Wesel. Dei Buchhandlung Korn hat mit Denis Scheck einen der renommiertesten Literaturkritiker nach Wesel eingeladen. Eine Lehrstunde in Selbstironie.
Wenn Fernsehgrößen anreisen, füllen sich gewöhnlich die Säle. So auch am Samstag die Aula der Musik- und Kunstschule. Dort hatte sich auf Einladung der Buchhandlung Korn Literaturkritiker Denis Scheck eingefunden, um sein Buch „Schecks Kanon. Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“ vorzustellen. Man kann dem Mann, der in seiner Sendung „Druckfrisch“ seit siebzehn Jahren vor der Kamera Bücher in die Tonne kloppt, sehr gut zuhören.
Nicht nur, weil er so pointiert liest, dass das Publikum fast glaubt, er erzählt - es ist auch gefällig, was er zum Besten gibt. Er schreibt süffig und heiter, und genau so kommentiert er auch sein Buch, mit humorvoller Selbstkritik: Jahrelang habe er der Leserschaft gepredigt, keine Bücher zu kaufen, auf denen der Autor abgebildet sei, und nun prange er selbst auf einem Cover, muss er zugeben. Was er dann gleich zum Anlass nimmt, um den Illustrator Torben Kuhlmann und dessen Fotobände anzupreisen.
Warnung vor Büchern von Bestsellerlisten
Obendrein warne er ständig vor den Büchern auf der Spiegel-Bestsellerliste. Man wolle nicht die zehn meistverkauften Pullover tragen, und mit Büchern verhalte es sich nicht anders. Und nun stehe er selbst auf dieser Liste, die „den literarischen Massengeschmack“ abbilde: „Ich muss Sie nun vor mir selbst warnen“, erklärt er launig, bevor er das „Vorwort zu einem frivolen Unternehmen“ vorträgt, wie er es selbst nennt.
Er begründet darin, weshalb es sich für ihn zu lesen lohnt: „Literatur hat mir das Leben gerettet“, sie habe ihn alles überstehen lassen, was verkorkst war in seinem Leben. Und er begründet, was für ihn Literatur ausmacht: „Zur Weltliteratur zählt für mich ein Werk dann, wenn es meinen Blick auf die Welt nachhaltig verändert.“ Eines macht er immer wieder klar: Er stellt seine persönliche Bestenliste vor. Allgemeingültigkeit beansprucht er damit nicht. Ebenso führt er aus, dass er sich bei seinen 100 besten Werken keinesfalls auf Klassiker beschränke. Landesgrenzen spielten für seine Auswahl ebenso wenig eine Rolle wie Epoche oder Zuordnung zu einem Literatur-Genre.
Karlsson vom Dach und Tod auf dem Nil
Und so findet sich unter den nach Schecks Meinung 100 besten Werken neben Goethes „Faust“ auch Astrid Lindgrens Kinderbuch „Karlsson vom Dach“ oder Agatha Christies Krimi „Tod auf dem Nil“. Schließlich liest Denis Scheck einige der 100 jeweils vierseitigen Buchbesprechungen vor, wobei für ihn die Vorliebe für einzelne Bücher jeden Tag eine andere sei, wie er betont. Am Samstag jedenfalls entschied er sich zuerst für sein „Heilmittel gegen Liebeskummer“: Jane Austens „Stolz und Vorurteil“, um dann Franz Kafkas „Tagebücher“ und Ernest Hemingways „Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber“ vorzustellen. Es waren auch Fragen des Publikums vorgesehen, doch es blieb bei einer – zu einem Buch von Ex-Torwart Oliver Kahn.
Denis Scheck: „Schecks Kanon. Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“ Piper Verlag, 480 Seiten, 25 Euro