Wesel. . Gartenpächter starten in die Saison. Nach dem kalten Winter, freuen sie sich auf die Arbeit im Freien und bringen ihre Parzellen auf Vordermann.
Wenn von einem Stück Land die Rede ist, haben die meisten vermutlich Assoziationen von weitläufigen Flächen und Freiheit im Kopf. In Wesel kann diese Form der Freiheit gepachtet werden – direkt am Rhein, in Nachbarschaft, eingezäunt als Parzelle, mit festen Regeln, in der Kleingartenanlage Römerwardt.
Zugegeben, nach großer Freiheit klingt der Begriff „Kleingartenverein“ eigentlich nicht. Und trotzdem wollen Eva und Robert Marschall mit den „spießigen Vorstellungen“ von Gartenzwerg-Sammlern und millimeter-genauen Grenzhecken nichts zu tun haben.
„Jeder hat ja andere Vorstellungen davon, was schön ist“, beschreibt Eva Marschall, Vorsitzende des Vereins Römerwardt, die Freiheit der Gartenpächter.
Tatsächlich sehen die 22 Parzellen der Anlage ganz unterschiedlich aus: Der eine mag Hochbeete, der andere lieber Beerenhecken oder eben Obstbäume.
Fest steht aber: Auf zwei Drittel der Fläche müssen Zier- und Nutzpflanzen, wie Obst und Gemüse, angebaut werden, so ist es im Bundeskleingartengesetz verankert, damit die Anlage ihren Vereinsstatus behalten kann.
Karl Tepaß und Christa Brunnenkamp haben zum Beispiel in ihren 500 Quadratmeter großen Garten allein 19 Obstbäume. Das Spalierobst hängt dabei so tief, dass keiner der beiden Senioren auf eine Leiter steigen muss.
Und obwohl er 80 und sie noch ein paar Jahre älter ist, werden sie in den nächsten Tagen mehr als 40 Saatkartoffeln auf dem Acker ihres Grundstücks vergraben. „Ich liebe hier den kleinen Garten“, verrät Brunnenkamp. Sie freut sich jedes Jahr, wenn der Frühling endlich startet und sie die Gartenarbeit aufnehmen kann.
Das Paar hat hier eines der größten Grundstücke. Der kleinste Garten misst 300 Quadratmeter und bietet immer noch genügend Platz, um das eigene Gemüse anzubauen. Der Preis dafür? „In Wesel zahlen Sie 60 Euro für eine Parzelle“, erklärt Eva Marschall. Ihr Ehemann ergänzt: „Und zwar pro Jahr!“
Insekten werden geschützt und erhalten Unterschlupf
Die Saison startet jedes Jahr im April und endet, wenn es kalt wird. Am Samstag starteten die Hobbygärtner mit der ersten Gemeinschaftsarbeit in die neue Saison. Der Hügel, Brücke genannt, der den Verein von der Rasenfläche nebenan trennt, wird sauber gemacht. Die Vereinsmitglieder sammeln eine Menge Müll auf dem Berg. Immer wieder treiben sich dort nachts Leute rum, feiern und brechen regelmäßig in die Lauben der Kleingärtner ein.
Dies ist immer sehr ärgerlich, denn die meisten Mitglieder stecken sehr viel Mühe und Arbeit in ihre Gärten und jede Zerstörung koste Geld und Nerven.
Dennoch fangen die Kleingärtner jedes Jahr von vorne an, reinigen und bepflanzen die Anlage – und ihre eigenen Gärten.
Totholzhaufen für Igel entstehen im Eingangsbereich
Ein neues Projekt, das auch von anderen Anlagen übernommen werden soll, ist der Insektenschutz. Vorne im Eingangsbereich hängen schon zwei nagelneue Insektenhotels, daneben – zwischen den Steinhaufen – sollen noch Totholzhaufen für Igel entstehen.
Allein für das stachelige Säugetier soll auch ein Stück Zaun erneuert werden, sodass die Igel einfach darunter durch laufen können.
Das Ehepaar Marschall sei auch im Gespräch mit einem Imker. Sie wollen einen Bienenschwarm in der Anlage ansiedeln. „Das Insektensterben macht sich auch bei uns bemerkbar“, erklärt Eva Marschall das Engagement.
Auch Eidechsen sind auf der Anlage willkommen
Für Ehemann Robert gehe es auch um die Tiere, die einfach geschützt werden müssten.
Auch eine Trockenwand mit Löchern möchten die beiden aufstellen – für Eidechsen.
Den anderen Gärtnern gefällt das, sie helfen bei der Umsetzung und versuchen die anderen Gartenvereine von den Ideen zu überzeugen.
Der Kleingarten als Biotop für Tier und Mensch, für die Marschalls ist das die Zukunft.