Kreis Wesel. Parteien im Kreis und in Wesel, Schermbeck, Hünxe und Hamminkeln gehen unterschiedlich mit der Diskussion rund um den Klimanotstand um.
. Klimanotstand ist in den Kommunen und Kreisen das Stichwort der Stunde: Die Linke beantragt, ihn für den Kreis Wesel auszurufen, die Grünen für Hamminkeln, die SPD für Schermbeck. Ein Modetrend, reine Symbolpolitik also – oder steckt Greifbares hinter dem Etikett?
Die Linke im Kreistag fordert, dass künftig jede Entscheidungsvorlage auch auf die Klimafolgen hinweist und künftig solche Lösungen den Vorzug haben, die sich positiv auswirken. Fraktionschef Sascha Wagner: „Das ist nicht kostenintensiv.“ Er fordert, dass Taten folgen und benennt als Hauptklimakiller den Individualverkehr im Kreis Wesel. „Trotzdem wird der Öffentliche Personennahverkehr systematisch ausgedünnt“, kritisiert er.
Der Kreis hat ein dreieinhalb Jahre altes Klimaschutzkonzept, die Linke will das Thema dauerhaft forcieren und hat einen Fragenkatalog zur Umsetzung an die Verwaltung gesandt. Und obwohl die Grünen beispielsweise in Hamminkeln ebenfalls den Klimanotstand beantragen, winkt die grüne Kreistagsfraktion ab. Sie will eher gute Ansätze fördern und auszeichnen, um sie voran zu bringen, als einen Notstand auszurufen, stößt demnächst eine Auszeichnung für hervorragende Initiativen an.
Und fährt damit einen ähnlichen Kurs wie Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski: In Sachen Klimaschutz folgt er der Devise „einfach mal losgehen“, Bedenkenträger fänden sich ohnehin immer.
Radwege so schlecht wie nie
So hat Hamminkeln ein E-Car-Sharing-Pilotprojekt auf den Weg gebracht – die städtischen Mitarbeiter fahren mit Strom, zehn Ladesäulen errichtet, die unabhängige Energieberatung der Verbraucherzentrale forciert, diverse andere kleinere Projekte initiiert oder unterstützt. „Der Begriff Notstand ist auf Verbote ausgerichtet. Wir wollen lieber die Bürger da mitnehmen wo sie stehen“, so Romanski. Johannes Flaswinkel von den Hamminkelner Grünen meint, man könne sich zwar an dem Begriff stören.
„Die Menschen haben es aber satt, dass nur geredet wird. Es müssen Taten folgen“, begründet er den Antrag. Hamminkelns Fortschritte seien schön und gut, aber nicht gut genug, so die Position seiner Fraktion. Das Umweltschutzkonzept aus dem Jahr 2013 müsse umgesetzt werden – 75 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2020 sind beispielsweise ein festgelegtes Ziel, heute sind es 60 Prozent. Attraktivere Radwege, „sie sind so schlecht wie noch nie“, und den Öffentlichen Personennahverkehr nennt er als Stichworte.
InWesel gibt es noch keinen Antrag aus der Politik in Sachen Klimanotstand – der Grüne Fraktionssprecher Ulrich Gorris geht jedoch davon aus, dass die Organisatoren der „Friday für Future“-Demos einen solchen Antrag in nächster Zeit werden werden. Wenn nicht, wird es seine Fraktion tun, so Gorris. „Das ist natürlich ein Symbolantrag“, räumt er ein.
Dennoch ist er aus seiner Sicht wichtig, um das Thema hervorzuheben.
In Wesel habe man sich in Sachen Klimaschutz in der Vergangenheit nur langsam bewegt. Die Idee, die hinter einem solchen Antrag steht, ist, dass jede Maßnahme, die durch die Politik beschlossen wird, nicht nur auf finanziellen Auswirkungen, sondern auch auf die Nachhaltigkeit untersucht wird.
Grüne wollen Bestandsaufnahme
In Hünxe haben die Grünen keinen Antrag auf den Status Klimanotstand gestellt. Statt dessen fordern sie eine Bestandsaufnahme in Sachen Klimaschutz: Die Klimaschutzbeauftragte soll einen aktuellen Bericht zu zukünftigen Projekten und zur Akzeptanz in Hünxe liefern. Zudem wollen sie über die Themen Klimaschutz und Bebauungspläne sowie weitere konkrete Maßnahmen in den Politischen Gremien diskutieren.
In Schermbeck sind es normalerweise die Grünen, die Anträge zum Umwelt-, Natur- und Klimaschutz einreichen, meist aber damit an der Mehrheit von CDU und SPD scheitern. In Sachen Klimanotstand war nun die SPD einen Schritt voraus. Für den Planungs- und Umweltausschuss beantragen die Genossen, der Rat solle feststellen, dass die Auswirkungen des Klimawandels auch Schermbeck erreicht hätten, gleichzeitig den Klimanotstand erklären und damit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität anerkennen.
Konkret soll der Rat künftig neben der ökologischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Nachhaltigkeit auch die Auswirkungen auf das Klima bei jeder Entscheidung berücksichtigen und jene Optionen vorrangig behandeln, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen.
Ökologischen Auswirkungen abschätzen
Die Verwaltung soll zudem die Ratsvorlagen entsprechend gestalten und grundsätzlich die ökologischen Auswirkungen darstellen oder abschätzen. Das gemeindliche Klimaschutzkonzept müsse zudem stetig überprüft und gegebenenfalls durch den Rat angepasst werden.
Die Gemeinde Schermbeck solle explizit das Engagement aller unterstützen, die sich vor Ort für den Klimaschutz einsetzen. Ferner steht eine unbefristete Stelle für den Klimaschutzmanager auf der Liste der SPD-Forderungen.