Hamminkeln. . Die Hamminkelner Bürger haben als bundesweit erstes Dorf den Breitbandausbau selbst in die Hand genommen. Damit wurden sie zum Vorbild.

Es gibt Geschichten, die kann man sich nicht ausdenken. So wie die der Loikumer, die bundesweit als erste ihr Dorf ins digitale Zeitalter führten, indem sie die Leitungen für den Breitbandausbau selbst legten. Dass auch der Außenbereich von Loikum angeschlossen wurde, ist vor allem dem Tüfteltalent von Hubert Tenbusch und Alois Beckmann zu verdanken.

2012 gab es die ersten Überlegungen der Deutschen Glasfaser, im Dorfkern aktiv zu werden. Doch die Bewohner außerhalb wollten auch ans Netz. Hubert Tenbusch war einer von ihnen. Als Inhaber eines Elektrobetriebes in Dinslaken konnte er damals nicht mal eben von zu Hause aus arbeiten: „Wir hatten hier gar nichts. Wir mussten trommeln.“ Das Problem war der Preis, den die Deutsche Glasfaser damals für den Anschluss in den Außenbereichen aufrief: 6000 bis 8000 Euro, davon 70 Prozent für die Tiefbauarbeiten. Das war für die Dorfgemeinschaft damals ein Ansatzpunkt: „Das machen wir selbst.“ Aber, wenn die Leitungen mit Hilfe eines Baggers unter die Erde kommen, wo kann da gespart werden?

Mit altem Pflug experimentiert

Den Bagger dachten sich Hubert Tenbusch und Alois Beckmann, ganz unabhängig von einander, weg und ersetzten ihn durch einen Pflug. Denn pflügen geht viel schneller als baggern. „Wir haben beide jeweils einen alten Pflug gekauft und angefangen zu experimentieren“, erinnert sich der 55-jährige Loikumer. Irgendwann bekam einer vom anderen mit, was da so gewerkelt wurde. Der Landmaschinentechniker und der Elektromeister taten sich zusammen. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Kabelpflüge gibt es seit Jahrzehnten, aber um die Glasfaser auf die Höfe zu bringen, reicht es nicht, nur geradeaus zu fahren. „Wir brauchen einen hydraulischen Pflug, den wir schwenken können“, waren sich die Tüftler einig. Und irgendwie bekamen sie ihr „Wunderwerk“ hin. Ein halbes Jahr hat sich Tenbusch aus seinem Betrieb ausgeklinkt, seinen beiden Söhnen das Ruder übergeben. „Die haben das ordentlich gemacht“, meint er rückblickend. Deshalb sei er nicht mehr in den Betrieb eingestiegen, sondern ins Kabelpflug-Geschäft: „Mit 55 will man ja noch etwas machen.“

Jeder muss mit anpacken

Nach dem Erfolg in Loikum kam 2014 Wertherbruch an die Reihe: „Die haben so lang an meiner Tür gerüttelt, bis ich nicht mehr nein sagen konnte.“ Die nächste Gemeinde, die den Kabelpflug und eigentlich das komplette „Loikumer Modell“ haben wollte, war Senden im Münsterland. Die kamen mit einer Delegation, angeführt vom Bürgermeister nach Loikum, erzählt Tenbusch. Und so kam eins zum anderen.

Eines bleibt aber immer gleich. Die Loikumer beschwören die anderen Bauerschaften, auf die Solidargemeinschaft zu setzen, alle gleich zu behandeln, auch bei den Kosten. „Jeder zahlt das gleiche und jeder muss mit anpacken, in welcher Form auch immer“, ist für Tenbusch ein Erfolgsrezept, denn das schweißt die Nachbarschaften zusammen. Das hat er nicht nur in Loikum erlebt, sondern auch an anderen Orten. Wo, wie in Ottenstein, jeder auf den Meter genau die Erschließung bis ans Haus zahlen sollte, scheitert das Projekt nach Tenbuschs Erfahrung.

Ihren Prototypen haben Tenbusch und Beckmann immer mehr verbessert und eine Firma gegründet, die „Loikumer Glasfaser Modell GmbH & CoKG“. Und eine ganz neue Serie von Kabelpflügen haben sie auch aufgelegt und sich patentieren lassen. Diesmal ließen sie sich alle Teile von einem Bauingenieur exakt berechnen und fertigen. Den Zusammenbau übernehmen sie selbst. Zwei sind fertig, der dritte ist in der Mache.

Kabelpflug mit GPS-Sender

Das besondere an den Neuen? Mal davon ab, dass sie stabiler sind, weil die schwere Erde im Münsterland ihrem ersten Kabelpflug arg zugesetzt hat, hat das neue Kabelpflugmodell ein GPS-System, das bis auf drei Zentimeter genau aufzeichnet, wo die Glasfaser liegt. Das wollen die Netzanbieter wissen, damit beispielsweise Reparaturen schnell und exakt ausgeführt werden können. „So gibt es das nicht“, freut sich Tenbusch über die Neuentwicklung. Denn das spart Kosten für den Vermesser, der bisher immer den Leitungsverlauf dokumentieren musste.

Zum ersten Mal kommt das neuartige GPS-System in Dingden-Nordbrock II zum Einsatz. Da geht dann auch noch mal ein Vermesser hinterher, um die Ergebnisse der GPS-Messungen und ihre Dokumentation zu verifizieren. Funktioniert dies, ist das für das kleine Loikumer Unternehmen ein Quantensprung.