Wesel. . Naturschützer ärgern sich über Verstöße im Lippemündungsraum, der Nabu fordert Ranger. Der Kreis hat kein Personal für ausreichende Kontrollen.

Der Lippemündungsraum ist ein Naturschutzgebiet – eigentlich sollte sich das herumgesprochen haben. Doch gerade jetzt bei der sommerlichen Hitze tummeln sich dort nicht nur Vögel, sondern immer mehr sonnenhungrige Menschen. Und die haben einiges im Gepäck: Luftmatratzen oder Kühltaschen, neulich schleppten Badende gar – wie Leser Werner Meiler entdeckte – einen großen Grill auf eine Lippe-Sandbank. Auch Nabu-Chef Peter Malzbender beobachtet das Treiben mit Sorge und ist „stinksauer“, wie er sagt: Seit Jahren fordert er Ranger, um Gebiete besser schützen zu können.

Die Polizei ist mit diesen Aufgaben überfordert, so Malzbender. Die Naturschutzgebiete verkommen aus seiner Sicht immer mehr zu Freizeitarealen, werden zum Terrain für Aktivitäten wie Angeln, Campen oder Grillen – nicht nur im Lippemündungsraum hat Malzbender das beobachtet, sondern auch im Orsoyer Rheinbogen oder am „Deutschen Eck“ in Bislich.

Tiere haben keine Rückzugsräume

Das Problem: Die Tiere werden in ihren Rückzugsorten gestört, Müll bleibt liegen. Einige unschöne Hinterlassenschaften hat der Nabu-Vorsitzende schon im Lippemündungsraum entdeckt. „Es ist eine Katastrophe“, sagt er. Gerade jetzt sind die Tiere angesichts der Hitze und der Trockenphase gestresst und gefährdet, brauchen ruhige Orte, an denen sie ungestört nach Nahrung suchen können.

Einen großen Grill haben Badende auf eine Sandband geschleppt.
Einen großen Grill haben Badende auf eine Sandband geschleppt. © pr

Jungstörche zum Beispiel haben es derzeit schwer, berichtet Malzbender. Zwei halb verhungerte Exemplare hat er in Wesel nahe des Auesees und in Schermbeck eingesammelt und aufgepäppelt. Er fordert, dass etwas passieren müsse, um die Areale zu schützen. „Die Leute sollen ja Spaß haben. Aber nicht im Naturschutzgebiet. Die Artenvielfalt leidet schon genug“.

Paddeln ist erlaubt, das Betreten der Ufer nicht

Zuständig ist der Kreis Wesel. Klaus Horstmann, Leiter des Fachdienstes Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und Fischerei kennt das Problem – häufig erhält er Hinweise. Wie am vergangenen Sonntag: Mit Hilfe der Stadtwacht habe man eine campende Familie aus der Lippeaue verwiesen.

Erlaubt ist im Naturschutzgebiet zwar das Paddeln auf der Lippe bis zur Rheinmündung, nicht aber das Betreten des Ufers – außer an bestimmten „Umtragestellen“ für die Boote. Grillen, Baden, Campen ist verboten. Aus personellen Gründen sind den Kontrollen jedoch Grenzen gesetzt, so Horstmann. „Wir können die Gebiete nicht immer so frei halten, wie es wünschenswert wäre“, räumt er ein.

Stichprobenartige Kontrollen

20 Hektar Schutzgebiete gibt es im Kreis Wesel. Weil diese schwer zu kontrollieren sind, habe man sich auf ein Konzept der Nadelstiche verständigt. Das heißt, bestimmte Bereiche werden von Zeit zu Zeit mit Hilfe von freiwilligen Mitarbeitern kontrolliert – so ist es zum Beispiel im Orsoyer Rheinbogen in diesem Jahr geschehen. „Wir werden sicher auch den Lippemündungsraum einbeziehen“. Ranger sind eine Idee, aber die müssten auch bezahlt werden. „Die Überlegungen laufen“, sagt Horstmann.

An der Lippe besteht derzeit zusätzlich das Problem, dass durch die Baustelle der Südumgehung neue Wege geschaffen wurden. Man habe Straßen NRW bereits gebeten, die Bauzäune gegen ungebetene Besucher abzuschließen.