Hamminkeln. In der evangelischen Gemeinde Hamminkeln steht ein ganz besonderer Ständer für die Osterkerze. Und das ist die Geschichte dieses Ständers.

Viele Kirchen haben eine Kerzenständer für ihre Osterkerze. Doch der Ständer, der in der evangelischen Kirche in Hamminkeln steht, hat eine ganz besondere Herkunft, die mit der Lebensgeschichte des Schotten David Simpson eng verbunden ist. Gemeindemitglied Hans-Günter Neu kennt sie, denn er hat David Simpson 2004 in Edinburgh besucht und sich seine Geschichte erzählen lassen.

Bei Kämpfen in Hamminkeln verwundet

David Simpson war Soldat im Zweiten Weltkrieg. Kurz nach der Luftlandeoperation „Varsity“ am 25. März kam er mit der Infanterie über den Rhein und wurde bei den Kämpfen in Hamminkeln von einem Granatsplitter zwischen Schulter und Hals getroffen. Zunächst sah die Verletzung nicht ganz so schlimm aus. Simpson lag auf dem Tennisplatz von Gut Vogelsang, der zu einem Lazarett-Platz umfunktioniert worden war. Doch der Schein trog. Denn die Austrittswunde auf der Rückseite war wesentlich größer als die Eintrittswunde. Der Soldat drohte zu sterben.

So sieht der besondere Kerzenständer aus.
So sieht der besondere Kerzenständer aus. © Evangelische GEmeinde an der Issel

In letzter Minute wurde er gerettet, über Brüssel nach Südengland gebracht, wo ihm die Ärzte nach mehreren Operationen erklärten, dass er aufgrund seiner Verletzung seinen Arm wohl nicht mehr gebrauchen könne. Das wollte der junge Mann nicht wahrhaben. Deshalb beschwindelte er eine Oberschwester und behauptete, der Arzt habe mehr Reha-Maßnahmen verordnet.

Bleibt der Arm steif?

Zurück in seiner Heimat Edinburgh suchte er über seinen Schwager, der Arzt beim Militär war, Kontakt zu einem Neurochirurgen. Dem erzählte er von seinem Schwindel – und der Chirurg hatte wohl Mitleid mit dem jungen Mann, operierte ihn mehrmals, erfolgreich. Zwar konnte David Simpson seinen Arm nicht mehr schwer belasten, aber die Alltagsdinge dennoch meistern.

Vom Steuergehilfen schulte er als Veteran um, studierte Physik, habilitierte und forschte fortan an der medizinischen Fakultät der Universität, wo er sich vor allem mit Hilfsmitteln wie Prothesen beschäftigte. Hamminkeln hat Simpson allerdings nie vergessen.

Ein Strauß weißer Blumen

Hans-Güner Neu besuchte David Simpson in Edinburgh.
Hans-Güner Neu besuchte David Simpson in Edinburgh. © NRZ

Er bezeichnete die Stadt gegenüber Hans-Günter Neu einmal als „zweiten Geburtsort“. Er kam häufiger zu Besuch, schaute sich die alten Schlachtfelder an, besuchte einen Gottesdienst in der evangelischen Kirche und unterhielt sich mit dem damaligen Pfarrer Messerschmidt. Als Zeichen der Dankbarkeit und der Versöhnung der Völker schickte David Simpson von da an jedes Jahr zu Ostern einen großen Strauß mit weißen Blumen an die Gemeinde.

1995 stiftete er einen größeren Geldbetrag, den andere britische Veteranen und Hamminkelner aufstockten, um einen Kerzenständer zu gestalten. Das übernahm damals der Hamminkelner Künstler Bruno Lang. Seitdem steht dieser Ständer in der „weißen Kirche“ an der Marktstraße.

Ein Besuch in Edinburgh

2004 besuchten Hans-Günter Neu und seine Frau während einer Urlaubsreise David Simpson, um sich seine Geschichte erzählen zu lassen. „Ein faszinierender Mann, der sehr an der Entwicklung in Hamminkeln interessiert war“, sagt Neu über den Besuch – natürlich zur Teezeit, zu der Simpson in seinem hohen Alter noch eigenhändig Scones gebacken hatte. 2006 verstarb der Weltkriegsveteran. Doch die Geschichte geht weiter.

Denn 2013 meldete sich Enkel Richard bei der Gemeinde und besuchte Hamminkeln bereits am 18. Januar. Er nahm die schöne Tradition wieder auf, jeweils zu Ostern den Betrag für einen Blumenstrauß in Erinnerung an Opas Genesung nach dessen Verwundung am 26. März 1945 in Hamminkeln zu spenden. Denn Ostern ist schließlich das Fest der Wiederauferstehung. Auch in diesem Jahr. Trotz all der Einschränkungen durch das Coronavirus.