Wesel/Duisburg. Prozessauftakt vor dem Landgericht: Ein Weseler soll sein Kind jahrelang sexuell missbraucht haben. Drei Kinder sind daraus hervorgegangen.

Über Jahre soll ein 52-jähriger Weseler seit Ende 2009 seine zu Beginn der Taten 14 Jahre alte Tochter sexuell missbraucht haben.

Auch nachdem die junge Frau volljährige wurde, soll der Vater weiter mit ihr Sex gehabt haben. Bereits mit 14 Jahren soll das Mädchen deshalb erstmals schwanger geworden sein. Bis April 2018 brachte sie insgesamt drei Kinder zur Welt, deren Vater auch der Vater der Geschädigten ist. Wegen sexuellen Missbrauchs und Beischlafs mit Verwandten steht der Mann nun vor dem Landgericht Duisburg.

Große Strafkammer eröffnete Verfahren beim Amtsgericht Wesel

Das Verfahren nahm einen ungewöhnlichen Gang. Die Staatsanwaltschaft hatte im September 2019 Anklage beim Landgericht Duisburg erhoben. Die 1. Große Strafkammer eröffnete das Verfahren – beim Amtsgericht Wesel! Begründung: Die Taten seien lange her, eine Strafe von mehr als vier Jahren – so weit reicht die Strafgewalt des Schöffengerichts – sei nicht zu erwarten.

Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein. Mit dem Erfolg, dass der Einschätzung der Strafkammer vom Oberlandesgericht Düsseldorf eine schallende Absage erteilt wurde. Eine Strafe von unter vier Jahren sei für den vorliegenden Fall völlig unzureichend, zumal die Mindeststrafe für jeden einzelnen Fall bereits bei drei Jahren liege, so die Oberrichter.

Mann sitzt in Untersuchungshaft

Sie gaben die Sache zurück an das Landgericht, allerdings an eine andere Kammer, und wiesen darauf hin, dass man den Angeklagten, der bis dahin auf freiem Fuß war, auch ruhig mal in Untersuchungshaft nehmen könne. Im April dieses Jahres wurde der Mann, der zuletzt in Duisburg wohnte, festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Nervös trommelte der Angeklagte zu Prozessbeginn mit den Fingern auf die Brüstung, welche die Anklagebank vom restlichen Saal trennt. Sein Kopf ging hin und her. Gesprochen hat der 52-Jährige noch kein Wort. Da eine psychiatrische Sachverständige zu Prozessbeginn terminlich verhindert war, soll seine Einlassung erst am nächsten Verhandlungstag erfolgen.

Wohnung in einem desolaten Zustand

Erschreckende Einblicke in den Fall gewährte die Aussage einer Mitarbeiterin des Jugendamtes Wesel. Sie trug vor, dass die Familie des Angeklagten – der 52-Jährige und seine Ehefrau haben sechs Kinder – seit 1993 immer wieder in den Fokus des Amtes geriet, weil Kindergärten oder Schulen sich meldeten. „Die Familie lebte auf 90 Quadratmetern, die Wohnung war in einem desolaten Zustand, die Kinder verwahrlost.“

Mehrfach leistete das Amt Hilfestellung und konnte die Familie, weil alle Anweisungen befolgt wurden, nach einiger Zeit wieder sich selbst überlassen. „Wir sind dann 2010 wieder ins Spiel gekommen, als die 15-jährige Tochter ein Kind bekam“, erinnert sich die Zeugin. Vergeblich habe man sich um die Beantwortung der Frage bemüht, wie es zu der Schwangerschaft kam.

„Sie hat gesagt, sie habe noch nie Geschlechtsverkehr gehabt. Sie konnte aber nicht ausschließen, dass ihr bei einer Klassenfahrt K.O.-Tropfen verabreicht wurden.“

Kinder leben inzwischen in Jugendhilfeeinrichtung

Die Eltern hätten keine Anzeige erstatten wollen. Von der zweiten Schwangerschaft erfuhr das Jugendamt, weil die Geschädigte inzwischen volljährig war, nichts. „Kurz nach der Geburt des dritten Kindes hat uns dann eine Tante der Geschädigten angerufen und hat sich beschwert, dass es doch nicht sein könne, dass die Zeugin nun zum dritten Mal schwanger von ihrem Vater geworden sei.“

Die drei Kinder der Geschädigten – ein Mädchen und zwei Jungen – leben inzwischen in einer Jugendhilfeeinrichtung. Alle drei haben deutliche Entwicklungsverzögerungen. Bei dem jüngsten Kind bestehe der Verdacht einer geistigen Behinderung.

Der Prozess soll am kommenden Montag beendet werden.