Wesel. . Die Bewohner klagen über den maroden Zustand des Hauses, in dem Kinder, alte Menschen und Pflegebedürftige wohnen. Beschwerden laufen ins Leere.
Die Anwohner des Hochhauses an der Dinslakener Landstraße 5 haben die Nase voll. Über den Sanierungsstau in dem neungeschossigen Haus ärgern sie sich schon länger. Doch nun sind seit gut zwei Wochen die Heizung und der Aufzug außer Betrieb, beklagen sie. In dem Haus wohnen Senioren, Kinder, pflegebedürftige Menschen. Beschwerden bei der Hausverwaltung, selbst durch den Weseler Mieterverein, blieben bisher ohne Erfolg. Die Bewohner halten den Zustand für nicht mehr zumutbar und haben sich an die NRZ gewandt.
Es gibt eine Reihe von Missständen in dem Haus, klagen sie beim Ortstermin - undichte Fenster, Risse in den Wänden, Wasserschäden. Doch das Leben ohne Aufzug und Heizung ist für sie das schlimmste. Bei Harald Stockhofe in der neunten Etage zeigt das Thermometer an diesem Tag 13 Grad an. Nicht selten sind die Temperaturen aber auch im einstelligen Bereich, berichten Nachbarn. Ansa Anwar betreibt eine Pizzeria im Erdgeschoss und wohnt mit fünf Kindern im Alter von ein bis acht Jahren in der zweiten Etage. Die Kleinen haben nun häufig Schnupfen, sagt er.
87-Jähriger muss zu Fuß in die sechste Etage
Der fehlende Aufzug ist für eine Reihe von Mietern ein Riesenproblem: Surinderpal Singh ist 87 Jahre alt, herzkrank und lebt in der sechsten Etage. Da er oft zum Arzt muss, ist er gezwungen, den Weg zu Fuß zu bewältigen – besonders die Treppe hinauf ist eine Tortur. „Auf jeder Etage muss ich Luft holen“, berichtet er. Insgesamt benötigt er für den Aufstieg eine halbe Stunde. „Wir sind machtlos“, meint er mit Blick auf die vergeblichen Beschwerden.
Kurt Scharninghausen aus der fünften Etage hat ähnliche Sorgen: Seit einer Fußoperation braucht er einen Rollator. Den kann er ohne Aufzug nicht benutzen – die Treppenstufen versucht er nun mit dem Stock zu bewältigen. „Ich kann nicht mehr richtig einkaufen – nur das, was in den Rucksack passt.“ Eine weitere Bewohnerin berichtet, dass der Pflegedienst ihrer Mutter derzeit nicht kommt, weil der Weg in die siebte Etage zu Fuß zu aufwändig ist. Da auch der Müllschacht im Hausflur abgeschlossen wurde, müssen die Mieter nun für jede Mülltüte in den Keller laufen – wenn sie es können.
Viele Wohnungen stehen schon lange leer
Viele Wohnungen stehen leer. Zum Teil schon seit Monaten, berichten die Bewohner. Auch ein Teil der Ladenlokale im Erdgeschoss. Das Café Vesalia, betrieben vom Verein Spix, ist noch da. Doch um die Probleme kümmere sich die Hausverwaltung schleppend bis gar nicht, berichtet die Angestellte Heike Bethaus. Der Boden ist defekt, in der letzten Woche musste das Café einige Tage schließen, weil wegen eines Wasserschadens ohne Ankündigung das Wasser abgestellt wurde – auch die Bewohner wurden davon überrascht.
Ein weiteres Ärgernis für alle: Die Haustür lässt sich aufgrund eines Defekts nicht abschließen, so dass sie Tag und Nacht offen steht.
Fremde belagern das Treppenhaus
Die Folge: Fremde lassen sich abends im Treppenhaus nieder, trinken Alkohol, konsumieren Drogen, hinterlassen Müll und nutzen das Treppenhaus sogar als öffentliche Toilette, beschweren sich die Anwohner. Auch das wurde mehrfach von den Mietern gemeldet.
Nicht immer waren die Zustände wie heute, sagt Harald Stockhofe, der seit über 35 Jahren in dem Haus lebt. „Früher war hier alles top“. Vor einigen Jahren wurde das Haus verkauft, die Mieter hatten eigentlich auf Verbesserungen gehofft. Warum das Gebäude immer mehr verkommt, darüber können sie nur spekulieren. Harald Stockhofe zum Beispiel hat immer gerne hier gewohnt, nun denkt er ans Ausziehen. Genau das ist es, vermuten einige, worauf der Vermieter hofft....
Die Hausverwaltung war am Freitag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.