Kreis Wesel. . Die Kreisumlage sinkt auf 37 Prozent. Wie in jedem Jahr diskutierte der Kreistag kontrovers über die Themen Kultur, Soziales und den Stellenplan
Mit 37 Prozent ist die Kreisumlage nach dem jüngsten Haushaltsbeschluss auf einem Tiefstand angelangt. Es ist die Abgabe, die die 13 kreisangehörigen Kommunen an den Kreis abführen müssen. Weil aber die Steuerkraft des vergangenen Jahres Grundlage dafür ist, wieviel Euro so ein Prozentpunkt wert ist, müssen die Kommunen trotzdem tiefer in die Tasche greifen als 2018, der guten Steuereinnahmen wegen.
Diskussion über die Ausbildung
Das Mehrheitsbündnis aus CDU, Grüne und FDP/VWG hat auch beim letzten Haushalt der Legislaturperiode einige strittige Entscheidungen mehr oder weniger im Alleingang, häufig unterstützt von der AfD, getroffen: Die Finanzierung der Straßenbahnlinie 903 mit 500.000 Euro jährlich sei nicht Sache des Kreises – immerhin müssten dann alle anderen Kommunen für das Dinslakener Verkehrsmittel aufkommen.
Auch den Vorschlag der Verwaltung, Probleme bei der Ausbildung in der Kreisverwaltung durch 6,1 zusätzliche Stellen – SPD und Linke forderten höhere Ansätze – zu lindern, lehnte das Bündnis als nicht schlüssig ab. Den zusätzlich angemeldeten Stellenbedarf der Verwaltung von 38 Stellen reduzierte das Bündnis um knapp vier und lehnte die 6,1 für die Ausbildung ab: Macht 28 Stellen plus.
Streit um die Zuschüsse für die Burghofbühne
Streitpunkt auch in diesem Jahr: Die Finanzierung der Burghofbühne in Dinslaken. Während CDU, Grüne und FDP/VWG die Arbeit von Intendant Mirko Schombert und seinem Ensemble loben, die Mittel für das Landestheater aber nicht erhöhen wollen, forderten Linke und SPD mehr Geld für die Bühne. Die AfD wollte gar nicht mehr fördern – die Burghofbühne habe zu Aktionen gegen die AfD aufgerufen, da dürfe sie nicht mit ihrer Unterstützung rechnen. Dafür fanden sich keine Mitstreiter im Kreistag.
Kritik am Sparkurs
Wie es Tradition ist, nutzten die Fraktionschefs die Haushaltsreden – zumal es wegen des Doppelhaushalts die letzten vor der Kommunalwahl im Herbst 2020 waren – zur Abrechnung. Gerd Drüten (SPD) führte die aktuell guten Kreisfinanzen auf äußere Faktoren zurück: gute Wirtschaftslage, geringere Sozialausgaben, geringere Umlage für den Landschaftsverband. All das sei nicht Ergebnis der Politik im Kreistag. Drüten kritisierte, dass das Mehrheitsbündnis die Wohlfahrtsverbände nicht ausreichend finanziere. Dem Bündnis attestierte er sein Ableben, es sei tot „und keiner hat es so richtig bislang mitbekommen“. Alle wesentlichen Entscheidungen seien mit der SPD getroffen worden. Seine Diagnose, der konservativ-bürgerliche Block sei auseinandergebrochen, nutzte Drüten zum Versuch einer Annäherung an die CDU. Deren Fraktionschef Frank Berger antwortete, die Tür stehe immer offen.
Äußere Faktoren begünstigten den Kurs
Berger zog Bilanz: 42 Prozent Kreisumlage 2015 gegenüber 37 heute. Berger kritisierte die „Mythen“, die es um die Sparbemühungen und die Ausgabenkontrolle des Bündnisses gebe, die „Inszenierungen, die durchaus den ein- oder andern Oscar verdient hätten“. Auch er nennt neben der Ausgabendisziplin äußere Faktoren für die entspannten Finanzen. Das sei „ein Stück Glück“ gewesen, „aber das haben wir uns auch verdient“. „Zu den Haushalten 2015 bis 2018 haben SPD und Linke rein gar nichts beigetragen“, stellte Berger fest. Er halte die aktuelle Sicherheit für trügerisch. Mit 1223 Stellen habe der Kreis 71 mehr als noch 2014. Der SPD sagte Berger, sie habe „von 2014 bis 2019 nichts durchbekommen“ und zahle damit einen „hohen politischen Preis dafür, dass sie nur vortragen, was der Landrat Ihnen vorgibt“.
Teure Möbel und Personalkosten
Hubert Kück (Grüne) forderte, weiterhin Ausgabendisziplin zu wahren. Er kritisierte, dass SPD und Linke agierten, als hätten sie „eine Gelddruckmaschine im Keller stehen“, das sei unseriös. Nicht an jedem Punkt gehen die Grünen mit ihren Partnern konform: für 540.000 Euro will die Kreisverwaltung die Stühle und Tische in den Sitzungs- und Fraktionsräumen in den kommenden zwei Jahren ersetzen – die Grünen forderten vergeblich, diese Maßnahme zu strecken, außer dem parteilosen Manfred Schramm folgte ihnen niemand. Auch kritisierten sie, dass die Fraktionen ihre Personalkosten von 200.000 auf 375.000 Euro anheben wollen, ein gemeinsamer Antrag von CDU und SPD, der durchkam.
FDP/VWG will weniger Stellen
Rainer Mull (FDP) sieht trotz der niedrigen Kreisumlage, der Haushaltsdisziplin, der LVR-Umlage und den gesunkenen Sozialkosten das Ziel nicht erreicht. Der Haushalt sei eine Mogelpackung mit neuen Stellen, von denen nur einige gegenfinanziert sei. „Sie wollen die Stellen haben, die durch die GPA gekürzt wurden“, warf er dem Landrat vor. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) hatte im Auftrag des Bündnisses Sparvorschläge erarbeitet. Mull fordert, dass sie künftig jede gewünschte neue Stelle vorab beurteilen solle. Sascha Wagner lehnte für Die Linke den Haushalt ab – er sei nicht nachhaltig, gehe weder schonend mit der Umwelt noch mit den Menschen um. Stärkerer ÖPNV, mehr Ausbildung in der Verwaltung, mehr Geld für die Burghofbühne, geringere Elternbeiträge für die offene Ganztagsschule sind nur einige der linken Forderungen.
Auch die AfD ist unzufrieden mit der Legislaturperiode, sie kritisierte den Verkauf der RWE-Aktien als Geldvernichtung, seit Jahren werde im Haushalt zudem „über Kleinstbeträge gefeilscht“ während die großen Projekte immer teurer würden. Wolfgang Weinkath klagte, die AfD werde von den anderen Parteien und der Presse ausgegrenzt.
Letztlich beschloss der Kreistag nach mehr als fünf Stunden Beratung den Doppelhaushalt 2019/2020 gegen die Stimmen der Linken und des SPD-Mitglieds Jürgen Preuß.
Die Zahlen der Etats
Der Doppelhaushalt für 2019 und 2020 hat für 2019 ein Volumen von knapp 600 Millionen Euro (2,7 aus der Ausgleichsrücklage) und gut 630 Millionen in 2020 (2,1 Mio. Rücklage). Die Jugendamtsumlage liegt bei 20,94 Prozent in 2019 und 21,13 Prozent in 2020. Dinslaken zahlt für die Straßenbahn 903 nun 500.000 Euro jährlich.