Schermbeck. Seit Jahren wir eine juristische Aufarbeitung des Skandals gefordert. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte stehen dabei in der Kritik.

Dass sich die Justiz in NRW mit der Aufarbeitung der Geschehnisse um den Umweltskandal in der ehemaligen Tongrube der Firma Nottenkämper in Schermbeck schwer tue, zeige sich erneut in erschreckendem Ausmaß an einem kürzlichen erschienen Zeitungsbericht, erklärt das Gahlener Bürgerforum (GBF). „Die damaligen Anzeigen gegen Nottenkämper selber wurden eingestellt, die Ermittlungen gegen denjenigen, der für die Probenanalyse dort verantwortlich war, wurden eingestellt.

Das Verfahren gegen den Ex-Prokuristen, der für den Vertrieb verantwortlich war, wurde bezüglich der Einbringung des Giftmülls abgetrennt und bisher wegen einer Arbeitsüberlastung bei Gericht nicht verhandelt. Auch Ermittlungen gegen andere Beteiligte wurden eingestellt“, erklärt das Bürgerforum.

Der Eindruck verhärte sich, dass die bisherigen Verurteilungen eher Bauernopfer seien und man am liebsten von behördlicher Seite „endlich auf einen der schlimmsten Umweltskandale in NRW einen Deckel drauf machen möchte“.

Neues Verfahren wegen Umweltstraftagen

Die NRZ fragte beim Landgericht Bochum nach und erhielt von dessen Sprecher Volker Talarowski diese Antwort: „Keines der beim Landgericht Bochum anhängigen Verfahren im Zusammenhang mit dem Ölpellet-Skandal ist bislang eingestellt worden.“

Laut Dt. Stefan Steinkühler vom Gahlener Bürgerforum sei dies kein Widersprich, denn: „Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt, nicht das Landgericht.“

Zudem erklärt das Bochumer Gericht: „Hinsichtlich des Angeklagten L. wurde der Vorwurf einer Umweltstraftat zur anderweitigen Verhandlung abgetrennt.“

Und: Bei der sechsten Strafkammer des Landgerichts Bochum sei jetzt neu ein Verfahren wegen Beihilfe zu diversen Umweltstraftaten anhängig. „Vor allem der letzte Aspekt ist interessant“, erklärt dazu Dr. Stefan Steinkühler.

Ein Ölpellet bzw. ein Klumpen des belasteten Materials, das illegal in den Mühlenberg in Schermbeck-Gahlen bei der Firma Nottenkämper mit Sitz in Hünxe abgelagert worden ist. 
Ein Ölpellet bzw. ein Klumpen des belasteten Materials, das illegal in den Mühlenberg in Schermbeck-Gahlen bei der Firma Nottenkämper mit Sitz in Hünxe abgelagert worden ist.  © NRZ | Johannes Kruck

Weiter heißt es vom Gahlener Bürgerforum: „Gerüchte um mögliche andere Geschehnisse „um die Tongrube herum“ halten sich seit längerem hartnäckig. Nur Gerüchte zu streuen, hilft keinem. Entweder wendet man sich jetzt an die nun ermittelnde Staatsanwaltschaft Duisburg oder nutzt die Korruptionshotline des LKA (0800 5677878/0800 KORRUPT) oder man schweigt, dann aber bitte für immer, damit wenigstens diesbezüglich Ruhe in unser Dorfleben zurückkehrt.

Dann äußern die besorgten Bürger in Gahlen eine Vermutung: „Zumindest haben wir jetzt eine Ahnung, wie es möglich war, dass dieser Umweltskandal mit diesem immensen Ausmaß zustande kam: Ein Unternehmen stellt einen Prokuristen ein und überlässt ihm die Auftragsbeschaffung. Einfluss auf den Geschäftsbetrieb soll er nach damaligen Aussagen von Nottenkämper ja nicht gehabt haben. Ein weiterer Mitarbeiter, der für die Probenanalyse verantwortlich ist, analysiert die Deklarationsproben beim Lieferanten und erstellt gleichzeitig die Anlieferungs- und Rückstellproben beim Abnehmer. Wenn diese nun mit krimineller Energie unterwegs sind, versagt das Kontrollsystem. Und dies ist nicht nur einmal passiert, sondern mindestens zweimal (Anlieferungen aus Bochum und aus Duisburg).“

Erlaubnis zum Betrieb einer neuen Deponie

Und weiter meint das GBF: „Unter einem zertifizierten Entsorgungsbetrieb versteht man im Allgemeinen etwas Anderes!Denkt man an das Gewerberecht, dann gilt der Grundsatz, dass auch derjenige als unzuverlässig zum Betreiben eines Gewerbes gilt, wer unzuverlässigen Dritten maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte einräumt. Hier liegt es anders: Es gibt keine Sanktionen sondern sogar die Erlaubnis zum Betrieb einer neuen Deponie. Deponiefläche in Deutschland ist halt knapp! Und nicht umsonst ist im Entwurf des neuen Regionalplans eine weitere Tongrube vorsichtshalber eingezeichnet.“