Wesel. . Ärzte im Marien-Hospital versuchen Operationen zu vermeiden. Am NRZ-Telefon beantworten sie am 11. März Fragen zu Rückenleiden und Osteoporose.

Gäbe es eine Rangliste der Volkskrankheiten, stünde der Rückenschmerz unangefochten auf Platz eins. „85 Prozent der Bevölkerung westlicher Industrienationen leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen“, sagt Dr. Levent Özokyay, Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie am Marien-Hospital. In zehn Prozent der Fälle ist das Leiden chronisch. Das hat volkswirtschaftliche Folgen: Rückenschmerzen verursachen zehn Milliarden Euro Behandlungskosten im Jahr und sind für 15 Prozent aller Krankschreibungen verantwortlich.

Rückenschmerzen können akut (bis zu sechs Wochen) oder chronisch (länger als drei Monate) sein. In 90 Prozent der Fälle ist der Schmerz laut Chefarzt Dr. Özokyay unspezifisch, also ohne eine konventionell fassbare organische Ursache. In solchen Fällen sei keine spezifische Therapie möglich. Als Ursache kommen in Betracht: muskuläre Schwäche, Muskelverspannungen, Blockierung, Fehlhaltung oder eine Erkrankung innerer Organe.

Der spezifische Rückenschmerz ist organisch bedingt und muss therapiert werden. Mögliche Ursachen sind zum Beispiel Nervenschädigung, Entzündung, Tumor oder Bruch. In diesem Fällen ist eine weitere Bildgebung notwendig: Röntgenuntersuchung, Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT), in selten Fällen auch eine Szintigraphie.

Operationen am Rücken möglichst vermeiden

„Nicht zu operieren ist immer die Therapie der ersten Wahl“, betont Dr. Özokyay. Als sogenannte „konservative“ Methoden kommen in Frage: medikamentöse Schmerztherapie. Krankengymnastik, Erlernen von eigenständigen Bewegungsübungen, Kräftigung der Muskulatur, Infiltrationsbehandlung unter Röntgen- oder CT-Kontrolle (PRT).

Bei ausgeprägten Lähmungserscheinungen, bei Harnblasen- und Mastdarmschwäche und wenn konservative Therapien keinen Erfolg zeigen, bleibt in der Regel nur eine Operation, weiß der Orthopäde und Unfallchirurg.

Sein Ratschlag an alle, die ihrer Wirbelsäule selbst etwas Gutes tun wollen: „Das richtige Maß an Belastung hält den Rücken gesund.“ Wer viel sitzt, sollte auf die richtige Einstellung seines Arbeitsplatzes achten. Dazu gibt es ergonomische Hilfsmittel, die den Rücken entlasten und positiv die Muskulatur stimulieren. Das Sitzen mit geradem Rücken stärkt die Muskulatur, zudem kann man stärkende Übungen am Arbeitsplatz wie Dehnung und Streckung problemlos durchführen. „Beim Heben von schweren Gegenständen ist darauf zu achten, dies mit geradem Rücken aus den Beinen zu tun“, erklärt Dr. Özokyay.

Knochenbrüche durch Osteoporose

Tipps für einen gesunden Rücken sollten vor allem mit zunehmendem Alter beherzigt werden, denn vom Rückenschmerz zur Osteoporose (Knochenschwund) ist es kein weiter Weg. Acht Millionen Menschen sind in Deutschland derzeit daran erkrankt. Durch Osteoporose werden Knochenbrüche bereits bei geringer äußerer Einwirkung verursacht. Zu den häufigsten Brüchen im Alter zählt der Oberschenkelhalsbruch. Weil gerade ältere Patienten Begleiterkrankungen haben und oft mehrere Medikamente einnehmen, kommt es nicht nur auf eine chirurgische Behandlung an. Vielmehr geht es darum, den älteren Menschen in seiner Gesamtheit zu behandeln.

Daher arbeiten Geriater (Altersmediziner) und Unfallchirurgen/ Orthopäden zusammen. Zu diesem Zweck wurde im Marien-Hospital ein Alterstraumatologisches Zentrum (ATZ) eingerichtet. Gerade im Alter ist eine schnelle Mobilisation nach Verletzungen wichtig, um den Erhalt und die Wiedererlangung der Selbstständigkeit zu erreichen. Dies wird am ATZ durch schonende, minimal-invasive Operationsmethoden ohne große Schnitte routinemäßig durchgeführt.

Schneller auf den Beinen dank neuer OP-Methode

So kann ein Oberschenkelhalsbruch über einen acht bis zehn Zentimeter langen Schnitt ohne Muskeldurchtrennung mit einem künstlichen Gelenk behandelt werden. Dank dieser sogenannten AMIS-Methode darf der Patient bereits am Tag nach der OP mit Vollbelastung wieder laufen. Dies verhindert häufig Komplikationen wie eine Lungenentzündung und Druckgeschwüre.

Im Rahmen des ATZ machen Dr. Özokyay und Dr. Christoph Schmitz-Rode, neuer Chefarzt der Klinik für Altersmedizin am Marien-Hospital, gemeinsame Visiten. Das Zentrum ist zertifiziert und hat sich seit der Gründung 2015 etabliert. „Das ist an einer deutlich höheren Behandlungsintensität und einem verbesserten Behandlungserfolg ablesbar“, betont Dr. Özokyay.

Mediziner beantworten am 11. März Leserfragen

Haben Sie Fragen an die Experten zum Thema Rückenschmerzen oder Osteoporose? Am NRZ-Telefon stehen die Chefärzte des Marien-Hospitals, Dr. Christoph Schmitz-Rode und Dr. Levent Özokyay, am kommenden Montag, 11. März, für Sie Rede und Antwort und informieren zum Beispiel über Therapiemöglichkeiten.

Von 17 bis 18 Uhr können Sie die Mediziner unter folgenden Telefonnummern erreichen: Dr. Christoph Schmitz-Rode (Altersmedizin) berät unter 0281/ 3387437, Dr. Levent Özokyay (Orthopädie und Unfallchirurgie) steht unter 0281/ 3387430 bereit. Natürlich können Fragen auch ohne Angaben des vollen Namens gestellt werden.