Kreis Wesel. . Wann es Nachschub für die Grippe-Impfung gibt, ist offen. Viele Menschen haben sich frühzeitig impfen lassen. Apotheker sprechen von Fehlplanung.

Patienten, die sich im Kreis Wesel in den vergangenen Wochen gegen die Grippe impfen lassen wollten, bekamen nicht selten in den Apotheken oder bei ihren Ärzten eine Abfuhr: Es gibt derzeit keinen Grippeimpfstoff mehr. Und aktuell ist auch überhaupt nicht absehbar, wann und ob es noch Nachschub gibt. „Normalerweise haben wir diese Situation erst im Februar oder März“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR). „In diesem Jahr haben sich viele Menschen rechtzeitig impfen lassen, so dass wir bereits jetzt diesen Engpass haben.“

Der Amtsapotheker für den Kreis Wesel, Torsten Wessel, hat in einem Schreiben vom 5. Dezember an seine Kollegen mitgeteilt, dass der Mangel an Impfstoffen zum Schutz der möglicherweise tödlich verlaufenden Grippe dem Bundesgesundheitsministerium schon am 20. November bekannt war und in einer Stellungnahme veröffentlicht worden ist. Wie reagiert werden könne, etwa durch EU-Importe, wurde seitens der Politik nicht beantwortet.

Fehlkalkulation ist eine Ursache für Mangel an Impfstoff

Für Michael Jilek, Sprecher der Apotheker im Kreis Wesel, ist das ein Unding. „Es ist ein einziges Chaos. Die Warnzeichen waren da, reagiert wurde kaum“, erklärt Jilek, der am Markt in Büderich seine Apotheke betreibt. Für ihn hat die Knappheit mehrere Ursachen, ein Hauptgrund sei eine absehbare Fehlkalkulation.

„Das liegt vielleicht auch an den monopolähnlichen Verhältnissen bei der Herstellung und beim Vertrieb der Impfstoffe.“ Hinzu käme, dass Apotheker und Ärzte seitens der AOK und auch der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) dazu angehalten worden seien, mit Vorbestellungen der teuren Impfstoffe, für die Apotheker und Ärzte in Vorkasse in Vorleistungen zu gehen, zurückhaltend zu sein.

Herstellung des Impfstoffes dauert drei Monate

Nicht benötigte Impfstoffe müssten nach der Saison vernichtet werden. „Ihnen wurde geraten, erstmal nur 50 Prozent zu bestellen“, so Michael Jilek, der dies eine „totale Fehlplanung“ nennt. Der Apotheker sagt, es sei im Gegenteil sogar lange absehbar gewesen, dass in der Grippesaison 2018/19 deutlich mehr Impfungen gewünscht würden – unter anderem, weil im vergangenen Jahr viele Leute an Grippe erkrankt seien.

So sei es kein Wunder gewesen, dass es schnell zum Engpass kommt. Dass sich das Impfverhalten – auch aufgrund der Grippewelle Anfang 2018 – verändert hat, sei zunächst einmal positiv zu bewerten, sind sich die Experten einig. Auf der anderen Seite müsse man nun schauen, wie Nachschub besorgt werden kann. Neuen Impfstoff herzustellen, dauere allerdings etwa drei Monate.

Impfung schon früh mit dem Hausarzt absprechen

Wie akut das Problem ist, zeige sich eben daran, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eröffnet hat, Impfstoffe aus dem europäischen Ausland zu importieren. Wie und wann, sei aber wieder Landessache und nicht klar geregelt. „Für die Patienten selbst bleibt der Hausarzt der erste Ansprechpartner“, sagt AVNR-Vorsitzender Thomas Preis. „Auch ist es sinnvoll, sich mit seinem Arzt schon für die nächste Saison abzusprechen.“ So sei eine optimale Versorgung gewährleistet, da Ärzte und Apotheker schon fürs kommende Jahr die Mengen der benötigten Impfstoffe einplanen können.

Auf NRZ-Anfrage konkretisiert Michael Jilek sichtlich erbost: „Der Importeur Kohl Pharma hat uns gerade gesagt, dass Grippe-Impfstoffe bestellt seien. Aber keiner weiß, wann sie kommen, keiner weiß, wieviel kommen, keiner weiß, ob überhaupt was kommt. Es lebe die Bananenrepublik!“