Wesel. . Ein ganzes Dorf hat mitgemacht, beim Buch über Ginderich. Es enthält viele der Traditionen, aber auch Anekdoten und dazu einiges an Platt.

Gut Ding will Weile haben, sagt ein altes Sprichwort. Und so hat es ein Jahr länger gedauert als ursprünglich geplant, bis das neue Ginderichbuch herausgebracht werden konnte. Es ist sozusagen eine Gemeinschaftsproduktion aller Gindericher, auch wenn der Heimatverein mit Nicole Lohmann und der Xantener Tim Michalak als erfahrenem Lektor solcher Bücher die Federführung hatten.

Ginderich, das ist nicht nur eines von zwei linksrheinischen Weseler Dörfern, sondern auch der älteste Wallfahrtsort am Niederrhein. Hier gibt es einiges, was andere nicht haben, auch Bräuche, die langsam in Vergessenheit geraten.

Anekdoten und mehr

Damit das nicht länger passiert, wurde jetzt „Wunderschönes Ginderich - Ginderecks Heimatbuch“ veröffentlicht. Darin steht eine kunterbunte Mischung aus Geschichten, Anekdoten und allerlei Wissenswertem, zusammengetragen vom Heimatverein und vielen anderen Gindericher Vereinen. „Das ganze Dorf hat mitgearbeitet“, freut sich Nicole Lohmann und erinnert daran, dass allein über 500 Fotos gesichtet wurden.

Bewahrt werden soll unter anderem das Gindericher Platt. Und so hat man gleich auf mehreren Seiten die hochdeutsche und die platte Variante bestimmter Wörter direkt gegenüber gestellt. Abendbrot heißt Ovendäte, die Kirsche nennt man hier Kersse, den Kleiderschrank Kleerkass und die Zeit, die ja bekanntlich immer viel zu schnell vergeht, ist auf Platt die Titt.

Gindericher Rezepte

Auch spezielle Gindericher Rezepte wurden von Nicole Lohmann herausgesucht. Angefangen bei der Biersuppe über das Schinkenbegräbnis und den Spekulatius bis zur Gekochten Zitronenkreme. Spekulatius wird in so manchem Gindericher Haushalt auch heute noch in den alten Holzmodeln gebacken, die der Werricher Kuhhirte Wilhelm Claeßen einst immer im Winter schnitzte, wenn er viel Zeit für dieses Hobby hatte. Auch die Heimatvereinsvorsitzende wird dies bald wieder tun.

Für Ärger sorgte zuletzt das Semmen, der typische Gindericher Brauch bei der Junggesellen-Schützenbruderschaft. Und das schon mindestens seit 1643. Denn wenn einer der Herren heiraten wollte, musste er einen Liter Branntwein ausgeben. Tat er dies nicht , oft auch nur aus Vergesslichkeit, war das Trara groß. Dann gab es nicht nur ordentlich Radau, sondern dann konnten gut und gern mehrere Gespanne Schrott auf dem Grundstück der Brautleute landen, was nicht jeder lustig fand.

Wo die Schweine grunzen...

1979 versuchte der Vater einer Braut die Schützen von vornherein mit einem Wasserschlauch zu verjagen. Doch das hielt die Gindericher Herren nicht ab. Im Gegenteil, ein Zaun nahm dabei auch noch Schaden. Der Vorfall endete vor Gericht, mit der Folge, dass 2000 D-Mark wegen Sachbeschädigung gezahlt und die Statuten geändert werden mussten.

Dieses und noch viel mehr ist im Heimatbuch nachzulesen. Und wer möchte, kann sogar singen, zum Beispiel das Werrich-Lied: Wo die Wege führen all’ der Kirche zu, wo uns grüßt am Wegesrand so manche Kuh, wo die Schweine grunzen, jeder jeden kennt, da ist meine Heimat, die man Werrich nennt. Die Melodie dazu? „Wo die Nordseewellen...“ - auch wenn die noch ein paar hundert Kilometer entfernt sind.

>>>FAKTEN

Das im Anno-Verlag Ahlen erschienene Buch „Wunderschönes Ginderich - Ginderecks Heimatbuch“ von Tim Michalak und Nicole Lohmann kostet 14,95 Euro. Es umfasst 142 Seiten mit vielen Fotos.

In Ginderich ist es bei Edeka Christians, Marienstraße 11, und bei Textil- und Schreibwaren Karin Brinkhoff, Schwanenhofstraße 10, zu haben. Auch über den Buchhandel kann das Werk bezogen werden.