Wesel. Gerhard Wölki und Gerd Hüsken wurden vor 30 Jahren gemeinsam Vorstand der Volksbank Rhein-Lippe. Und gehen auch gemeinsam in den Ruhestand.

Der morgige Freitag beginnt eigentlich wie ein ganz gewöhnlicher Tag. Gerd Hüsken wird kurz vor sechs aufstehen, zum Voerder Hallenbad fahren und seine täglichen 1500 Meter schwimmen. Im Anschluss ist Zeit fürs Frühstück und die morgendliche Zeitungslektüre. Ein paar Kilometer weiter in Emmerich sieht’s bei Gerhard Wölki ganz ähnlich aus, mit Ausnahme des Frühsports vielleicht.

Danach werden die beiden allerdings nicht wie sonst immer in ihr Auto steigen und den Großen Markt in Wesel ansteuern. „Guten Morgen Gerd“ und „Guten Morgen Gerhard“ wird’s hier in der Volksbank Rhein-Lippe nicht mehr geben. Und auch nicht mehr das schon traditionelle Freitagsessen mit den Kollegen. Denn die beiden Vorstände sind ab morgen im Ruhestand.

Ausbildung bei der Volksbank Voerde

„Wir sind beide zusammen vor 30 Jahren Vorstand geworden und wollten auch zusammen aufhören“, sagt Gerd Hüsken. In diesen drei Jahrzehnten habe man eine enge Beziehung aufgebaut, die über das rein Berufliche hinausging. „Wir haben spannende Zeiten durchgemacht, da muss man sich vertrauen“, betont Gerd Hüsken, der Ende Februar 63 wird. „Es ist wie eine Freundschaft“, findet Gerhard Wölki, „wir spielen zusammen Skat und haben uns fast öfter gesehen, als wir unsere Ehefrauen.“

Hüsken und Wölki haben ihre Ausbildung bei der Volksbank Voerde gemacht, aus der 1995 nach der Fusion mit der Raiffeisenbank Wesel die Volksbank Rhein-Lippe hervorging. Den Bau des neuen Verwaltungssitzes in Voerde-Friedrichsfeld, 2021 bezugsfertig, wird das Duo aber nur noch aus der Ferne bestaunen. „Der alte Sitz war zu klein“, so Wölki, „und ließ auch der Kreativität keinen Raum.“

Zudem bekomme man nun auch ausreichend Parkplätze für die Mitarbeiter. „Mir würde es Spaß machen, im neuen Gebäude zu arbeiten“, schmunzelt Gerd Hüsken. „Aber genauso freue ich mich auf den Ruhestand.“ Während Gerhard Wölki, der im Januar 65 Jahre alt geworden ist, offen zugibt: „Das Richtfest wäre auch ein schönes Ende gewesen, Gerd.“

Mit dem Zeitgeist gehen

Übrigens: Sich zu duzen, das sei in der Volksbank in den früheren Jahren ganz normal gewesen. Die Mitarbeiter hätten einen immer mit dem Vornamen und dem Zusatz „Sie“ angesprochen. „Das hatte eine schöne, unverbindliche Art“, sagt Gerhard Wölki. Heute allerdings nicht mehr denkbar, wenngleich die alte Kleiderordnung samt Krawatte bald Geschichte sein dürfte. „Da müssen wir auch ein bisschen mit dem Zeitgeist gehen“, meint Gerd Hüsken. Auch weil man, so Wölki, dem Kunden „auf Augenhöhe begegnen möchte.“

In den drei Jahrzehnten ihres Wirkens haben die beiden Bank-Vorstände viele Höhen und Tiefen miterlebt. Wie die globale Finanzkrise 2008 mit dem Zusammenbruch der Investmentbank „Lehman Brothers“. Der Werteverfall habe auch für die Banken vor Ort eine bedrohliche Situation heraufbeschworen. „Das waren spannende Wochen, von heute auf morgen kamen die Geschäfte fast zum Erliegen“, erinnert sich Gerd Hüsken. Ganz zu schweigen von der Entwicklung des Zinsniveaus bis zum Negativzins der heutigen Zeit.

Automatensprengung in Mehrhoog

„Das hätte ich im Leben nicht erwartet“, gibt Hüsken zu, „und das Schlimme ist: Es wird so bleiben.“ Von Bankräubern sind die Volksbank-Vorstände weitgehend verschont geblieben, in Erinnerung sind lediglich zwei kleinere Überfälle geblieben, bei denen die Täter mit ihrer Beute aber nicht sehr weit kamen. Und natürlich die Automatensprengung im August 2016 in Mehrhoog. „Der Tasse Kaffee auf dem Geldautomaten wäre nichts passiert, aber die Filiale war zerstört“, blickt Gerd Hüsken zurück.

Langeweile im Ruhestand wird es für Gerd Hüsken und Gerhard Wölki nicht geben. Hüsken hat nun mehr Zeit für seine Ämter als Vorsitzender des TV Voerde und des Fördervereins des Gymnasiums, zudem fürs Golfspielen, für den Garten und fürs Zeitunglesen. „Ich kann jetzt alles in Ruhe machen, nicht mehr so gehetzt.“ Und Gerhard Wölki wird sich verstärkt seiner Arbeit in der Bürgerstiftung Kreaktiv und seiner Mitarbeit in der Akademie Deutscher Genossenschaften in Montabaur widmen. Daneben bleibt auch noch Zeit fürs Lesen und Radfahren. „Ich muss nicht mehr meinen privaten Kalender nach dem Bankkalender ausrichten.“

Letzter Arbeitstag

Und dennoch wird die Arbeit in „ihrer“ Bank den beiden Vorstandskollegen irgendwann mal fehlen – da halten sie es ganz mit dem früheren SPD-Chef Franz Müntefering, der mal sagte: „Der schönste Job nach Papst.“ Denn es habe immer Spaß gemacht, ein Unternehmen zu führen. Auch der letzte Arbeitstag heute von Gerd Hüsken und Gerhard Wölki dürfte ein besonderer werden. Denn am Abend geht’s noch mit Kollegen, Freunden und Weggefährten zur Abschiedsfeier ins „Tannenhäuschen“…