Wesel. . Bundesumweltministerin Svenja Schulze fordert beim SPD-Neujahrsempfang mehr Engagement für die Umwelt und kündigt ein Klimaschutzgesetz an.

Das war ein großer Bahnhof beim Neujahrsempfang der Weseler Sozialdemokraten: Rund 300 Personen füllten die Musik- und Kunstschule am Sonntagmorgen. Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und SPD-Fraktionschef Ludger Hovest hatten am Eingang viele Hände zu schütteln, bevor der diesjährige Gast gegen 11 Uhr an der Zitadelle eintraf. Mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte die SPD zum Jahresauftakt eine hochkarätige Rednerin gewinnen können, die sich in ihrem Vortrag den Herausforderungen des kommenden Jahres und darüber hinaus widmete. Sie richtete in Sachen Klimawandel einen deutlichen Appell an die Zuhörer: „Wir müssen etwas tun, sonst werden wir Flüchtlingsbewegungen sehen, die wir uns nicht vorstellen können“.

Gerne sei sie nach Wesel gekommen, versicherte die 50-jährige Münsteranerin und ehemalige NRW-Wissenschaftsministerin zu Beginn, um dann – nach einem kurzen Rückblick auf Erfolge des ersten Jahres der Großen Koalition – auf die Themen ihres Ressorts einzuschwenken: Das Foto eines Wales, der mit kiloweise Plastik im Bauch verendet war, habe sie geschockt: „Wir müssen endlich etwas dagegen tun und daher ist das neue Verpackungsgesetz der richtige Weg“, bekräftigte sie und wechselte zu einem weiteren wichtigen Thema, das 2019 die Bundespolitik bestimmen wird: Das Klima. Mit einer Dürre hatte 2018 auch Deutschland zu kämpfen, noch bedrohlicher sei der Klimawandel in anderen Regionen.

Fahrplan für dem Klimaschutz in Arbeit

Sie nannte als Beispiel den Himalaya, wo die Trinkwasserversorgung gefährdet sei, wie sie von Einwohnern erfahren habe. „Wir wollen ein nationales Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen“, kündigte sie für Deutschland an. Die Klimaziele für 2020 seien nicht mehr erreichbar – aber bis 2030 müssten Erfolge her. Der Fahrplan dafür sei in Arbeit. Der Ausstieg aus der Kohle als Energieträger gehöre dazu. „Fast die Hälfte des CO2-Ausstoßes kommt aus der Kohleverstromung.“

Ministerin Svenja Schulze (m.) mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (r.) und Weseler Genossen.
Ministerin Svenja Schulze (m.) mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (r.) und Weseler Genossen. © Markus Joosten

Eine Strukturwandelkommission soll bald Ergebnisse präsentieren – „das wird europaweit Wellen schlagen“, ist die Ministerin überzeugt. „Ich bin sicher, dass wir es hinkriegen“. Beim Verkehr dürfe man ebenfalls nicht an alten Geschäftsmodellen festhalten, forderte sie mit Blick auf die Autoindustrie.

Bundesumweltministerin: Europawahl ist wichtig

Auch auf Europa sieht die SPD-Umweltministerin ein spannendes Jahr zukommen. Am 26. Mai müssten die Wähler darüber entscheiden, „ob wir auf Nationalismus oder auf Gemeinsamkeit setzen“. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass es aus ihrer Sicht nur gemeinsam geht.

Allerdings steht die Europawahl beim Wähler nicht so im Fokus wie die nationalen Urnengänge. „Helfen Sie mit, dass die Wähler hingehen“, bat sie die Zuhörer – und schön wäre es, wenn die Menschen ihr Kreuzchen bei den Sozialdemokraten machten, die mit Katarina Barley eine hervorragende Spitzenkandidatin hätten. Sie selbst sieht die Partei als ein „Ort lebendiger Debatten“. Die SPD, kündigte sie an, werde zu Themen wie Sozialstaat und Umweltpolitik neue Ideen präsentieren.

Fazit von Ulrike Westkamp und SPD-Chef Hovest

Vor der Rede der Bundesumweltministerin richteten SPD-Fraktionschef Ludger Hovest und Bürgermeisterin Ulrike Westkamp den Blick auf die wichtigsten lokalen Themen des vergangenen und des neuen Jahres.

Viele Interessierte kamen zum SPD-Neujahrsempfang in Wesel.
Viele Interessierte kamen zum SPD-Neujahrsempfang in Wesel. © Markus Joosten

Für Heiterkeit sorgte Ludger Hovest, als er aus einer E-Mail zitierte, die ihn am Freitag zum Thema Bahnhof Wesel erreicht hat. Bekanntlich hat Hovest mehrfach den unfertigen Zustand nach der Renovierung kritisiert, insbesondere die provisorisch verlegten Kabel und unfachmännisch aufgehängte Schilder, Lampen und Lautsprecher. Er hat sogar an den Aufsichtsrat der Bahn geschrieben. Die Sache sei nun beim obersten Konzernchef gelandet, teilte man ihm mit. Und: Um die Verkabelung der Lautsprecher ordentlich zu verlegen zu können, müsse die Pflasterung auf dem Bahnsteig aufgenommen werden – allerdings wisse noch niemand, wo die Kabel genau liegen, zitierte er die Nachricht.

Ärger über Südumgehung und Betuwe-Planung

Ein weiteres Beispiel für eine Endlos-Baustelle ist die Südumgehung, die sowohl Hovest als auch Ulrike Westkamp thematisierten. „Ein Trauerspiel“ nannte es die Bürgermeisterin, dass Wesel nun schon seit fast zehn Jahren auf die Umgehung warte. „Der Feinstaub lässt grüßen“, so Westkamp. Ebenso unverständlich ist es aus ihrer Sicht, dass der durchgehende Lärmschutz entlang der Betuwe-Linie in Wesel noch nicht geklärt sei. Sie gab der Ministerin einen Appell mit auf den Weg nach Berlin: „Nehmen Sie mit, dass wir hochgradig verärgert sind“. Es sei nicht akzeptabel, wie die Bahn mit Kunden und Anwohnern umgehe.

Im Rückblick lobte Westkamp das abgelaufene Jahr jedoch als ein gutes mit rückläufiger Arbeitslosigkeit, steigender Einwohnerzahl, der Eröffnung des neuen LVR-Niederrheinmuseums sowie dem 777. Stadtgeburtstag.