Kreis Wesel. Ein Umfrage ergab, dass Nachholbedarf besteht. Nur wenige Betriebe bieten Kinderbetreuung. Auch flexible Arbeitszeitmodelle können Eltern helfen.
Betrieblich organisierte Kinderbetreuung oder familienfreundliche Angebote des Arbeitgebers sind für Unternehmen ein Vorteil – denn gerade jetzt, wo Fachkräfte in vielen Branchen gesucht werden, können sie helfen, Angestellte an den Betrieb zu binden. Doch hier gibt’s im Kreis Wesel offenbar noch Luft nach oben. Das ergab eine Umfrage der Entwicklungsagentur Wirtschaft (EAW) gemeinsam mit der Fachstelle Frau und Beruf des Kreises Wesel sowie dem Kompetenzzentrum Frau und Beruf Niederrhein, an der 105 Betriebe teilgenommen haben. Nur 13 von ihnen können Betreuungsangebote vorweisen, neun weitere gaben an, Modelle wie Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten zu praktizieren.
Weitere 14 befragte Firmen gaben an, zumindest die Möglichkeit einer „Notfallbetreuung“ zum Beispiel in den Kita-Ferien anzubieten. 1000 Betriebe haben die Organisatoren der – nicht repräsentativen – Online-Umfrage angeschrieben, 105 antworteten.
Akademie Klausenhof hat eine eigene Großtagespflege
Wie sieht es mit der betrieblichen Kinderbetreuung im Kreis Wesel aus? Und wie hoch ist der Bedarf, hier nachzubessern? Das Fazit aus der Umfrage lautet: Es gibt Interesse bei Unternehmen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, erläuterten Landrat Ansgar Müller und Monika Seibel von der Fachstelle Frau und Beruf. 25 Unternehmer haben Interesse an weiteren Informationen bekundet und sind auch schon kontaktiert worden, neun Betriebe planen konkrete Angebote für das Jahr 2020 – sie alle erhalten nun Unterstützungsangebote.
Zu den Arbeitgebern, die ein eigenes Betreuungsangebot auf die Beine gestellt haben und davon profitieren, gehört zum Beispiel die Akademie Klausenhof in Hamminkeln-Dingden: Die Großtagespflege nahe der Akademie bietet vier Plätze für den Nachwuchs von Kursteilnehmern und fünf für Kinder der Mitarbeiter. Man habe sich gezielt Gedanken gemacht, wie man besonders auch junge Frauen für Leitungsfunktionen gewinnen kann, erklärte Rüdiger Paus-Burkard, Direktor der Akademie.
Auch in kleinen Betrieben sind familienfreundlich Angebote mögliche
Etwa ein Jahr bleiben die Ein- und Zweijährigen in der betrieblichen Einrichtung, werden zu einem bezahlbaren Beitrag von drei Fachkräften betreut. Die Tagespflege hat „Kita-Standard“, wie Paus-Burkard mit Stolz betont. Nach der Zeit in der Tagespflege wechseln die Kleinen in die wohnortnahe Kita. So können junge Mütter den Wiedereinstieg in den Beruf sanft meistern – der Arbeitgeber hat den Vorteil, dass Mitarbeiterinnen mit Kind dem Betrieb treu bleiben, die Fluktuationsrate sinkt.
Dass aber auch schon „kleine Lösungen“ Unternehmen helfen können, sich familienfreundlich aufzustellen, zeigt das Beispiel von Boris Sydorenko, Steuerberater aus Wesel. Sein Büro mit acht Mitarbeitern versucht, durch diverse Regelungen Müttern die Organisation des Alltages zu erleichtern. Der zweifache Vater kennt die typischen Probleme aus eigener Erfahrung und bietet Mitarbeiterinnen mit Nachwuchs die Möglichkeit zum Home-Office und Urlaub ausschließlich in den Schulferien, stellt bei Bedarf einen Firmenwagen zur Verfügung, übernimmt die Kinderbetreuungskosten oder ermöglicht flexible Arbeitszeiten – kleine Bausteine, die helfen, Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und damit auch dem Betrieb dienen, wie er erklärt.
Kreis Wesel informiert Arbeitgeber über Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Ziel des Kreises Wesel ist es, weitere Arbeitgeber dabei zu unterstützen, berufstätigen Müttern und Vätern die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf zu erleichtern – denn solche Unternehmen sind attraktive Arbeitgeber.
Am Freitag, 8. November, ab 9.30 Uhr wird es zu diesem Thema unter dem Titel „Und wer kümmert sich um die Kinder?" eine mehrstündige Informationsveranstaltung im Kommunalen Rechenzentrum an der Friedrich-Heinrich-Allee 130 in Kamp-Lintfort geben, in der Rahmenbedingungen für betriebliche Angebote, aber auch beispielhaft Betreuungsmodelle für Kitas, Großtagespflegestellen oder „Notfall-Lösungen“ von externen Fachleuten vorgestellt werden.
Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung gibt es bei der Fachstelle Frau und Beruf des Kreises Wesel telefonisch unter oder per Mail unter monika.seibel@kreis-wesel.de