Wesel. . Samstag ist der 20. Drogentotengedenktag. Die Weseler Drogenhilfe macht auf ungelöste Probleme im Umgang mit Suchtkranken aufmerksam.
Sucht ist eine Krankheit – zumindest auf dem Papier. Gesellschaftlich wird sie als charakterliche Schwäche gewertet – auch von den Suchtkranken selbst und ihren Familien. Die Mischung aus Schuld und Scham führt zu einer späten und – so die Kritik der Drogenberater – unzureichend organisierten medizinischen Versorgung. Der morgige Samstag ist der 20. Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher. Der sperrige Begriff meint schlicht Drogentote, denn noch immer sterben Menschen an ihrer Sucht, auch jenseits der Metropolen. Allein 121 881 Spritzen hat die Drogenberatung in den vergangenen Jahren getauscht und die gebrauchten entsorgt, aktuell sind 100 Heroinkonsumenten im Bereich der Drogenberatung Wesel bekannt, 85 von ihnen bekommen Substitutionsmittel wie Methadon.
Die Dunkelziffer ist hoch
Die Polizeistatistik zählt in den Jahren 2009 bis 2017 im Kreis 39 Drogentote. Leiter der Drogenberatung Jörg Kons und Kollege Ernst Heyermann wissen allein von 40 in Wesel – die Statistik ist auf einem Auge blind. Läuft jemand unter Drogeneinfluss vor ein Auto, geht er als Verkehrstoter in die Statistik ein, stirbt jemand daheim, werde häufig nicht genau hingeschaut.
Arztpraxen bleiben Suchtkranken verschlossen
Aus Sicht der Drogenberater liegt einiges im Argen: Zwölf Weseler Ärzte seien berechtigt, Substitutionsmittel zu verabreichen, Methadon beispielsweise oder Buprenorphin. Doch die Praxen bleiben für Suchtkranke geschlossen, ein Hünxer Arzt kommt täglich für eine Stunde in der Mittagszeit nach Wesel und verabreicht die Mittel. Manche Methadon-Konsumenten könnten einer Arbeit nachgehen. „Wenn sie sich mittags eine Stunde anstellen müssen, funktioniert das nicht.“
Konz fordert einen professionelleren Umgang mit der Krankheit Sucht. 90 Prozent der Methadon-Konsumenten seien durchaus „wartezimmertauglich“, zehn Prozent sind es nicht – die Sucht hat sie aggressiv, mitunter auch gewalttätig werden lassen. „Die Substitution ist eine Kassenleistung, dennoch wird die Kassenärztliche Vereinigung nicht aktiv“, kritisiert Konz. Für die Problemfälle müsse es eine andere Lösung geben, eine Methadonpraxis beispielsweise. Die Mehrheit aber könnte in den Arztpraxen versorgt werden. Nur eines von vielen Problemen, die die Fachleute gelöst sehen möchten. Sie nutzen den Gedenktag, den die Mutter eines jungen Drogentoten initiiert hat, um aufmerksam zu machen.