setzten. Hier gibt es mehr aus Wesel, Hamminkeln und Schermbeck

„Es ist vor allem ein großes Problem, ältere Mitbürger zu erreichen, die nicht Video-Chats und Youtube nutzen“, ergänzt Bremkens, dessen Partei stattdessen am kommenden Samstag, 15. August, von 10 bis 14 Uhr zum „Liberalen Café“ in die Fußgängerzone auf Höhe von C & A einlädt. „Heißer Kaffee und heiße Politik“ wird dann – natürlich unter Einhaltung aller Hygiene-Schutzbestimmungen – den Passanten geboten. Bürgernähe mit Abstand sozusagen.

Viele Veranstaltungen abgesagt

Ähnlich sieht das Stefan Steinkühler, der in Schermbeck für die Grünen als Bürgermeister-Kandidat ins Rennen geht: „Die Corona-Beschränkungen und Distanzregeln erschweren schon den direkten, physischen Kontakt zu den Wählerinnen und Wählern.

Viele Veranstaltungen sind abgesagt, Wahlkampfstände werden durch das Maskentragen unpersönlich oder interessierte Bürger kommen erst gar nicht zum Stand, ergänzte der Grüne. Steinkühler vermutet: „Klassische Kommunikationswege, wie Printmedien oder Flyer, werden zur Informationsgewinnung wieder mehr Bedeutung bekommen.“

Bürger haben ein Informationsbedürfnis

Auch Barbara Wagner, die für die Linke in Wesel das Amt der Bürgermeisterin anstrebt, hatte sich den Wahlkampf ganz anders gewünscht. Natürlich sei Straßenwahlkampf in diesen Zeiten nicht wie in den Jahren zuvor möglich. „Aber der Kontakt zu den Menschen ist uns schon wichtig, denn es gibt auch Leute, die nicht digital sondern noch analog unterwegs sind.“ Sie spüre das Informationsbedürfnis bei den Bürgern. Anderseits respektieren sie und ihr Wahlkampfteam aber auch die Corona-Regeln.

„Deshalb haben wir sogar einen Schmetterlings-Kescher umfunktioniert, um den Passanten unsere Materialien auch auf Abstand übergeben zu können.“ Unter anderem in der Fußgängerzone, aber auch auf den Wochenmärkten in Flüren und in der Feldmark wollen die Linken auf diese Weise für sich werben.

Dorfspaziergänge und Hausbesuche

Andreas Lips, Bürgermeisterkandidat der CDU Hamminkeln, hat den Wahlkampf während des Lockdowns in digitaler Form gestartet, im Zuge der Lockerungen aber nun verstärkt den Kontakt zum Bürger gesucht – in Form von Dorfspaziergängen und Hausbesuchen. „Am Anfang war alles digital“, so Lips, „das war gut, aber kann den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.

Denn der Kommunalwahlkampf lebt von persönlichen Kontakten.“ Und die sucht der Rechtsanwalt aus Moers in der nächsten Zeit bei seinen Hausbesuchen, natürlich mit dem nötigen Abstand. „Die Menschen reagieren darauf ganz unterschiedlich“, hat Lips festgestellt. „Manche haben Angst vor dem Kontakt, das erschwert den Wahlkampf.“ Dabei mache die Bürgernähe doch gerade die Attraktivität des Wahlkampfs aus. „Aber wir versuchen das Beste daraus zu machen.“

Agentur beauftragt

SPD-Landratskandidat Peter Paic hat von „Anfang an auf digitalen Wahlkampf gesetzt“, ganz unabhängig von der Corona-Krise. Sein Team sei medial sehr breit aufgestellt, hat eine Agentur beauftragt, die die Wahlkampfthemen in kleinen Filmbeiträgen in Szene setzt. „Wir setzen voll auf das Digitale, auch in den sozialen Medien“, so Paic. Sogar einen Youtube-Kanal gibt es.

„Alles aus einem Guss“ lautet die Strategie. Bei den derzeitigen Temperaturen und den Hygienebeschränkungen komme für die Kandidaten wie auch Bürger nur „wenig Freude“ auf. „Aber die direkte Auseinandersetzung fehlt schon“, findet Paic.

Fünf Termine vor Ort

Dirk Buschmann, Bürgermeister von Hünxe, der sich zur Wiederwahl stellt, vermisst die Wahlkampf-Veranstaltungen. Und auch der Wahlkampf vor Ort sei coronabedingt zurückgegangen. So plant der Parteilose lediglich an fünf Terminen Infostände. „2015 war ich noch jedes Wochenende unterwegs. Die Öffentlichkeitsarbeit findet jetzt online statt.“ So meldeten sich nun mehr Bürger per Mail – mit Beschwerden, aber auch Anregungen und Tipps.