Wesel. Vor 75 Jahren verdunkelte sich der Himmel über Wesel erneut. Der Rheinüberquerung durch die Alliierten gingen weitere Bombenabwürfe voraus.
Die verheerenden Bombardierungen der alten Hansestadt Wesel waren gerade einmal gut einen Monat her, da kündigten sich am späten Nachmittag des 23. März 1945 weitere Angriffe der alliierten Truppen an.
Es war ein frühlingshafter Freitag, die Sicht klar und die Sonne tauchte den Rhein in warmes Licht, als die Bomber ab etwa 17 Uhr im Minutentakt auf Wesel zusteuerten.
„Über uns taucht eine gigantische Luftarmada auf“, schreibt der russische Journalist und Kriegsberichterstatter Daniil Kraminov in seiner Veröffentlichung „Im Frühling 1945“ über jenen Tag, der für die Stadt an Rhein und Lippe noch mehr Zerstörungen brachte. „Es fliegen über den ganzen Himmel verstreut schwere Lancaster und Halifax. Vom Rhein her schallt lautes Grollen herüber, die krachenden Einschläge folgen aufeinander ohne Unterlass.“
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Später begann die Bodenoffensive. Ausgesuchte Freiwillige des Heeres und der Marineinfanterie rückten vor. Die „Operation Widgeon“, übersetzt: Pfeifente, kam in Gang. Gegen 22 Uhr machte sich die britische Marineinfanterie auf zur Überquerung des Rheins. 24 Buffalo-Amphibien-Transportpanzer brachten rund 450 Soldaten von Perrich aus auf die Grav-Insel. „Unser Buffalo rutschte oben auf dem Deich und es schien, als ob wir seitlich herabschlitterten“, beschreibt der Soldat Bob Nunn die Aktion. „Mit großem Aufspritzen gelangten wir ins Wasser, alle Mann wurden vollkommen durchnässt.“
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Kraminov schildert fast poetisch die Geschehnisse im Dunkel der Nacht: „Man hat den Eindruck, die Nacht irre zwischen völligem Dunkel und hellem Licht, sie ist einmalig reich an Farben: grüne Raketen, rote Granaten, Bündel himbeerfarben leuchtender Projektile.“ 200 britische Bomber nahten und erleichterten ihre Flieger um 1100 Bomben und Luftminen. „Das bedeutete, dass Wesel nur noch zehn Minuten zu leben hatte“, schrieb Alan Moorehead. Der Brite beobachtete die Ereignisse, die mit „verheerenden, unglaublichen Erschütterungen“ verbunden waren. „Gebäude und Bäume und ganze Stücke der Landschaft lösten sich einfach von der Erde.“
Schießereien mit deutschen Soldaten
Nach den schweren Angriffen setzten sich die Soldaten durch die Aue über die Reeser Landstraße in Bewegung. Es ging weiter über die Monschauer Straße in die Stadt. Auch über den Breiten Weg nahten die Befreier, erreichten gegen 2 Uhr die Firma Keramag. Immer wieder kam es zu Schießereien mit deutschen Soldaten, doch der Widerstand brach mehr und mehr. Am nächsten Morgen ließ der deutsche Oberstleutnant Ross die weiße Fahne hissen und übergab die Festung an die Briten.
Zu Rheinüberquerungen durch britische, amerikanische und kanadische Truppen kam es an mehreren Stellen, so zwischen Büderich und Orsoy. Es folgten weitere in der Nacht und am Morgen, auch von Lüttingen nach Bislich. Bereits um 2.35 Uhr hatten die vier Kompanien der Royal Scots Fusiliers am 24. März 1945 alle wichtigen Kreuzungen in Bislich besetzt, das Dorf war komplett eingekreist.https://liberationroute.de/the-netherlands/pois/t/the-crossing-of-the-rhine-operation-plunder-and-varsity
Lesen Sie in unserer morgigen Ausgabe mehr über die Rheinüberquerung bei Bislich und die Luftlandeaktion zwischen Diersfordt und Hamminkeln.
Quellen und eine Terminverschiebung wegen des Coronavirus
Der Weseler Alexander Berkel hat in seinem Buch „Krieg vor der eigenen Haustür“ (Studien und Quellen zur Geschichte von Wesel, Band 27) 1994 eindrucksvoll über die Ereignisse berichtet. Aus dieser Veröffentlichung stammen auch viele Zitate in unserem Text.
Eigentlich sollte am morgigen Dienstag, 24. März, im Deichdorfmuseum Bislich an die Rheinquerung erinnert werden. Corona hat dies verhindert. Nun soll es eine Gedenkveranstaltung im November geben. Der genaue Termin steht noch nicht fest.