Wesel. . In Bergerfurth hat Holemans eine künftige Abgrabung freigelegt, lange bevor der Kiesabbau beginnt. Bedrohte Vögel erobern diesen Lebensraum

Schön ist es nicht an der künftigen Ausgrabung in Bergerfurth. Ein

Ein Austernfischer.
Ein Austernfischer. © H.Glader

Bagger hat inmitten des saftigen Grüns den Ackerboden abgetragen, eine öde Landschaft aus Sand, Kies und Grundwasser zurück gelassen. Dabei soll der Abbau erst in zwei Jahren beginnen. Hans Glader, Naturfotograf und anerkannter Vogelexperte, strahlt: „Da vorne gibt es zwei Austernfischer-Paare“, sagt er, „vielleicht brütet schon eines. Sie beginnen sehr spät im Jahr.“ Flussseeschwalben, die eigentlich keine Schwalben sind, Flussregenpfeifer, Flussuferläufer, Kiebitze und mehr – überall regt sich Leben in der Ödnis.

Kaum noch natürliche Lebensräume

„Das Abbaugebiet ist vorbereitet“, erläutert Beate Böckels, Diplom-Umweltwissenschaftlerin im Dienst der Auskiesungsfirma Holemans. Und das, obwohl frühestens Ende 2020 der Bagger zurückkehrt, um Kies und Sand zu fördern. Bewusst habe man schon jetzt mit der Vorbereitung begonnen, „das ist ein extrem hochwertiger Lebensraum“. Für vom Aussterben bedrohte Vögel, erläutert Glader, die sonst in Flussauen und an Flussrändern leben würden. „Aber diese Lebensräume, in denen Hochwasser regelmäßig ‘aufräumt’ gibt es kaum noch.“ Da bieten die wasserreichen Flächen der Auskieser zumindest einen Zufluchtsort auf Zeit.

Gewinne für die Natur fördern und aufzeigen

Die Kiesindustrie sieht sich zunehmend massiver Kritik ausgesetzt, daher bemüht man sich bei Holemans, für die Natur positive Begleitphänomene aufzuzeigen und sie auch aktiv zu fördern. Dass vorbereitete Abbaugebiete für seltene Vögel interessant sind, ist bekannt. „Es wird darüber diskutiert, per Gesetz dafür zu sorgen, dass frühzeitig abgeräumt wird“, erläutert Böckels. Diese Diskussion habe man nicht abgewartet.

Was in Bergerfurth das Vogelparadies nahezu perfekt macht: Absolute Ruhe und Abgeschiedenheit.

Ungestört von Mensch und Hund

Das Areal ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, die Vögel bleiben sich selbst überlassen. Bis auf das Förderband und den Bagger, doch die störten die Tiere eher wenig. Menschen machen sie unruhig, vor allem solche mit Hund. „Dass angeleinte Hunde kein Problem sind, kommt aus dem Jagdbereich“, erläutert Glader. Brütende Vögel gerieten aber schon beim bloßen Anblick in Stress, wie jüngere Forschungen ergeben.

Doch hier in Bergerfurth ist die Vogelwelt zumindest im Augenblick noch in Ordnung. Glader macht auf vier winzige Eier im Sand aufmerksam, zwischen den Kieseln kaum zu erkennen und somit perfekt getarnt. Eine Flussseeschwalbe hat hier ihr Gelege. Glader geht nicht bis an das Nest heran, um keine Spur für Füchse oder andere Feinde der Vögel zu legen. Und er entfernt sich schnell wieder, damit die Eier nicht auskühlen.

Zugvögel legen hier eine Pause ein

Auch für Zugvögel sei dies eine perfekte „Tankstelle“ auf ihrem weiten Weg in den Süden oder zurück nach Norden, erläutert Glader. Wichtig sei das Element Wasser. Dem schwarzen Schwan, der sich am gegenüber gelegenen Ufer blicken lässt, gefällt es hier. „Der ist irgendwo ausgebüxt, das ist ein Trauerschwan. Der gehört eigentlich nach Australien“, sagt Glader, und schwärmt gleich von der Balz der Haubentaucher. Also abgraben für den Artenschutz? So weit will Hans Glader nicht gehen, sich in die Diskussion pro und contra Kiesabbau nicht einmischen. Aber der Lebensraum hier, der sei außerordentlich hochwertig.