Wesel. Im Naturschutzgebiet Diersfordter Wald befahren Endurofahrer vor allem am Wochenende die Wege im Wald. Dabei handelt es sich um eine Straftat.

Es ist traumhaft still an diesem Vormittag. Die Sonne blinzelt, durch die Baumwipfel, ein paar Vögel zwitschern um die Wette. Hier in Bergerfurth ist die Welt noch in Ordnung. Kein Lärm, keine Autos, einfach nur Ruhe satt. Doch in den letzten Wochen hat sich das Bild geändert. Regelmäßig, hauptsächlich in den frühen Abendstunden am Wochenende, kommen die Enduros ins rund 400 Hektar große Waldgebiet an der Grenze zwischen Wesel und Hamminkeln.

Ein Teil des Gebietes ist militärischer Bereich

„Für Spaziergänger ist es dann die Hölle auf Erden“, sagt Otto Pöll, Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein mit Sitz in Wesel, etwas plakativ. Keiner weiß aber, wann und woher die Enduros kommen. Plötzlich sind sie da, meistens zwei bis drei Fahrer. Nutzen die Wege im Naturschutzgebiet Diersfordter Wald als Rennpiste, bisweilen auch die Flächen der Bundeswehr – denn ein Teil des Gebietes ist militärischer Bereich mit Übungsplatz. Hier gibt es mehr aus Wesel, Hamminkeln und Schermbeck

Die Schranken an den Zufahrten sind kein echtes Hindernis. „Sie fahren über die Wege und auch kleine Pfade, wo man kaum zur Seite springen kann und sind mit legalen Mitteln nicht zu stoppen“, sagt Otto Pöll. Und weist darauf hin, dass das Befahren des Waldes eine Straftat ist und mit einer hohen Geldstrafe geahndet wird.

Fahrer zur Rede gestellt

Noch ein weiteres Problem hat Otto Pöll ausgemacht: In diesem Waldgebiet gibt es keinen Förster vor Ort, dessen Anwesenheit für die Endurofahrer abschreckende Wirkung haben könnte. „Wenn man auf der Terrasse sitzt, geht es plötzlich los“, berichtet ein Familienvater der NRZ. „Das ist schon ein heftiger Lärm.“ Kürzlich habe er beobachtet, wie unweit der Bundesstraße ein Transporter geparkt hatte, in dem sich mehrere Enduros befanden.

Ein anderer Anwohner ist am Samstag den Enduros mit seinem E-Bike hinterhergefahren, hat die Fahrer zur Rede gestellt: Als Antwort kam nur, man würde ja ein Gelände der Bundeswehr befahren, wo sonst auch schwere Fahrzeuge unterwegs wären. Zudem würde man nichts kaputtmachen. Von Einsicht überhaupt keine Spur, wie der Anwohner berichtete. „Es ist unerträglich, man denkt, man würde direkt an einer Crossstrecke wohnen.“

Kennzeichen wurden abmontiert

Hinzu komme, dass viele Anwohner in Bergerfurth Hunde hätten, auf die die Endurofahrer kaum Rücksicht nähmen. Sein Nachbar wird ähnlich deutlich: „Die Leute hier sind stinksauer, haben einen dicken Hals.“ Der eine oder andere hätte schon angedeutet, das Problem auf seine Weise lösen zu wollen. „Aber wir können doch nicht dem Ärger mit Ärger begegnen.“

Die Fahrer haben die Kennzeichen an ihren Enduros abmontiert oder zugeschmiert– sind also darüber nicht namentlich ausfindig zu machen. Außerdem ist das Gebiet zwischen Bislicherwald und Ber-gerfurth sehr weitläufig, es gibt mehrere Zufahrts- und Ausfallstraßen. Ein Fahrer müsste schon auf frischer Tat ertappt und festgehalten werden. Und in Portalen für Endurofahrer wird ganz offen geraten: „Lasst euch nicht erwischen.“

Behörden sind die Hände gebunden

Genau hier sieht auch die Kreispolizei Wesel das entscheidende Problem. „Wir können nicht Streife fahren oder uns auf die Lauer legen“, sagt ein Sprecher. „Aber wenn die Fahrer gesichtet werden, sollte man sofort die 110 wählen. Wichtig ist, dass wir etwas davon erfahren, dann können wir auch reagieren.“ Wie die Anwohner berichten, wurde aber bereits mehrfach die Polizei informiert.

Auch dem Kreis Wesel sind in dieser Sache weitgehend die Hände gebunden. Zudem lägen keinerlei Beschwerden vor. Das Gebiet gehöre auch nicht zu den Schwerpunkten, an denen die RVR-Ranger regelmäßig unterwegs sind. Gleiches gilt für die Stadt Wesel, an die das Problem noch nicht herangetragen wurde, wie ein Sprecher betont.

Schon in der Vergangenheit gab es Probleme

Anfang 2000 gab es zum ersten Mal Probleme mit Endurofahrern im Naturschutzgebiet Großes Venn, Schnepfenberg und Schwarzes Wasser, dann noch einmal 2011 und eben jetzt seit dem Beginn der Corona-Krise. Schäden habe er, so Otto Pöll, bislang indes noch nicht festgestellt. „Aber die heizen hier durch ohne Rücksicht auf Verluste.“

Vielleicht würde eine konzertierte Aktion der Polizei helfen, den Druck der Entdeckung zumindest erhöhen. Und so geht auch der einhellige Appell in Richtung Anwohner, Spaziergänger und Radfahrer: Wer die Endurofahrer entdeckt, sollte sich umgehend bei der Polizei melden.